Stimmt der Bundesrat Ende März zu, ist Cannabis ab dem 1. April legal - auch der Anbau. Aber wie geht das eigentlich? Welche Sorte ist die richtige und was muss ich wissen und beachten? Simon Kraushaar vom Deutschen Hanfverband liefert Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Im neuen Gesetz sind zwei legale Quellen für Cannabissamen aufgeführt. Zum einen dürfen die Anbaugemeinschaften ab 1. Juli Samen und Stecklinge auch an Nichtmitglieder abgeben, so Kraushaar. Ab dem 1. April ist es zudem gestattet, Samen aus dem EU-Ausland zu bestellen. Große Anbieter aus den Niederlanden, Spanien aber auch Österreich verkaufen über Onlineshops Saatgut.
Für absolute Neulinge empfiehlt Kraushaar sogenanntes feminisiertes, automatisches Saatgut. Aus den feminisierten Samen wachsen ausschließlich weibliche Hanfpflanzen, die die begehrten Hanfblüten produzieren. Das Aussortieren von männlichen Pflanzen entfällt somit.
Automatisches Saatgut geht unabhängig vom Lichtzyklus nach einer gewissen Zeit in die Blüte. Somit kann auch im Freiland eine frühere Ernte eingefahren werden, ohne das Risiko eines verregneten und kalten Herbstes einzugehen, der zu Schimmelproblemen an den Pflanzen führen kann.
Wenn Cannabis im Freien angepflanzt werden soll, ist eine Aussaat nach den Eisheiligen sinnvoll. Alternativ kann man die Keimung und Anzucht auch an einem hellen Fenster oder unter einer Anzuchtlampe vornehmen und die Jungpflanzen nach dem letzten Frost ins Freie setzen, so Kraushaar. Die Anzucht der Keimlinge kann in kleineren Töpfen stattfinden. Sobald diese komplett durchwurzelt sind, sollte man die Pflanzen in größere Töpfe umpflanzen.
Eine Ausnahme bilden hier die bereits angesprochenen automatischen Sorten. Diese sollten direkt in den endgültigen Topf gepflanzt werden. Hanf wurzelt stark und mag große Töpfe oder im besten Fall eine direkte Pflanzung ins Erdreich, sofern dies möglich ist. Kraushaar: „Als Mindestgröße für den Außenanbau würde ich einen 10-Liter-Blumentopf empfehlen - ein größerer Topf bringt größere Pflanzen.“
Hanf gedeiht dem Experten zufolge sowohl im Haus als auch draußen in unseren Breitengraden prächtig. Die Pflanze ist ziemlich genügsam, robust und verzeiht einiges an Fehlern. Ein großer Vorteil des Anbaus im Freien und auf Erde ist die Tatsache, dass die Natur vieles für uns von allein regelt. Dies gilt besonders in Bezug auf Schädlinge und Krankheiten. Meist genügt es, die Pflanzen nach Bedarf zu gießen und gelegentlich Dünger zu geben.
Ein großer Nachteil des Anbaus im Freien ist jedoch die Beschränkung durch die Jahreszeiten, denn Hanf ist nicht frosthart und kann in Deutschland daher nur von Frühjahr bis Herbst angebaut werden. Beim Anbau im Haus ist der Anbau hingegen ganzjährig möglich.
Der Anbau im Haus ist aufwendiger und kostenintensiver als der Außenanbau. Es müssen sowohl Lampen und ein Zelt als auch Klimaregeltechnik angeschafft werden, und es fällt Strom für diese Gerätschaften an. Kompliziert ist der Anbau nicht, er erfordert jedoch, dass sich Interessierte ausführlich mit der Materie auseinandersetzen.
„Ich würde für den Anfang einen Anbau im Garten oder auf dem Balkon oder gar Fensterbrett empfehlen, um erste Erfahrungen zu sammeln“, rät Kraushaar. Die meisten seien überrascht, welch tolle Ergebnisse sich dort mit minimalem Aufwand erzielen lassen.
Nutzhanfpflanzen unterscheiden sich in der Pflege nicht sonderlich von Genusshanf. Hanf ist generell sehr pflegeleicht und robust. Wer in der Lage ist, Tomaten oder anderes Gemüse anzubauen, schafft es auch mit Sicherheit, Hanf anzubauen. Die Pflanzen vertragen allerdings keine Staunässe, übermäßiges Gießen sollte daher vermieden und auf eine gute Drainage im Blumentopf geachtet werden.
Zusätzlich düngen kann man Hanf natürlich, gerade bei einem Anbau auf Erde in einem großen Topf oder direkt im Erdreich ist dies allerdings nicht unbedingt erforderlich. Zumal zu viel Dünger, wie bei anderen Pflanzen auch, schädlich sein kann. Weniger ist vor allem bei Anfängern meist mehr, rät der Experte.
Bei einem normalen Außenanbau mit einer für Deutschland geeigneten Sorte kann man mit einer Ernte im September oder Oktober rechnen, wenn die Tage wieder deutlich kürzer werden, denn Hanf blüht normalerweise abhängig von der Lichtdauer, sagt Kraushaar. Automatische Sorten sind etwa 100 bis 120 Tage nach der Keimung der Samen erntereif.
Im Innenbereich kann nach der Anzucht der Pflanzen die Blüte mittels einer Umstellung der künstlichen Beleuchtung auf einen Zyklus von 12 Stunden Licht/12 Stunden Dunkelheit eingeleitet werden.
Die Blüte dauert in der Regel zwischen 60 und 90 Tagen. Exotische Sorten können (im Innenanbau) aber auch mehr als 120 Tage blühen.
Nach der Ernte sollten die Blüten am besten zwischen 16 und 20 Grad bei niedriger Luftfeuchtigkeit und guter Umluft getrocknet werden, bis die Stängel der Blüten hörbar knacken. Anschließend können die Blüten in ein Einmachglas oder eine Tupperdose gelagert werden. Ab und zu sollten diese gelüftet werden. Dunkel und kühl lassen sich die Blüten laut Kraushaar ohne große Qualitätseinbußen bis zu 12 Monate lagern.
Folgendes sieht die Gesetzesvorlage vor: Erwachsene Personen dürfen privat ab dem 1. April insgesamt bis zu drei Cannabispflanzen gleichzeitig anbauen. An seinem Wohnsitz darf man dann insgesamt 50 Gramm getrocknetes Cannabis für den Eigenkonsum lagern. Alles, was darüber hinaus geht, muss vernichtet werden. Cannabis aus dem privaten Eigenanbau dient nur zum Zweck des Eigenkonsums und darf nicht an Dritte weitergegeben werden. Also: nicht verschenken, nicht verkaufen.
Das angebaute Cannabis, die Cannabispflanzen und -samen müssen vor dem Zugriff durch Kinder, Jugendliche und Dritte geschützt werden. Darauf weist das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite hin. Das kann demnach beispielsweise erreicht werden, indem man die Cannabispflanzen und die geernteten Blüten in abschließbaren Schränken oder Räumen aufbewahrt.
Für die Nachbarschaft dürfen zudem keine unzumutbaren Belästigungen und Störungen entstehen. Geruchsbelästigungen lassen sich, so schreibt es das Bundesgesundheitsministerium, zum Beispiel durch Lüftungs- oder Luftfilteranlagen vermeiden.
© dpa-infocom, dpa:240301-99-175219/2