FLZ-Auszeichnung: Ruth Heisinger ist Ehrenamtliche des Monats November | FLZ.de

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Veröffentlicht am 18.12.2025 18:17

FLZ-Auszeichnung: Ruth Heisinger ist Ehrenamtliche des Monats November

Engagement ist ein wichtiger Teil von Ruth Heisingers Leben. (Foto: Andrea Walke)
Engagement ist ein wichtiger Teil von Ruth Heisingers Leben. (Foto: Andrea Walke)
Engagement ist ein wichtiger Teil von Ruth Heisingers Leben. (Foto: Andrea Walke)

Wenn man sich engagiert und seine Sache gut macht, lassen das nächste und übernächste Projekt meist nicht lang auf sich warten. Das gilt auch für Ruth Heisinger. Seit Jahrzehnten engagiert sich die heute 75-Jährige für die Gesellschaft. Dafür wurde sie jetzt von der Jury mit dem FLZ-Ehrenamtspreis für November ausgezeichnet.

Alles aufzuzählen, was Ruth Heisinger gemacht hat, würde den Rahmen sprengen, deshalb nur einige Beispiele: Ab Ende der 1970-er Jahre leitete sie Kuren für Kinder, organisierte für Kolping Mutter-Kind-Freizeiten und Frauenseminare. Später engagierte sie sich als ehrenamtliche Richterin am Verwaltungsgericht Ansbach sowie am Sozialgericht in Nürnberg, war Mitglied des Kolping-Orts- und Diözesanvorstands, half bei der Schüler-Mittagsbetreuung und im Kleiderlager der Caritas, beim Lions Flohmarkt in Ansbach und beim Charity Flohmarkt in Rügland. Bei der Caritas sitzt sie inzwischen im Vorstand und auch im Alpenverein ist sie da, wenn Hilfe gebraucht wird.

Die eigenen Fähigkeiten einsetzen

Ruth Heisinger ist ausgebildete Textil-Einzelhandelskauffrau sowie Hauswirtschaftsmeisterin, früher unterrichtete sie an den Berufsfachschulen in Ansbach und Neuendettelsau Kochen und Hauspflege in Teilzeit. Als ihre Schwiegereltern pflegebedürftig wurden, absolvierte sie einen Altenpflegekurs, „damit ich gewusst habe, wie ich mit ihnen umgehen muss”. Daneben zog sie drei Kinder groß. Den Beruf gab sie schließlich auf - er wurde von den Ehrenämtern abgelöst.

Zu ihrem Engagement brachte sie letztlich eine Bibelstelle, in der es heißt, „dass jeder Gaben und Fähigkeiten hat, die er einsetzen kann”. Sie kam zu dem Schluss: „Organisieren kannst du. Helfen kannst du auch. Da wird es schon etwas geben. Und immer, wenn ich eine Aufgabe abgegeben habe, ist gleich die nächste gekommen.” Bis heute orientiert sie sich an einem Zitat von Adolph Kolping: „Die Nöte der Zeit werden euch zeigen, was ihr tun sollt.”

Als ihre jüngste Tochter zweieinhalb Jahre alt war, fand Ruth Heisinger eine Aufgabe, die sie über viele Jahre beschäftigen sollte: „Mir ist bewusst geworden, dass die Familien viele Kindersachen haben, die nicht abgetragen sind.” Also veranstaltete sie den ersten Basar in Ansbach, zunächst im Pfarrsaal von Christkönig. „Der war gleich beim ersten Mal zu klein.” So landete man irgendwann im Onoldiasaal. Ganze 50 Mal zog Heisinger zweimal jährlich die Veranstaltung durch, die sich zum Erfolgskonzept entwickelte - in den ersten 13 Jahren als Hauptverantwortliche. Sie begeisterte auch andere: „Ich hatte bis zu 140 Mitarbeiter pro Basar.” Das Telefon zu Hause stand selten still - auch der Rest der Familie musste ran. „Meine Kinder und mein Mann waren meine Sekretärinnen. Manchmal waren sie schon etwas genervt.” Heute gibt es die Veranstaltung nicht mehr. „Am Schluss hat es sich nicht mehr gelohnt.”

