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Veröffentlicht am 17.05.2022 04:35

Was Autofahrer über Wasser wissen müssen

Land unter: Wenn Autos so tief unter Wasser gestanden haben, sind schwerste Schäden zu erwarten. (Foto: Bernd März/dpa/dpa-tmn/Archivbild)
Land unter: Wenn Autos so tief unter Wasser gestanden haben, sind schwerste Schäden zu erwarten. (Foto: Bernd März/dpa/dpa-tmn/Archivbild)
Land unter: Wenn Autos so tief unter Wasser gestanden haben, sind schwerste Schäden zu erwarten. (Foto: Bernd März/dpa/dpa-tmn/Archivbild)

Autos sind gut gegen Regen, Sturm und Hagel geschützt - solange der Niederschlag vor allem von oben kommt. Dafür sorgt eine gut abgedichtete Karosserie. Bei Starkregen jedoch kann es schnell passieren, dass Straßen oder Parkplätze in der Nähe von Gewässern überfluten und das Wasser gefährlich hoch ansteigt.

„Spritzwasser ist nicht das Problem, da kommen Autos gut mit klar. Wenn jedoch Wasser ins Fahrzeug eindringt, können die Batterie und die Elektronik Schaden nehmen“, sagt Katja Legner vom ADAC. „Das gilt für Verbrenner und Elektrofahrzeuge gleichermaßen.“

Wer aber zu schnell durch Wasser fährt, riskiert, dass der Wagen aufschwimmt und die Bodenhaftung verliert. Normale Pkw und auch die meisten SUV sind dem ADAC zufolge nur für eine maximale Wassertiefe von 20 bis 25 Zentimetern bei langsamer Geschwindigkeit ausgelegt. „Steht das Wasser höher, ist es nicht auszuschließen, dass das Fahrzeug liegen bleibt“, sagt Katja Legner.

Weit dramatischer als die Schäden am Fahrzeug kann es für die Insassen werden, wenn ein Auto droht, unterzugehen. „Die größte Gefahr ergibt sich durch den Wasserdruck, der dann verhindert, dass sich die Türen öffnen lassen“, sagt Frank Hachemer vom Deutschen Feuerwehrverband (DFV).

Wichtig sei deshalb, ein Fenster beziehungsweise das Schiebedach zu öffnen - möglichst bevor das Fahrzeug untergehe, spätestens aber beim Einsinken. „Das Wasser muss ins Fahrzeug hinein. Das kann überlebenswichtig sein, denn nur so gelingt ein Druckausgleich“, sagt Hachemer.

Da moderne Autos jedoch nur noch mit elektrischen Fensterhebern ausgestattet sind, hilft im Notfall nur noch ein Rettungshammer, um eine Seitenscheibe zu zertrümmern. „Seitenscheiben lassen sich in der Regel auch einfacher einschlagen als die Frontscheibe, die aus Verbundglas besteht“, sagt Hachemer. So einen Rettungshammer (Kosten: ca. 10 Euro), der meist auch einen Gurtschneider beinhaltet, haben allerdings nur die wenigsten Autofahrer an Bord.

Damit Autofahrer sich gar nicht erst in die Gefahr von möglichen Hochwasserrisiken begeben, rät Frank Hachemer zu einer defensiven Fahrweise: „Kann man nicht abschätzen und sehen, wie tief das Wasser an einer überfluteten Straße steht, sollte man lieber einen anderen Weg nehmen.“ Die Gefahr sei sonst groß, dass der Wagen an der tiefsten Stelle liegen bleibe - mit möglicherweise dramatischen Folgen.

Besonders gefährlich seien Unterführungen, die mit Wasser vollgelaufen sind - denn hier sei die Wassertiefe besonders schwer abzuschätzen: „Auch hier ist im schlimmsten Falle ein Ertrinken möglich“, sagt Hachemer.

Wird ein parkendes Fahrzeug von Hochwasser eingeschlossen, sind die Folgeschäden zunächst schwer abzuschätzen. „Wenn das Wasser bis über den Türschweller und sogar in den Innenraum eingedrungen ist, sind Schäden sehr wahrscheinlich“, sagt Katja Legner. „In diesen Fällen ist es ratsam, alle Bauteile, die mit Wasser in Kontakt gekommen sind, in der Werkstatt prüfen zu lassen.“ Dazu zähle beispielsweise auch der Gurtstraffer.

