Mehr Hitzetote, neue Infektionskrankheiten, erhöhte Allergiebelastung: Das sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) nur einige der möglichen Gesundheitsfolgen des Klimawandels für die Menschen in Deutschland. In dem am Donnerstag veröffentlichten Sachstandsbericht bezeichnen die Autoren den Klimawandel als „größte Herausforderung für die Menschheit“.
Durch die globale Erwärmung müssten Menschen hierzulande künftig auch mit einer Zunahme von Antibiotikaresistenzen, mehr Lungenerkrankungen als Folge steigender Feinstaubbelastung und mehr Hautkrebs durch erhöhte UV-Strahlung rechnen. „Wir stehen vor einer wirklich großen Herausforderung, auch für unser Gesundheitssystem“, sagte Mitautorin Elke Hertig am Mittwoch bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Die Veröffentlichung ist der erste Teil des dreiteiligen Sachstandsberichts „Klimawandel und Gesundheit“ unter der Koordination des RKI und ist im „Journal of Health Monitoring“ erschienen. Die übrigen zwei Teile sollen im Laufe des Jahres veröffentlicht werden. Mehr als 90 Autorinnen und Autoren aus mehr als 30 Forschungseinrichtungen und Behörden sind an den Veröffentlichungen beteiligt. Ziel ist es, den aktuellen Wissensstand zu möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit zusammenzutragen und Handlungsempfehlungen zu geben.
Schon jetzt begünstigten gestiegene Temperaturen die Verbreitung einiger in Deutschland untypischer Tiere, sagte Mitautor Klaus Stark. „Bestimmte neue Zeckenarten dringen nach Deutschland vor“, sagte der RKI-Epidemiologe. Zum Beispiel die Hyalomma-Zecke, die laut Stark bis vor wenigen Jahren nicht in Deutschland vorkam und die bakterielle Erreger von Fleckfieber übertragen kann. „Es gibt in den letzten Jahren klare Trends, dass ein Teil der klimasensitiven Erreger zugenommen hat.“ Dadurch steige das Risiko von Infektionskrankheiten.
Auch die Asiatische Tigermücke werde in Deutschland häufiger auftreten - sie kann Erreger von Dengue-Fieber und Gelbfieber oder das Zika-Virus an Menschen weitergeben. „Das heißt nicht, dass wir in den nächsten ein, zwei Jahren sofort Übertragungsfälle in Deutschland haben werden.“ Ausschließen könne er dies aber nicht.
Darüber hinaus bringt der Klimawandel den Autoren zufolge zahlreiche weitere Risiken mit sich - zum Beispiel durch einen Anstieg von bakteriellen Resistenzen oder die Vermehrung von Vibrionen im Wasser. Zu diesen zählt etwa das Bakterium Vibrio vulnificus, das natürlicherweise in Meer- und Brackwasser vorkommt - vermehrt bei Temperaturen ab circa 20 Grad.
Schon durch sehr kleine Wunden können diese Erreger in die Haut eindringen, wie Stark erklärt. „Bei älteren Personen oder Personen mit geschwächtem Immunsystem können diese Infektionen zu schwersten Wundinfektionen oder schwersten Blutvergiftungen führen, die rasch mit Antibiotika behandelt werden müssen“, so der RKI-Experte. Wenn eine Behandlung nicht unmittelbar erfolge, könnten Menschen an der Infektion sterben.
Auch Hitzewellen können in Zukunft laut dem Bericht vermehrt ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko darstellen. Vor allem ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen seien gefährdet, sagte Elke Hertig. Derzeit gebe es in Deutschland jährlich zwei bis drei Hitzewellen. Je nach Fortschreiten der Erderwärmung könnte es zum Ende des Jahrhunderts bis zu vier oder sogar sechs Hitzewellen pro Jahr geben. Im vergangenen Jahr verursachten Hitzewellen RKI-Angaben zufolge hierzulande etwa 4500 Todesfälle.
Um klimabedingte Gesundheitsrisiken für Menschen in Deutschland künftig zu verringern, ist es laut Hertig einerseits wichtig, dass die Bevölkerung auf den Klimawandel reagiert, unter anderem indem sie sich informiert oder etwa durch Impfungen schützt. Andererseits müsse versucht werden, die globale Erwärmung so gering wie möglich zu halten. Denn: „Klimaschutz ist der effektivste Gesundheitsschutz“, resümierte die Wissenschaftlerin.
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