Nach dem Vorstoß von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) für eine Reform bei der Rückgabe von NS-Raubgut fordert Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) eine gesetzliche Grundlage. „Eine Weiterentwicklung der Beratenden Kommission muss einhergehen mit einem verbindlichen rechtlichen Rahmen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. „Freiwilligkeit und Haltung sind gut, aber Recht ist noch besser.“
Roth hatte angekündigt, Fördergelder für Kultureinrichtungen ab Januar an die Akzeptanz von Neuregelungen bei der Beratenden Kommission für die Rückgabe von NS-Raubgut zu koppeln. Sie will, dass die Kommission künftig auch von einer einzelnen Streitpartei angerufen werden kann. Bislang kann die Kommission nur tätig werden, wenn beide Parteien sie einschalten wollen - also diejenigen, die Anspruch auf ein womöglich von den Nationalsozialisten geraubtes Kunstwerk erheben und auch die Einrichtung, in der sich dieses Werk heute befindet.
Eine Seite kann in der derzeitigen Situation etwa durch Untätigkeit oder Uneinsichtigkeit blockieren. Dies wird als einer der Gründe dafür gesehen, dass die Kommission in 20 Jahren bisher in nur 23 Fällen vermittelte. Schätzungen gehen von bis zu 600.000 gestohlenen Kunstwerken in der Nazi-Zeit aus.
Auch Bayern steht immer wieder in der Kritik. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen widersetzen sich beispielsweise im Streit um eine Rückgabe des 1905 entstandenen Gemäldes „Madame Soler“ von Pablo Picasso (1881-1973) an die Erben des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy seit Jahren einer Anrufung der Kommission.
„Das Restitutionsersuchen „Madame Soler” wurde äußerst sorgfältig geprüft“, betonte ein Sprecher des bayerischen Kunstministeriums. “Das Ergebnis der unabhängigen Provenienzforschung wie auch aller rechtlichen und parlamentarischen Befassungen ist eindeutig: Die Voraussetzungen für eine Anrufung der Beratenden Kommission sind nicht gegeben, weil es sich gerade nicht um einen NS-verfolgungsbedingten Entzug im Sinne der Washingtoner Erklärung handelt.“
Blume betonte: „Bayern steht ohne Wenn und Aber zur Restitution.“ Für den Freistaat sei es „selbstverständlich, dass Sammlungsobjekte im Bestand der staatlichen Museen und Sammlungen restituiert werden, wenn sie ihren früheren Eigentümern im Rahmen der NS-Verfolgung entzogen wurden“.
Er verwies auf die Stelle für Provenienzforschung, die 1999 von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen eingerichtet wurde. „Seitdem wurden 6000 Werke proaktiv untersucht. In der der Folge konnten 25 Werke aus 17 Sammlungen restituiert werden“, sagte Blume. Seit Inkrafttreten der Washingtoner Erklärung hätten staatliche Einrichtungen in Bayern 245 Objekte restituiert. „Anstatt die Länder an den Pranger zu stellen, muss Claudia Roth ihre eigenen Hausaufgaben machen und endlich Rechtssicherheit schaffen.“
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