„Der wichtigste Rat in solchen Fällen: keine Folgeschäden riskieren.“ Also das Auto gar nicht erst starten und bei Bedarf zum nächsten trockenen Ort schieben oder abschleppen lassen. Dann die Batterie abklemmen und den Wagen zur Werkstatt bringen lassen.

Je nachdem, wie hoch der Wasserpegel lag sei und wie lange der Wagen darin gestanden hat, sind schwere Schäden zu befürchten. Ist ein Fahrzeug einmal komplett untergegangen, muss man von einem wirtschaftlichen Totalschaden ausgehen, so Legner.

Wer von einem Hochwasserschaden betroffen ist, sollte in jedem Fall auch sofort seine Kfz-Versicherung kontaktieren. Die Teilkasko kommt für Schäden auf, die entstanden sind, wenn das Fahrzeug in einem Hochwassergebiet abgestellt wurde und keine Möglichkeit bestand, den Wagen rechtzeitig zu entfernen, erläutert Katja Legner.

Wer jedoch auf einer überschwemmten Straße unterwegs ist und dadurch Wasser in den Motor eindringt, wird den Schaden nur über eine Vollkasko abwickeln können. Hier gelte das Fahrverhalten als Schadensursache, so Legner.

Durch Hochwasser gefährdete Bereiche sind in der Regel durch entsprechende Warnschilder ausgezeichnet, sagt Frank Hachemer. In der Nähe von Ufern gibt es oft auch solche, die mit Piktogramm eines stürzenden Pkw und Wellen auf eine Hafenkante oder Uferbereiche hinweisen. Wer hier parkt, sollte den Wetterbericht beachten.

Generell hat die Gefahr durch Überschwemmungen in Folge von Starkregen in den letzten Jahren zugenommen. Besonders hoch ist sie, wenn es über einen längeren Zeitraum sehr warm ist. „Dann kann die Atmosphäre mehr Feuchtigkeit aufnehmen und die Schauer fallen zum Beispiel bei einem Hitzegewitter besonders stark aus“, sagt Sebastian Wache vom Wetterdienst Wetterwelt aus Kiel.

Von Starkregen sei die Rede, wenn mehr als 15 Liter pro Quadratmeter pro Stunde fallen. Wirklich extrem seien Niederschläge von 40 Liter oder mehr pro Stunde. Die große Gefahr geht von der Menge an Niederschlag in so kurzer Zeit aus. Da es nicht selten vorher länger trocken war, sind die Böden dann nicht in der Lage, das Wasser aufzunehmen. „Somit versickert das Wasser nicht und es kommt schnell zu Überflutungen“, sagt der Meteorologe. Auch die vielen versiegelten Flächen in Städten und Straßen ließen das Wasser schlecht ablaufen.

Erwischen kann es jede Region, gleichwohl gibt es Gebiete, die eher betroffen sind. „Der Osten Deutschlands ist an sich eine eher trockenere Region mit weniger Starkregenereignissen. Süddeutschland wiederum steht im Sommer auch unter dem Zustrom an Luftmassen aus dem Mittelmeer. Da ist die Luft feuchter und wärmer, was lokal zu starken Schauern führen kann“, sagt Wache.

Autofahrer könnten fast von einer Sekunde auf die anderen in „weiße Wände“ geraten. Die bilden sich, wenn sich die Luft in den Schauerwolken sehr schnell abkühlt. „Selbst die stärkste Stufe der Scheibenwischer kommt damit nicht klar und bei nicht angepasster Geschwindigkeit droht sehr schnell Aquaplaning“, sagt Wache.

Dann gilt laut ADAC: Runter vom Gas und Licht einschalten. Dazu auf Spurrillen achten und versetzt zu ihnen fahren. Schwimmt das Auto auf: „Nicht lenken, nicht bremsen, nicht beschleunigen, keine hektischen Fahrmanöver“, rät der Autoclub online: „Fahrzeug ausgekuppelt rollen lassen, Lenkrad gerade halten bis die Reifen wieder Kontakt zur Fahrbahn haben.“

© dpa-infocom, dpa:220516-99-308335/4

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