Gedenken zu Oktoberfest-Attentat von 1980 | FLZ.de

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Veröffentlicht am 26.09.2022 03:02

Gedenken zu Oktoberfest-Attentat von 1980

Blumen sind am Denkmal für die Opfer des Anschlags von 1980 am Haupteingang des Oktoberfests auf der Theresienwiese zu sehen. (Foto: Felix Hörhager/dpa)
Blumen sind am Denkmal für die Opfer des Anschlags von 1980 am Haupteingang des Oktoberfests auf der Theresienwiese zu sehen. (Foto: Felix Hörhager/dpa)
Blumen sind am Denkmal für die Opfer des Anschlags von 1980 am Haupteingang des Oktoberfests auf der Theresienwiese zu sehen. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat am Jahrestag des Oktoberfest-Attentats von 1980 zum Kampf gegen Rechtsextremismus „mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften“ aufgerufen. Am Wiesn-Haupteingang, dem Ort des Anschlags, verlas er am Montag bei einer Kranzniederlegung die Liste der zwölf damals getöteten Besucher. Die „Erinnerung ist wach“, sagte Reiter. An dem Gedenken nahmen Überlebende und Angehörige von Opfern teil.

Über Jahrzehnte sei der Anschlag als Tat eines unpolitischen Einzeltäters quasi abgehakt worden, sagte Reiter. Er würdigte dabei das Engagement der DGB-Jugend, die seit 40 Jahren das Gedenken hauptsächlich organisiert hat und so gegen das Vergessen eintrat. Dafür habe die Gewerkschaftsjugend nicht nur Wohlwollen geerntet. Stattdessen habe sie sich auch mit zunehmendem Desinteresse und sinkender öffentlicher Aufmerksamkeit auseinandersetzen müssen.

Der Redner für die DGB-Jugend, Florian Gersten, sagte, das Engagement sei gespeist aus dem Wunsch nach „einer Zukunft, in der jeder Mensch gleichberechtigt leben kann, egal welcher sexuellen Orientierung, Identität, Hautfarbe oder Sonstiges“. Rechter Terror aber wolle „dieses so banale Ideal, dass alle Menschen gleich sind, nicht nur nicht anerkennen, sondern aktiv bekämpfen“. Deswegen sei das Erinnern und damit der Kampf gegen rechtes Gedankengut weiterhin wichtig und notwendig.

Am Abend des 26. September 1980 hatte eine Bombe zwölf Wiesn-Besucher sowie den rechtsextremen Bombenleger Gundolf Köhler selbst in den Tod gerissen. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Es war der schwerste rechtsextreme Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik.

Erst 2020 stellte die Bundesanwaltschaft nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens fest, dass Köhler aus rechtsextremistischer Motivation handelte. Er wollte demnach die damalige Bundestagswahl beeinflussen und wünschte sich einen Führerstaat nach NS-Vorbild. Diese klare Einordnung sei längst überfällig gewesen, sagte Reiter.

Erstmals sind zehn Videointerviews mit Überlebenden des Oktoberfest-Attentats in der Medienstation neben dem Denkmal für die Opfer des abrufbar. Die Beiträge wurden nach der Gedenkveranstaltung der Öffentlichkeit vorgestellt.

Zum 40. Jahrestag war mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erstmals ein deutsches Staatsoberhaupt zu dem Gedenken gekommen. Auch die Teilnahme von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war eine Premiere. Die Politiker räumten Fehler bei den damaligen Ermittlungen und der politischen Einschätzung ein. Es gab Entschuldigungen an die Opfer.

Betroffene leiden bis heute. Der 54-jährige Robert Höckmayr verlor zwei Geschwister und wurde schwer verletzt. Es folgten Operationen - und immer neue Anträge auf Entschädigungen. Es gebe zu viel Bürokratie, vor allem fehle Unterstützung im sozialen Bereich, sagt er. Das gelte auch für Opfer anderer Attentate wie am Olympia-Einkaufszentrum in München. „Resozialisierung funktioniert bei Straftätern. Das muss doch bei Opfern auch gehen.“

© dpa-infocom, dpa:220925-99-893618/9

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