Junge Frau verbringt die ersten Tage ihres Studiums in Ansbach im Auto | FLZ.de

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Veröffentlicht am 29.07.2022 19:14

Junge Frau verbringt die ersten Tage ihres Studiums in Ansbach im Auto

Akuter Wohnungsmangel für Studierende. Michelle Schulz verbrachte die Einführungstage ihrer Hochschule im Auto. (Foto: Stefanie Unbehauen)
Akuter Wohnungsmangel für Studierende. Michelle Schulz verbrachte die Einführungstage ihrer Hochschule im Auto. (Foto: Stefanie Unbehauen)
Akuter Wohnungsmangel für Studierende. Michelle Schulz verbrachte die Einführungstage ihrer Hochschule im Auto. (Foto: Stefanie Unbehauen)

Dass Mieten in Großstädten und Ballungsräumen seit Jahren steigen, ist kein Geheimnis. Aber auch in kleineren Städten und auf dem Land ziehen die Preise an. Das ist für Geringverdiener ein Problem - und auch für Familien, Studierende und Azubis.

Der Start des Studiums ist für viele junge Menschen mit einem Umzug in eine andere Stadt verbunden. Laut einer Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) von 2018 wohnt nur ein Viertel aller Studierenden bei den Eltern. Der Rest lebt in Wohngemeinschaften, der eigenen Wohnung oder mit dem Partner zusammen. Seit es wieder mehr Präsenz- statt Digitalveranstaltungen an den Hochschulen gibt, ist der ohnehin schon knappe Wohnraum noch mehr Mangelware.

Auch für die Ansbacher Studentin Michelle Schulz war die Wohnungssuche im Oktober 2020 schwieriger als gedacht. Während es in Städten wie Berlin Hunderte von Angeboten gab, waren es in Ansbach gerade einmal neun Inserate. „In Dresden, wo ich herkomme, habe ich nur 180 Euro für mein WG-Zimmer gezahlt, in Ansbach konnte ich nicht mal ein Zimmer mit zehn Quadratmetern für unter 300 Euro finden“, sagt sie. Aktuell kostet der Quadratmeter in Ansbach durchschnittlich 9,51 Euro.

Von Dresden aus zu pendeln, war keine Option. Umso dankbarer war Michelle Schulz für die Online-Vorlesungen, die im Wintersemester 2020/2021 stattfanden. Lediglich für die Kennenlerntage musste sie vier Tage in Ansbach sein. Weil ein teures Hotelzimmer für sie nicht infrage kam, nahm sie den Kleinbus ihres Vaters, um darin zu übernachten. Für zwei Euro konnte sie im Schwimmbad nebenan duschen: „Anfang Oktober hatte es nachts nur zwei bis drei Grad, es war unmenschlich kalt.“

Auch wenn es nur vier Tage waren - die Studentin war froh, als sie wieder daheim im Warmen schlafen konnte. Allerdings: „Es hat mich zunehmend fertig gemacht, nicht endlich von zu Hause ausziehen zu können. Ich hing in der Luft“, erinnert sich die Dresdnerin: „Einerseits hatte ich in Ansbach bereits ein neues Leben angefangen, andererseits war ich immer noch weit weg in Dresden. Ich wollte endlich ankommen.“ Mittlerweile hat die junge Frau eine WG in Ansbach gefunden.

Für Familien auf dem Land gestaltet sich die Wohnungssuche ebenfalls recht schwierig. Christina Korbacher sucht mit ihrem Ehemann und dem neugeborenen Sohn eine größere Wohnung. „Es gibt wenig Angebote und die Preise schießen leider durch die Decke“. Und natürlich müsse eine Wohnung auch zur Familienkonstellation passen, betont die 26-jährige Krankenschwester. Haustiere erschwerten die Suche: „Wir haben eine Katze und wollen einen Hund“. Aber viele Vermieter seien gegen Tiere.

Die Direktorin des Deutschen Mieterbunds, Melanie Weber-Moritz, fordert deshalb „viel mehr bezahlbaren Wohnraum“ - einerseits für Studierende, aber auch für Rentner, Familien und Einkommensschwache. „Bauen im Luxussegment hilft hier nicht weiter“, sagt sie. Um die Situation zu verbessern, brauche es einerseits mehr bezahlbaren Wohnraum und andererseits mietrechtliche Regeln, die dafür sorgen, dass Wohnraum, der jetzt noch bezahlbar ist, auch bezahlbar bleibt.

Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen bestätigt: „Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ist eines der wichtigsten Anliegen der Staatsregierung.“ Der Freistaat habe seine Anstrengungen mit der Wohnungsbauoffensive „noch weiter verstärkt und nimmt viel Geld in die Hand“. So stünden 2022 für die Programme der Wohnraumförderung insgesamt ungefähr 864 Millionen Euro zur Verfügung. Auch der Zuschuss für Familien mit Kindern wurde auf 5000 Euro je Kind verdoppelt, hieß es.

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