Mehr als 100.000 Menschen haben unterschrieben - doch das geplante Volksbegehren für ein neues bayerisches Radgesetz ist vor dem Verfassungsgerichtshof gescheitert. Die obersten bayerischen Richter befanden den Gesetzentwurf am Mittwoch für unzulässig, weil einige der geforderten Regelungen in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes eingreifen würden. Auch eine teilweise Zulassung des Volksbegehrens lehnte das Gericht ab.
Die Initiatoren reagierten enttäuscht. Gleichwohl soll es in Kürze ein neues bayerisches Radgesetz geben: Unter dem Druck des drohenden Volksbegehrens in Sichtweite der Landtagswahl hatte die Koalition aus CSU und Freien Wählern zuletzt einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Er soll noch vor der Sommerpause im Landtag verabschiedet werden.
Mit mehr als 100.000 Unterschriften hatte die Initiative „Radentscheid Bayern“ die Hürde von mindestens 25.000 Unterstützern für den Antrag auf ein Volksbegehren bei Weitem genommen. Die Initiatoren forderten vom Freistaat ein neues Radgesetz und eine Änderung weiterer Vorschriften etwa des Straßen- und Wegegesetzes. Ein Ziel: der Neu-, Um- und Ausbau sowie die Sanierung von Radwegen. Mit einem erfolgreichen Volksbegehren sollte ein Volksentscheid und damit letztlich das entsprechende neue Radgesetz erzwungen werden.
Das Innenministerium hielt das Volksbegehren aber für unzulässig und legte den Antrag daher dem Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung vor. Und der entschied nun, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung tatsächlich nicht gegeben seien, wie Gerichtspräsident Hans-Joachim Heßler bei der Urteilsverkündung in München sagte.
„Die Prüfung hat ergeben, dass das Volksbegehren nicht zugelassen werden kann, weil eine Zuständigkeit des Landesgesetzgebers für einen Teil der vorgesehenen Bestimmungen offensichtlich nicht gegeben ist und auch keine teilweise Zulassung in Betracht kommt“, sagte Heßler. Einige der Regelungen im Gesetzentwurf der Initiatoren seien mit Bundesrecht offensichtlich unvereinbar, da dem Landesgesetzgeber nach dem Grundgesetz dafür die erforderliche Gesetzgebungskompetenz fehle (Az. Vf. 8-IX-23).
Eine teilweise Zulassung des Volksbegehrens lehnte des Gericht deshalb ab, weil - vereinfacht gesagt - nicht sicherzustellen ist, dass die 100.000 Unterstützer auch den um die unzulässigen Regelungen entschlackten Gesetzentwurf unterschrieben hätten.
Bernadette Felsch, Beauftragte des Volksbegehrens und Vorsitzende des Fahrrad-Clubs ADFC Bayern, kündigte an, man werde weiter für mehr Sicherheit für Radfahrer kämpfen. Sie hofft deshalb insbesondere auf Nachbesserungen am vorliegenden Gesetzentwurf von CSU und Freien Wählern. „Denn dieser ist noch unzureichend für die Sicherheit der Radfahrenden in Bayern.“ Und es solle doch ein „gutes Gesetz“ werden.
Vor gut zwei Wochen hatten CSU und Freie Wähler ihren Entwurf vorgelegt. Bis 2030 sollen demnach in Bayern 1500 Kilometer neue Radwege und ein landesweit durchgängiges Radverbindungsnetz entstehen. Ferner setzt das Gesetz auf mehr Verkehrssicherheit, eine zentralisierte Planung von Infrastrukturprojekten und eine günstigere Mitnahme des Fahrrads in der Bahn für einen Euro pro Fahrt und Rad.
Bayern sei ein Radlland, kümmere sich schon immer sehr und gebe viel Geld dafür aus, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion, Tobias Reiß. Er räumte aber auch ein: „Natürlich hat das Volksbegehren jetzt noch einmal einen Schub gebracht. Die Priorität ergibt sich immer auch aus der öffentlichen Diskussion.“
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte, die Staatsregierung teile das Ziel der Initiatoren, den Radverkehr erheblich auszubauen und zu stärken. „Bayern ist ein Radlland und wir werden den Radverkehr deutlich attraktiver und vor allem auch sicherer machen.“ Als Innenminister sei ihm ganz besonders wichtig, dass die geplanten Maßnahmen auch die Sicherheit beim Radfahren erheblich verbessern.
Auch Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) lobte den Entwurf der Koalitionsfraktionen. „Das Radgesetz wird das Radlland Bayern weiter stärken“, sagte er. „Von der Radinfrastruktur über Maßnahmen zur Steigerung der Verkehrssicherheit bis zur Verbesserung der Vernetzung der maßgeblichen Akteure ist das Gesetz breit angelegt und ergänzt unsere bisherigen Maßnahmen hervorragend.“
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