Tochter lebensbedrohlich misshandelt: Dreieinhalb Jahre Haft | FLZ.de

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Veröffentlicht am 16.03.2023 01:48

Tochter lebensbedrohlich misshandelt: Dreieinhalb Jahre Haft

Die Angeklagte (l) sitzt neben ihrem Verteidiger Harald Huber im Gerichtssaal. (Foto: Ute Wessels/dpa)
Die Angeklagte (l) sitzt neben ihrem Verteidiger Harald Huber im Gerichtssaal. (Foto: Ute Wessels/dpa)
Die Angeklagte (l) sitzt neben ihrem Verteidiger Harald Huber im Gerichtssaal. (Foto: Ute Wessels/dpa)

In einem Indizienprozess ist vor dem Landgericht Landshut eine junge Frau wegen Kindesmisshandlung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter legten der 25-Jährigen am Donnerstag zur Last, im Dezember 2018 ihrer damals zweijährigen Tochter eine lebensbedrohliche Verletzung im Unterleib zugefügt zu haben. Das Mädchen musste notoperiert werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

„Fest steht: Das Kind musste Entsetzliches erleiden“, sagte die Vorsitzende Richterin Michaela Wawerla in ihrer Urteilsbegründung. Auf die Frage, wer dem Mädchen die Verletzung zugefügt hat, gebe es drei mögliche Antworten: die Mutter, deren damaliger Freund oder beide zusammen. Das Gericht sei zu der Überzeugung gekommen, dass die Mutter schuldig sei.

Die Frau aus dem Landkreis Erding saß seit Anfang Februar auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft warf ihr Misshandlung Schutzbefohlener sowie gefährliche Körperverletzung vor.

Der Anklage nach gab es im Dezember 2018 einen Streit zwischen der Angeklagten und ihrer Tochter. Das Kind hatte sich beim Abendessen eingenässt, so dass die Hose gewechselt werden musste. Im Bad rammte die Mutter - so die Anklage - dem Mädchen einen harten Gegenstand in die Scheide, möglicherweise eine elektrische Zahnbürste. Das Kind erlitt schwerste innere Verletzungen und drohte zu verbluten. Die Staatsanwältin sprach von einer „vaginalen Pfählung“.

Die Angeklagte hatte im Prozess angedeutet, ihr Ex-Freund könnte die Tat begangen haben. Der Mann war in dem Verfahren als Zeuge geladen und verweigerte die Aussage.

Ihre Urteilsfindung begründete die Vorsitzende Richterin unter anderem mit veränderten Angaben der Mutter. Diese habe, nachdem das Kind schon im Krankenhaus war, ihrem Vater per Handynachricht geschrieben, sie und ihr Freund seien an jenem Abend mit dem Kind ins Bad gegangen, er sei dann wieder rausgegangen, um Wechselwäsche zu holen. So habe die Frau das auch gegenüber der Polizei ausgesagt. Drei Jahre später habe sie dann behauptet, ihr damaliger Freund sei alleine mit dem Kind im Bad gewesen.

Zudem habe die Frau das Kind nach der Tat nie gefragt, was ihm passiert sei, habe ohnehin ein emotionsloses und distanziertes Verhältnis zu dem Kind gehabt, und im Prozess gesagt, an dem Tag nervlich angeschlagen gewesen zu sein. Der Ex-Freund sei es gewesen, der dafür gesorgt habe, dass das schwerst verletzte Kind in eine Klinik gebracht wurde. Aussagen von Familienmitgliedern der Angeklagten, nach denen das Mädchen sich vor dem Ex-Freund gefürchtet habe, hielten die Richter nicht für glaubwürdig. Die Angehörigen hätten wohl den Wunsch, dass die 25-Jährige nicht die Täterin sei.

Die Richterin sprach von einer brutalen Vorgehensweise aus nichtigem Grund. Die Tat sei „eine Art misslungener Erziehungsversuch“ der Mutter nach dem Einnässen des Mädchens gewesen.

Staatsanwältin Barbara Streicher hatte auf vier Jahre und sechs Monate Haft für die Angeklagte plädiert. Der Verteidiger Harald Huber sprach sich für einen Freispruch aus. Er argumentierte, dass auch der damalige Freund der Frau die Tat begangen haben könnte.

© dpa-infocom, dpa:230315-99-967272/4


Von dpa
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