Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage | FLZ.de

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Veröffentlicht am 28.02.2023 06:06

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Ein ukrainischer Soldat verdeckt einen Schützenpanzer im Donbass mit Ästen. (Foto: Diego Herrera/XinHua/dpa)
Ein ukrainischer Soldat verdeckt einen Schützenpanzer im Donbass mit Ästen. (Foto: Diego Herrera/XinHua/dpa)
Ein ukrainischer Soldat verdeckt einen Schützenpanzer im Donbass mit Ästen. (Foto: Diego Herrera/XinHua/dpa)

Russland hält Friedensverhandlungen mit der Ukraine derzeit für unmöglich. Deshalb habe das Erreichen der Kriegsziele „absolute Priorität“, erklärte der Kreml. Präsident Wladimir Putin wies den Geheimdienst FSB an, stärker gegen westliche Spionage und mögliche Sabotage vorzugehen. Behörden meldeten mehrere Drohnenabstürze auf russischem Gebiet. Auf dem Schlachtfeld im Osten der Ukraine setzen die russischen Angreifer die Verteidiger immer stärker militärisch unter Druck.

Putin hatte vor etwas über einem Jahr den Angriff auf das Nachbarland befohlen. Seitdem herrscht auch Eiszeit mit der Nato und den USA, die die Ukraine mit Waffen und Milliardenhilfen stützen. Vergangene Woche hatte Putin angekündigt, den letzten großen atomaren Abrüstungsvertrag mit Washington, den „New Start“-Vertrag, außer Kraft zu setzen. Das vollzog er nach Angaben des Kreml offiziell mit der Unterschrift unter ein entsprechendes Gesetz.

In der Ostukraine versuchen ukrainische Truppen seit Monaten in einer verlustreichen Schlacht, die vorrückenden Russen bei der strategisch wichtigen Stadt Bachmut abzuwehren. Die Lage dort werde immer schwieriger, erklärten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar in der Nacht. In Bachmut lebten vor Beginn des Kriegs mehr als 70.000 Menschen, heute nur noch wenige Tausend.

In Deutschland forderte die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht erneut Friedensverhandlungen und sorgte zugleich für eine Kontroverse mit Äußerungen, die russische Vergewaltigungen im Kriegsgebiet zu relativieren schienen. „Das ist doch Teil des Krieges“, sagte sie in der ARD-Sendung „Hart aber fair“. Und weiter: „Kriegsverbrechen werden von beiden Seiten begangen, und wenn man sie beenden will, wenn man sie beenden will, dann muss man diesen Krieg beenden.“

„Erreichen unserer Ziele das Wichtigste“

Danach sieht es weiter nicht aus. Der russische Präsidentensprecher Dmitri Peskow stellte klar, das Erreichen der Kriegsziele in der Ukraine habe Vorrang vor möglichen Friedensverhandlungen. Bisher gebe es auch keine Signale aus Kiew, mit Moskau Gespräche aufzunehmen, sagte Peskow. Die Ukraine habe sie sogar rechtlich ausgeschlossen. „In diesem Fall ist das Erreichen unserer Ziele das Wichtigste. Das ist unsere absolute Priorität“, sagte Peskow.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat als Bedingung für Friedensgespräche gesetzt, dass Russland seine Truppen komplett aus der Ukraine abzieht. Russland fordert nach Peskows Worten seinerseits von der Ukraine anzuerkennen, dass die vier Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson in der Verfassung als Teile Russlands verankerten seien. Russland hatte diese ukrainischen Gebiete völkerrechtswidrig annektiert und hat sie auch militärisch nicht voll unter Kontrolle.

Stoltenberg: Waffenhilfe für Kiew nützt Sicherheit des Westens

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bekräftigte bei einem Besuch in Finnland die Bedeutung von Waffenlieferungen an die Ukraine auch für die Sicherheit des Westens. Putin werde nach dem Überfall auf die Ukraine nicht Halt machen, wenn man ihn nicht hindere. Daher müsse die Militärhilfe für die Ukraine weitergeführt und gesteigert werden.

Finnland und Schweden hatten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Die Türkei blockiert das Verfahren bisher. Das finnische Parlament begann trotzdem mit der Debatte über ein Gesetz zum Nato-Beitritt, über das am Mittwoch abgestimmt werden soll. Selenskyj bekräftigte seinerseits den Willen seines Landes zum EU-Beitritt. Die Ukraine hatte dies vor genau einem Jahr beantragt.

Putin appelliert an Geheimdienst

Präsident Putin hielt eine Rede vor dem Inlandsgeheimdienst FSB und richtete gleich mehrere Appelle an die Offiziere. Die westlichen Nachrichtendienste hätten ihre Arbeit gegen Russland ausgebaut, deshalb müsse die Gegenaufklärung ebenfalls verstärkt werden, sagte Putin. Zugleich forderte Putin den FSB auf, die Kontrollen an den Übergängen zur Ukraine zu intensivieren. Es müsse verhindert werden, dass über diese Wege Sabotagegruppen und Waffen ins Land kämen. Die Zahl der „terroristischen Verbrechen“ habe im Zuge des russischen Angriffskrieges zugenommen, sagte Putin.

Das russische Verteidigungsministerium registrierte mehrere Drohnenabstürze in den südlichen und grenznahen Gebieten Krasnodar und Adygeja und machte dafür die Ukraine verantwortlich. Die Flugobjekte hätten - erfolglos - Objekte ziviler Infrastruktur ins Visier genommen, erklärte das Ministerium.

Auf dem Gelände einer Ölraffinerie in der südrussischen Stadt Tuapse war nach Angaben der örtlichen Behörden in der Nacht ein Brand ausgebrochen, den die russische Agentur Ria Nowosti ebenfalls mit einer Drohne in Verbindung brachte. Die Ukraine äußerte sich zu den Vorwürfen zunächst nicht.

Zudem stellte der Flughafen St. Petersburg für rund zwei Stunden den Betrieb ein. Gründe wurden zunächst keine genannt, später war offiziell von einer Militärübung die Rede. Auch hier spekulierten Beobachter über ein feindliches Flugobjekt. Schließlich berichtete auch der Gouverneur des Moskauer Umlands, Andrej Worobjow, von einem Drohnenabsturz rund 100 Kilometer südöstlich der Hauptstadt.

© dpa-infocom, dpa:230228-99-765877/8


Von dpa
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