Rufbereitschaft für das Ansbacher Frauenhaus

Seit 1991 unterstützt Ruth Heisinger das Ansbacher Frauenhaus unter dem Dach der Caritas. Auslöser war für sie ihre Bekanntschaft mit einer jungen Frau. Diese war im Waisenhaus aufgewachsen und einen Tag nach ihrer Hochzeit von ihrem Mann zum Krüppel geschlagen worden. „Das war für mich Grund genug, vom allerersten Tag an, als in Ansbach ein Frauenhaus eröffnet wurde, mitzumachen.” Am Anfang packte sie überall mit an, half bei der Kinderbetreuung im Haus oder sogar bei Umzügen, wenn die Frauen eine eigene Wohnung gefunden hatten. Heute liegt ihr Schwerpunkt auf den Rufbereitschaftsdiensten. In der Nacht, an Feiertagen und Wochenenden sorgen die Ehrenamtlichen dafür, dass schutzsuchende Frauen rund um die Uhr aufgenommen werden können.

Das Wichtigste an ihrer Arbeit sei, zuzuhören und auf die jeweilige Situation angemessen zu reagieren, betont Heisinger. Der erste Kontakt erfolgt meist telefonisch. Dabei wird der Frau erklärt, welche Schritte sie unternehmen kann. Wenn es notwendig ist, wird sie mit ihren Kindern im Frauenhaus aufgenommen oder - bei Platzmangel - an ein anderes Frauenhaus vermittelt. Weil der Standort anonym ist, werden die Betroffenen in der Regel an einem vereinbarten Treffpunkt abgeholt. Im Frauenhaus angekommen, versorgen die Ehrenamtlichen Frauen und Kinder mit dem nötigsten - Kleidung, Essen und einem Zimmer. Am nächsten Tag übernehmen die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen. Ihre Arbeit bringt es mit sich, dass Heisinger immer wieder von schlimmen Schicksalen erfährt. Wie schützt man sich selbst emotional? „Am Anfang habe ich mehr Nähe von den Frauen zugelassen und mehr Anteil genommen”, erzählt sie. „Jetzt kann ich mich mehr abgrenzen.”

Mitten in der Nacht geflohen

Wenn sie merkt, dass sie jemandem wirklich helfen konnte, gibt ihr das auch Jahre später noch ein gutes Gefühl. So wie im Fall einer jungen Osteuropäerin. Die ausgebildete Krankenschwester war mit einem Mann nach Deutschland gekommen, weil sie ihm seine Lügen geglaubt hatte. Dort lebte sie mit ihm unter ärmsten Bedingungen. „Sie hat versucht, mit den wenigen Mitteln, die sie hatte, die Wohnung schön zu machen”, erinnert sich Heisinger. Doch eines Tages kam der Mann angetrunken nach Hause, randalierte und machte alles kaputt. „Da hat sie sich im Heizungskeller versteckt.”

Mitten in der Nacht floh die Frau - ihre Arbeitskolleginnen im Krankenhaus stellten dann den Kontakt zum Frauenhaus her. Abwechselnd eskortierten die Mitarbeiterinnen der Hilfseinrichtung sie fortan zur Arbeit und zurück, denn der Mann versuchte, sie abzupassen, er hatte sogar ein Gewehr dabei. „Ich habe sie mit Hut und Schirm verkleidet”, denkt Heisinger zurück. „Wenn wir an ihm vorbei waren, haben wir beide gelacht, weil wir ihn wieder hereingelegt hatten.” Auch später hatte die Frau immer wieder Pech mit Männern - aber sie kämpfte sich durch: Sie bildete sich weiter, studierte und arbeitet heute als Ärztin.

Ohne die Unterstützung ihrer Familie wären die vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit nicht möglich, das ist Ruth Heisinger bewusst. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass sich mehr Menschen für ein Ehrenamt entscheiden: „Es hat jeder zwei bis drei Stunden im Monat Zeit - damit kann man einsteigen und ein bisschen was machen.”

Für ihr Engagement wird Ruth Heisinger bei der Aktion „Mein Ehrenamt” mit dem Preis für den Monat November ausgezeichnet. Sie kennen auch eine Person aus der Region, deren ehrenamtliches Engagement einen Preis verdient hätte? Dann schlagen Sie sie über unser Bewerbungsformular vor. Hier finden Sie alles zur Aktion.


Andrea Walke
Andrea Walke
... ist Redakteurin in der Lokalredaktion Ansbach und seit Dezember 2012 bei der FLZ. Sie fühlt sich in Rathäusern genauso wohl wie in Gerichtssälen und trifft am liebsten Menschen, die eine interessante Geschichte zu erzählen haben. Seit 2017 betreut sie redaktionell die Aktion "FLZ-Leser helfen".
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