Mehrwegangebotspflicht: Umwelthilfe will klagen | FLZ.de

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 30.03.2023 12:49

Mehrwegangebotspflicht: Umwelthilfe will klagen

Seit Jahresbeginn sollten Verbraucherinnen und Verbraucher bei Essen zum Mitnehmen die Wahl zwischen einer Einweg- und einer Mehrwegverpackung haben. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/dpa-tmn)
Seit Jahresbeginn sollten Verbraucherinnen und Verbraucher bei Essen zum Mitnehmen die Wahl zwischen einer Einweg- und einer Mehrwegverpackung haben. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/dpa-tmn)
Seit Jahresbeginn sollten Verbraucherinnen und Verbraucher bei Essen zum Mitnehmen die Wahl zwischen einer Einweg- und einer Mehrwegverpackung haben. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/dpa-tmn)

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) pocht nach weiteren, bei Testkäufen festgestellten Verstößen gegen die Mehrwegangebotspflicht im Gastgewerbe auf Nachbesserungen am Gesetz. „Dieses Gesetz muss dringend angepasst, novelliert, verbessert werden“, sagte die DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz am Donnerstag in Berlin. „Wir dringen darauf, dass das noch in dieser Legislaturperiode geschieht“. Zudem müssten die Bundesländer ihren Vollzugsaufgaben nachkommen, Verstöße sanktionieren und dafür sorgen, dass die Norm ernst genommen werde.

Nach Testbesuchen in 35 Filialen großer Ketten im Januar folgten in der vergangenen Woche weitere Stichproben und Nachtests. Zwei Unternehmen hatten nach Angaben des Vereins Unterlassungserklärungen unterzeichnet, gegen fünf werde man Unterlassungsklagen vor den jeweiligen Landgerichten erheben. Dazu gehört nach DUH-Angaben beispielsweise der Kinobetreiber Cinestar, dem die Umwelthilfe vorwarf, bei den Stichproben keine Mehrwegbehälter für Heißgetränke und für 1,5-Liter-Softdrinks angeboten zu haben. Bei Rewe bemängelte die DUH, dass bei Testbesuchen Mehrwegschüsseln an der Salatbar gefehlt hätten. Beide Unternehmen wiesen die Vorwürfe am Donnerstag zurück.

Cinestar-Geschäftsführer Oliver Fock erklärte, das gesamte Softdrink-Sortiment sei bereits auf Mehrweg umgestellt, einzig für 1,5-Liter-Getränke seien noch keine Becher vom Dienstleister lieferbar, so dass man nur diese eine Größe nicht in Mehrwegbechern anbieten könne. Die Menge lasse sich aber auf zwei kleinere Mehrwegbecher aufteilen. Für Heißgetränke könnten die Gäste Mehrweggeschirr aus Porzellan wählen.

Mehrwegalternativen bei Rewe

Von Rewe hieß es, man verwehre sich „selbstverständlich nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Mehrwegsangebotspflicht.“ Seit Jahresbeginn gebe es für im Markt abgefüllte Speisen und Getränke Mehrwegalternativen. Schalen und Becher könnten ausgeliehen und über Leergutautomaten oder an der Kasse zurückgegeben werden. „Zu der Abmahnung der DUH hat REWE detailliert Stellung genommen, das System und seine Vorteile genau erläutert und den Sachverhalt damit nach eigener Ansicht klären können.“

Nachgebessert wurde derweil laut Umwelthilfe bei Backwerk, nachdem dort bei einem Testbesuch kein Mehrwegangebot vorgefunden worden sei. Dazu erklärte eine Sprecherin der Kette: „Wir können hiermit bestätigen, dass es gegen eine Filiale der stichprobenartig untersuchten BackWerke in Berlin eine Unterlassungserklärung gab und der Franchisepartner vor Ort umgehend sein vorhandenes Mehrweggeschirr den Gesetzesvorlagen entsprechend angeboten hat.“

Die Mehrwegangebotspflicht gilt seit 1. Januar. Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, müssen ihre Produkte demnach auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Damit sollen Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden. Dasselbe Produkt in der Mehrwegverpackung darf aber nicht teurer sein als in der Einwegverpackung. Ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse und Kioske, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 10.000 Euro.

Repräsentative Forsa-Umfrage

Die Umwelthilfe hatte auch eine repräsentativen Forsa-Umfrage in Auftrag gegeben, bei der 86 Prozent der Befragten angegeben, normalerweise Einwegboxen für Essen zum Mitnehmen zu nutzen. Auf die Frage, warum Mehrweg nicht genutzt werde, erklärten 72 Prozent, es fehle ein entsprechendes Angebot, und 27 Prozent erklärten, sie wollten die Boxen nicht herumtragen oder lagern. 55 Prozent gaben an, ihnen sei ein niedriger Preis oder ein geringer Pfandbetrag wichtig. Die Umfrage belege, dass sich Verbraucher unternehmensübergreifende Mehrweglösungen, möglichst viele Rückgabestellen und Preisvorteile für Mehrweg wünschten, sagte Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft.

Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist die Mehrwegangebotspflicht „ein wichtiger Schritt zur Förderung von Mehrwegverpackungen“. Man ermutige die Unternehmen zu einer konsequenten Umsetzung, damit sich die Mehrweg-Verwendung einspiele. „Wir könnten und sollten noch mehr tun, um nachhaltigen Konsum zu fördern, zum Beispiel indem wir die Mehrwegpflicht auf alle Materialien und nicht nur auf Kunststoff ausweiten“, erklärte UBA-Präsident Dirk Messner. Erst am Vortag hatte die Umweltschutzorganisation Greenpeace ein Meldeportal in Betrieb genommen, über das Verbraucherinnen und Verbraucher Verstöße gegen die Norm bei den zuständigen Landesbehörden melden können.

© dpa-infocom, dpa:230330-99-145522/3


Von dpa
north