Katholisches Museum zeigt Ausstellung über Kirche und Sex | FLZ.de

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Veröffentlicht am 02.03.2023 15:17

Katholisches Museum zeigt Ausstellung über Kirche und Sex

Die Skulptur „Jesuskind mit brennendem Herzen“ ist in der Ausstellung „Verdammte Lust“ zu sehen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
Die Skulptur „Jesuskind mit brennendem Herzen“ ist in der Ausstellung „Verdammte Lust“ zu sehen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
Die Skulptur „Jesuskind mit brennendem Herzen“ ist in der Ausstellung „Verdammte Lust“ zu sehen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Maria Magdalena erotisch inszeniert für das männliche Kloster-Publikum, der Heilige Sebastian als homoerotische Fetisch-Ikone: Das Museum der katholischen Erzdiözese München und Freising widmet sich in einer für das Haus sehr ungewöhnlichen Ausstellung dem heiklen Thema Kirche und Sex.

An diesem Wochenende startet im Freisinger Diözesanmuseum die Ausstellung „Verdammte Lust - Kirche.Körper.Kunst“. „Wir trauen uns was“, sagt Museumsdirektor Christoph Kürzeder am Donnerstag.

Und tatsächlich ist es ein offensives Projekt in stürmischen Zeiten für die katholische Kirche in Deutschland - mit ihrem zähen und immer wieder ausweglos scheinenden Ringen um eine menschlichere Sexualmoral im Reformprozess „Synodaler Weg“ und im Missbrauchsskandal.

Die Idee zu dem Projekt hatte der Erzbischof selbst. Kardinal Reinhard Marx wird die Ausstellung am Samstag eröffnen. Unter den ausgestellten Werken sind Bilder von Lukas Cranach und Albrecht Dürer, eine Zeichnung, die Leonardo da Vinci zugeschrieben wird und ein nackter Christuskörper von Michelangelo. Thematisiert werden auch ganz konkret Themen wie der Zölibat oder sexuelle Gewalt in der Kirche.

Das Erzbistum stelle sich damit einem Thema, das „zeitlos und hochaktuell und umstritten zugleich ist“, schreibt Marx in einem Grußwort im Ausstellungskatalog. Die Diskussion um den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche habe nicht nur „Probleme wie Klerikalismus und Machtmissbrauch“ offengelegt, „sondern vor allem auch eine entscheidende Grundproblematik, nämlich die oft sehr belastete Beziehung vieler Menschen in unserer Kirche zu Körperlichkeit und Sexualität“.

„In Theologie, Predigt und pastoraler Praxis wurde in der Vergangenheit oft ein sehr negatives Bild menschlicher Sexualität gezeichnet, sie mit Schuld und Sühne beschwert, was zu Verdrängung und Doppelmoral geführt hat“, schreibt der Kardinal.

Diese Doppelmoral zeigt die Ausstellung, in der mehr als 150 Kunstwerke von der Antike bis in das frühe 19. Jahrhundert zu sehen sind, auch auf sehr eindrückliche Weise: wenn Maria Magdalena beispielsweise auf von Kirchenmännern in Auftrag gegebenen Gemälden zwar als Büßerin aber vor allem sehr lasziv inszeniert wird. „Hier werden Männerphantasien ins Bild gesetzt“, sagt Kürzeder. „Hier entlarvt Kunst.“

Entlarvend ist schon ein Bild ganz zu Beginn der Ausstellung, das die Kirchenfürsten zeigt, wie sie angeregt über den theologischen Schlüsselfall diskutieren. Dem personalisierten Sündenfall, der nackten Eva mit dem Apfel in der Hand in ihrer Mitte, würdigen sie dabei keines Blickes.

Der theologische Diskurs in der katholischen Kirche sei nun mal 2000 Jahre lang nahezu ausschließlich von Männern geführt worden, sagt Kürzeder und auch die Kunst sei männlich geprägt. Nur ein einziges Werk in der Ausstellung stammt von einer Frau, einer Malerin, die selbst Opfer sexueller Gewalt geworden sei. Kürzeder spricht von einem „Gegenbild“: „Die Barockmalerin Artemisia Gentileschi hat die berühmte Geschichte von Susanna im Bade gemalt. Da wird sehr deutlich, wie ihr eigener Körper männlicher Gewalt ausgesetzt war, wie beklemmend sie erlebt, ein reines Lustobjekt zu sein, das sich nicht wehren kann.“

© dpa-infocom, dpa:230302-99-802884/3


Von dpa
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