Bund und Länder haben sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zufolge auf ein neues System zur Verteilung der Flüchtlingskosten verständigt. „Es gab Einvernehmen über den Einstieg in ein atmendes System für alle Geflüchteten“, sagte der SPD-Politiker über eine entsprechende Arbeitsgruppe von Bund und Ländern.
Damit ist gemeint, dass sich die Zahlungen des Bundes künftig wieder an der tatsächlichen Zahl der Geflüchteten orientieren soll. „Grundlage wäre eine Kopfpauschale, über deren Höhe aber noch keine Einigung erzielt werden konnte“, sagte Weil. Die Ministerpräsidentenkonferenz, deren Vorsitz Weil derzeit innehat, fordert ein solches Pro-Kopf-System seit Monaten.
Der niedersächsische Regierungschef erklärte, die Gespräche mit dem Bund seien nun so weit geführt worden, wie das auf der Ebene der Arbeitsgruppe möglich war. Nun müsse in Vorbereitung auf ein Bund-Länder-Treffen mit dem Bundeskanzler am 6. November weiter zwischen den politischen Spitzen verhandelt werden. „Fakt ist, dass es zu einer namhaften und verlässlichen Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten kommen muss“, betonte Weil.
Weil immer mehr unbegleitete minderjährige Ausländer nach Baden-Württemberg flüchten, haben sich zuvor noch die Großstädte Karlsruhe, Mannheim und Freiburg sowie mehrere Kreise direkt an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gewandt.
„Wir brauchen dringend eine wirksame Unterstützung aus Stuttgart“, teilte Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) in Freiburg mit. Ohne diese Hilfe könne eine rechtmäßige Notunterbringung der jungen Menschen nicht dauerhaft abgesichert werden, warnte Horn.
Die Zugangszahlen in Freiburg und in anderen Stadt- und Landkreisen seien seit Ende Juli und insbesondere seit Anfang August stark angestiegen, berichtete die Stadt im Breisgau. Freiburg und andere Kommunen im süddeutschen Raum seien weit über die jeweiligen Kapazitätsgrenzen hinaus belastet.
„Mehrere Kommunen mussten bereits auf Schulturnhallen und teilweise auf Zelte ausweichen.“ Das gemeinsame Schreiben wurde von den drei Großstädten und den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Konstanz, Lörrach und Ortenaukreis verfasst, wie die Stadt Freiburg mitteilte.
„Nicht nur das Jugendamt der Stadt Freiburg, sondern alle unterzeichnenden Städte und Landkreise stehen insbesondere seit Ende Juli erneut unter massivem Druck und gelangen dabei an die Grenzen des Machbaren“, berichtete der Freiburger Rathauschef. Das gemeinsame Schreiben sei ein Hilferuf an die grün-schwarze Landesregierung.
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