Pendler und Reisende müssen sich bald erneut auf weitreichende Einschränkungen im bundesweiten Bahnverkehr einstellen - wann genau, ist allerdings noch offen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft stellte am Mittwoch in Berlin zeitnahe Warnstreiks im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn in Aussicht, einen genauen Zeitraum nannte sie aber nicht. „Wir werden das beraten mit unseren Kolleginnen und Kollegen“, sagte Verhandlungsführer Kristian Loroch am Mittwoch in Berlin. Die Tarifkommission werde über entsprechende Vorschläge in den kommenden Tagen beraten.
Damit spitzt sich der Tarifkonflikt für rund 180 000 Beschäftigte bei der Bahn zu. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Deutsche Bahn AG hier eine Strategie fährt, die für uns heißt: Friss oder Streik“, sagte Loroch. Die Gewerkschaft hatte am späten Dienstagabend das jüngste Angebot des Konzerns abgelehnt und zu kurzfristigen Verhandlungen für diesen Mittwoch aufgerufen. Die Bahn lehnte weitere Gespräche daraufhin aber vorerst ab.
„Das ist im Moment sinnlos, weil die EVG sich keinen Millimeter bewegt“, kritisierte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler in der Nacht zu Mittwoch. „Die Gewerkschaft zeigt kein Entgegenkommen und macht keine Lösungsvorschläge. Sie beharrt einfach stur auf ihren Ausgangsforderungen“, teilte Seiler mit. „Es macht keinen Sinn, ein weiteres Angebot rauszulegen.“
Mit dieser Ablehnung sei die Streikoption auf dem Tisch, betonte EVG-Verhandlungsführer Loroch am Mittwoch. „Wir denken momentan an Warnstreiks.“ Allerdings sei im weiteren Verlauf auch eine Urabstimmung unter den Mitgliedern über unbefristete Streiks eine Option.
Die EVG sieht im aktuellen Angebot der Bahn wesentliche Forderungen nicht erfüllt. „Das, was derzeit auf dem Tisch liegt, ist sozial ungerecht“, sagte Verhandlungsführer Kristian Loroch. Es bedeute für die Beschäftigten der Bahn einen Reallohnverlust.
Die Bahn hatte bei Verhandlungen in der vergangenen Woche stufenweise zwölf Prozent bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach noch dieses Jahr kommen. Hinzu kommt eine ebenfalls stufenweise Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ab diesem Juli gezahlt werden könnte. Die Laufzeit soll 24 Monate betragen.
Die Gewerkschaft fordert hingegen einen Festbetrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen lediglich zwölf Monate betragen. Einmalzahlungen lehnte die EVG bislang strikt ab.
Bereits zwei Mal hat die EVG im laufenden Tarifkonflikt mit Warnstreiks den Bahnverkehr lahmgelegt. Einen dritten Arbeitskampf, der 50 Stunden dauern sollte, sagte die Gewerkschaft kurzfristig ab, nachdem sie sich mit der Bahn vor dem Arbeitsgericht Frankfurt in einem der Knackpunkte auf einen Vergleich geeinigt hatte.
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