Das Schienennetz ist teils marode, die Folge sind unpünktliche Züge - Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will nun Investitionen in die Schiene vorantreiben.
Konkret soll der Bund mehr Spielräume bei der Finanzierung der Infrastruktur bekommen. Das sieht eine Änderung des sogenannten Bundesschienenwegeausbaugesetzes vor. Das Bundeskabinett brachte einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg.
Das Gesetz ist laut Ministerium die rechtliche Grundlage für Investitionen in das rund 33.800 Kilometer lange Schienennetz des Bundes. Dessen bisherige Ausgestaltung habe sich aber zunehmend als Hemmnis für Investitionen erwiesen.
„Das Netz muss schnellstmöglich wieder in Schuss kommen, damit die Schiene ihre Wirkung als klimafreundlicher Verkehrsträger endlich voll entfalten kann“, so Wissing. Maßnahmen könnten dank der Gesetzesänderung künftig schneller, optimierter und gebündelt umgesetzt werden.
So soll sich der Bund künftig auch an Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung beteiligen können - und nicht nur an Kosten von Bauprojekten. Für die Fahrgäste werde dies schnell Auswirkungen haben, sagte ein Sprecher Wissings.
Im Gesetzentwurf heißt es, der „Modernisierungsrückstau“ in der Bahninfrastruktur sei groß, seine Beseitigung dulde keinen Aufschub. Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit seien Grundvoraussetzungen, um Wachstumsziele bei der Bahn realisieren zu können. „Daher ist ein Umdenken erforderlich, das massive und zügige Investitionen in die Modernisierung und den Ausbau der Infrastruktur ermöglicht.“
Die bundeseigene Deutsche Bahn hatte „Generalsanierungen“ wichtiger Strecken angekündigt, starten soll dies im Sommer 2024. Die Bahn hat einen weitergehenden Investitionsbedarf in Höhe von rund 45 Milliarden Euro bis zum Jahr 2027. Davon sollen laut Gesetzentwurf rund 7,5 Milliarden Euro auf die geplanten neuen Finanzierungsoptionen des Bundes entfallen.
Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Gesetzesnovelle ist der erste Schritt der versprochenen Bahnreform. Bislang hörte die Finanzierungsverantwortung des Bundes an der Bahnsteigkante auf.“ Nun könnten Bundesmittel auch für Warteräume in Bahnhöfen oder für den Denkmalschutz ausgegeben werden. „Das sind Verbesserungen, die in den kommenden Jahren bei den Menschen ankommen werden. Der Druck auf die Deutsche Bahn AG, „unrentable” Bahnhofsgebäude abzustoßen wird endlich reduziert“, sagte Flege.
Das Ministerium betonte, mit dem Gesetzentwurf werde eine zentrale Forderung der „Beschleunigungskommission Schiene“ umgesetzt. Im dem Bericht der Kommission mit Vertretern der Branche hieß es, die Finanzierung der Schieneninfrastruktur sei komplex. Sie verzögere die Umsetzung von Baumaßnahmen. So seien Zuschüsse des Bundes lediglich für den Erhalt und für den Aus- und Neubau von Infrastruktur möglich, aber nicht für die Anlageninstandhaltung - „mit dem Ergebnis eines Fahrens auf Verschleiß“.
Die geplanten Änderungen stehen in einem engen Zusammenhang mit der beabsichtigten Gründung einer gemeinwohlorientiertenInfrastruktursparte innerhalb der Deutschen Bahn AG, wie es im Entwurf heißt. Zum 1. Januar 2024 sollen die DB Netz AG und die DB Station und Service AG verschmolzen werden. Die Erträge dieser neuen Gesellschaft sollen für die Infrastruktur verwendet werden.
SPD-Bundestagsfraktionsvize Detlef Müller kritisierte: „Es herrscht noch immer Unklarheit darüber, wie das Ministerium die Finanzierung und Entscheidungsstrukturen der Gesellschaft so aufstellen will, dass Ausbau und Instandsetzung des Schienennetzes endlich an Fahrt gewinnen.“
Der Grünen-Bahnpolitiker Matthias Gastel sagte, eine Neuordnung der Finanzierung müsse zeitgleich mit der gemeinwohlorientierten Infrastruktur kommen. „Wissing droht mit seinen Vorschlägen deutlich zu kurz zu springen und zentrale Reformziele zu verfehlen.“ Finanzminister Christian Lindner (FDP) müsse außerdem sicherstellen, dass die vereinbarten zusätzlichen 45 Milliarde Euro tatsächlich bereit gestellt werden.
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