Treffen EL6 und ET5 Touring den hiesigen Geschmack? | FLZ.de

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 14.11.2023 04:46

Treffen EL6 und ET5 Touring den hiesigen Geschmack?

Elektrisch reisen: Der Nio ET5 Touring kommt theoretisch mit einer Ladung rund 560 Kilometer weit. (Foto: Nio/dpa-tmn)
Elektrisch reisen: Der Nio ET5 Touring kommt theoretisch mit einer Ladung rund 560 Kilometer weit. (Foto: Nio/dpa-tmn)
Elektrisch reisen: Der Nio ET5 Touring kommt theoretisch mit einer Ladung rund 560 Kilometer weit. (Foto: Nio/dpa-tmn)

Nio drückt weiter aufs Tempo. Zwar sind die Chinesen jetzt gerade mal ein Jahr in Deutschland. Doch haben sie mittlerweile mehr Elektroautos am Start als manche etablierte Marke.

Und es geht munter weiter. Nio hat zwei weitere Neuheiten am Start, die ganz gezielt auf die Bedürfnisse der europäischen Kundschaft zugeschnitten sind.

Als elektrischer Business-Kombi kommt der ET5 Touring ab 59.500 Euro (Preis mit dazu gekaufter 75-kWh-Batterie) noch vor Konkurrenten wie dem BMW i5 Touring oder dem VW ID.7 Tourer auf den Markt.

Und weil das Oberklasse-SUV EL7 vielen ein wenig zu groß geraten ist, folgt parallel zum ET5 Touring der EL6. Der ist mit 4,85 Metern ein paar Zentimeter kürzer als sein großer Bruder EL7 und mit 65.500 Euro (Preis mit dazu gekaufter 75-kWh-Batterie) vor allem rund 20.000 Euro billiger.

Neue Plattform mit besserem Feintuning

Beide Autos teilen sich eine gemeinsame Plattform, die gegenüber den bisherigen Modellen zum Teil deutlich aktualisiert wurde.

Im Kleinen: Weil das Zusammenspiel der Assistenzsysteme nun etwas ausgewogener funktioniert und die Abstimmung von Lenkung und Fahrwerk etwas harmonischer ist. Haben die Chinesen bislang vor allem auf gute Zutaten vertraut, haben sie jetzt auch das richtige Rezept gefunden, um daraus ein angenehmes, weil gelassenes und trotzdem präzises Fahrerlebnis zu machen.

Und im Großen: Weil die Chinesen auf die Kritik an der Ladeleistung reagiert haben. Wo bis dato am Gleichstrom bei 140 kW Schluss war, nehmen die Zellen den Strom nun mit bis zu 180 kW auf. Das verkürzt die Standzeit für die ersten 80 Prozent Akkuladung von 40 auf 30 Minuten.

Dabei hat Nio eigentlich gar keine Eile - zumindest in der Theorie. Schließlich wächst zwar sehr langsam aber dafür stetig das Netz der Wechselstationen, an denen Roboter binnen drei Minuten die leeren gegen volle Akkus tauschen. Wer das Glück hat, regelmäßig eine dieser aktuell sieben „Swapstations“ zu passieren, der lacht nur über die Ladezeiten anderer Elektroautos.

Ohren auf, Augen zu

Aber nicht nur beim Ladetempo beweist Nio, wie schnell die Chinesen auf Kritik reagieren - und wie pragmatisch ihre Lösungen sind. Denn weil sich auch viele Europäer von der glubschäugigen Nomi auf dem Armaturenbrett beobachtet gefühlt haben, gibt's ET5 Touring und EL6 nun auch ohne diesen Knubbel auf dem Armaturenbrett. Wenngleich die Funktion dieses digitalen Assistenten mit einer mittlerweile deutlich verständigeren Sprachsteuerung erhalten bleibt.

So haben die Chinesen die Ohren beim Kunden und die Augen jetzt zu. Was sie allerdings nicht geändert haben, ist die leidige Einstellung: Die Sitze können zwar noch mit Knöpfen justiert werden. Doch Spiegel und Lenkrad werden ausschließlich über den Touchscreen angesteuert. Immerhin braucht man diesen nicht auch zum Öffnen des Handschuhfachs: Das hat sich Nio nämlich - genau wie die sonst mittlerweile gängige Ablage unter der Fronthaube (Frunk) - leider gleich ganz gespart.

