Trotz eines am Wochenende auslaufenden Ultimatums der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas scheint sich die Junta im Niger nicht den Forderungen beugen zu wollen. Nachdem die Militärchefs der Ecowas-Länder am Freitag Berichten zufolge einen möglichen Plan für eine Intervention im Niger ausgearbeitet hatten, teilte Nigers Junta in der Nacht zum Samstag ihrerseits mit, wichtige Positionen bei den Streitkräften mit den eigenen Gefolgsleuten neu besetzt zu haben.
Wie der Sprecher der Militärmachthaber am Freitagabend im nationalen Fernsehen mitteilte, ist nun Putschgeneral Moussa Salao Barmou neuer Stabschef der Streitkräfte. Zuvor war Barmou Chef der Spezialeinsatzkräfte und führender Kopf hinter dem Putsch in dem westafrikanischen Land vor gut einer Woche. Neben Barmou seien auch weitere wichtige Positionen im Heer und der Luftwaffe mit Getreuen der Putschisten besetzt worden, hieß es in der Mitteilung weiter. Eine diplomatische Vermittlermission der Ecowas hatte am Donnerstag aus dem Niger abreisen müssen - ohne ein Treffen mit Machthaber Abdourahamane Tiani.
Am 26. Juli hatten Offiziere der Präsidialgarde im Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. In der Folge hatte Ecowas die Junta im Niger am vergangenen Sonntag nach einer Dringlichkeitssitzung aufgefordert, den festgesetzten Präsidenten Bazoum wieder einzusetzen und die verfassungsmäßige Ordnung innerhalb einer Woche wieder herzustellen. Die Gruppe wolle ansonsten Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt beinhalten könnten, hieß es.
Die Ecowas hat bereits in der Vergangenheit mehrfach militärische Eingreiftruppen aufgestellt. Zuletzt griff die Gruppe 2017 in Gambia ein, als der abgewählte Präsident Yahya Jammeh die Macht nicht abgeben wollte. Militärische Ecowas-Operationen erfolgten bislang jedoch immer auf Einladung der betroffenen Regierung. Ein Militäreinsatz im Niger wäre die erste Operation, die von der Staatengemeinschaft gegen den Willen einer Regierung - oder in diesem Fall der neuen Militärmachthaber - entschieden würde.
Trotz der möglichen Eskalation der Lage im Niger stehe ein möglicher Abzug der französischen Soldaten nicht auf der Tagesordnung, sagte die französische Außenministerin Catherine Colonna dem Radiosender „France Info“. Sie warnte die Machthaber im Niger vielmehr, die Drohung der Ecowas ernstzunehmen. Die neue Junta hatte die militärische Zusammenarbeit mit der einstigen Kolonialmacht am Donnerstag aufgekündigt. Noch immer hat Frankreich jedoch rund 1500 Soldaten im Niger stationiert.
Nachdem die deutsche Bundesregierung bereits am Freitag mitteilte, dass alle ausreisewilligen deutschen Zivilisten das Land verlassen hätten, war laut dem spanischen Verteidigungsministeriums am Freitagabend noch ein Evakuierungsflug der spanischen Luftwaffe mit 74 Zivilisten aus 19 Ländern auf dem Militärflugplatz in Torrejón de Ardoz bei Madrid gelandet.
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