Nach einer Messerattacke auf seine Ex-Partnerin und einen Bekannten der Frau hat das Landgericht München I einen 36-Jährigen zu neun Jahren Haft verurteilt. Nach Ansicht der Großen Strafkammer wollte der Angeklagte mit dieser Tat sowohl seine ehemalige Partnerin, mit der er zwei Kinder hat, als auch deren Bekannten für die vermeintliche Aufnahme einer intimen Beziehung bestrafen, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Das Schwurgericht sah es als besonders verwerflich an, dass der Türke der Frau das Recht absprechen wollte, eine neue Beziehung einzugehen.
Die durch mehrere Messerschnitte verletzte Frau habe „ein freies, selbstbestimmtes Leben“ führen wollen - das habe ihr der Angeklagte verwehren wollen, sagte nach Angaben eines Gerichtssprechers auch die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Die Geschädigte sei zudem auch von der Familie des Mannes bedroht worden.
Die Anklägerin kritisierte darüber hinaus die Familie der Frau scharf, die sich auf die Seite des Angeklagten gestellt und dem Opfer vorgeworfen habe, „selbst schuld“ zu sein, weil sie „herumgehurt“ habe. Die 38-Jährige komme „aus einer türkischen Familie, in der Traditionen, religiöse Regeln, das Patriarchat zählen“, sagte die Staatsanwältin laut Gerichtssprecher.
Der nun Verurteilte war im Mai 2022 in die Wohnung seiner ehemaligen Lebensgefährtin gekommen, in der sich auch die zwei gemeinsamen Kinder aufhielten. Als dort ein Bekannter der Frau die Tür öffnete, verdächtigte der Angreifer diesen, eine Beziehung zu der Frau aufgenommen zu haben, und ging mit Fäusten auf ihn los.
Als die Frau einschritt, traktierte der Angreifer zunächst auch sie mit Faustschlägen, bevor er zu einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 14 Zentimetern griff. Er versetzte der Frau mehrere Schnitte im Halsbereich und dem Bekannten Stiche in den Bauch, wobei er zwei Organe durchlöcherte. Danach verließ er die Wohnung, ohne Hilfe zu leisten. Das am Dienstag gesprochene Urteil wegen versuchten Mordes aus niedrigen Beweggründen und gefährlicher Körperverletzung an dem Bekannten und gefährlicher Körperverletzung an der Ex-Partnerin ist noch nicht rechtskräftig.
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