Ob mit Nomi oder ohne - es bleibt bei einem nüchternen, aber noblen Ambiente, bei ausreichend Platz auf allen Plätzen und einer - wie so oft beim Elektroauto - etwas zu hohen Sitzposition. Im EL6 passt das, weil man im SUV ja ohnehin den Rest überragt. Aber im ET5 würde man sich etwas mehr Bodennähe wünschen.

Die Nios fahren flott und weit

Beim Fahren geben sich die beiden Modelle keine Blöße: Hier wie dort gibt es zwei E-Maschinen mit zusammen 360 kW/490 PS und zwei Akku-Varianten mit 75 oder 100 kWh.

Das reicht im ET5 für einen Sprint von 0 auf 100 km/h in 4,0 Sekunden, ein Spitzentempo von 180 km/h und für Reichweiten von bestenfalls 560 Kilometern. Für den EL6 stehen wegen des höheren Gewichts und der weniger schnittigen Form 4,5 Sekunden, 180 km/h und 529 Kilometer im Datenblatt.

Das SUV ist der praktischere Kombi

Während sich die Modelle dem Fahrer ganz ähnlich präsentieren, gibt es hinten naturgemäß spürbare Unterschiede - und das SUV sticht dabei den Touring aus. Ja, der Kombi sieht eleganter aus, hat aber den kleineren Kofferraum: 450 bis 1300 statt 579 bis 1430 Liter.

Anders als der EL6 mit gleich drei Ladeböden, hat der Kombi zudem die geringere Variabilität. Und Details wie eine Fernentriegelung für die Rückbank, die etwa bei den Kombi-Dauerbrennern aus Deutschland Standard sind, sucht man bei diesem Touring vergebens.

Solange der E-Kombi alleine ist auf weiter Flur, kann sich Nio das vielleicht noch leisten. Doch mit zunehmender Konkurrenz wird sich der ET5 Touring da schwerer tun.

Platzangebot zum Nulltarif - sonst viel Rechnerei

Wobei es noch ein Argument gibt, das ungesehen für den Nio spricht. Denn während die Deutschen auch in der E-Welt ihre traditionellen Aufpreise durchdrücken werden, gibt's das größere Platzangebot bei den Chinesen zum Nulltarif: Egal ob Limousine oder Touring - der Preis bleibt derselbe.

Das ist allerdings das einzig Unkomplizierte an der Nio-Preisliste. Weil die Chinesen lieber Abos verkaufen als Autos und auch die Batterie separat anbieten, braucht man schon mathematisches Geschick für die richtige Wahl. So kostet der ET5 mindestens 47.500 Euro - ohne Akku. Den kauft man je nach Kapazität für 12.000 oder 21.000 Euro dazu oder mietet ihn für 169 oder 289 Euro im Monat.

Und als wäre das nicht schon kompliziert genug, kann man auch das ganze Auto für Flatrates ab 1119 oder 1249 Euro im Monat fahren.

Beim EL6 ist es das gleiche Spiel, nur mit anderen Zahlen. Dort beträgt der Grundpreis 53.500 Euro, die Batterien sind gleich teuer und die Flatrates beginnen bei 1179 oder 1309 Euro.

Fazit: In Europa angekommen

Ja, die Preisliste ist kompliziert und der prompte Akkutausch an den „Swapstations“ bis dato eher ein theoretischer Vorteil. Aber nachdem Nio mit seinen ersten beiden Luxusmodellen ET7 und EL7 eher um Aufmerksamkeit gebuhlt hat, ist der chinesische Autobauer mit ET5 und EL6 in Europa angekommen.

Denn beide Modelle haben das richtige Format und mit dem eigens für die Europäer entwickelten Kombi hat Nio obendrein aktuell noch eine Alleinstellung am Markt. Und wenn der Hersteller weiter so schnell und so konsequent auf die Kritik der Kunden reagiert wie bei Nomi & Co, dann könnten selbst ein paar eingefleischte Audi-, BMW- oder Mercedes-Fahrer ob der ganzen Aufmerksamkeit schwach werden.

Datenblatt: Nio ET5 Touring / Nio EL6

© dpa-infocom, dpa:231113-99-932530/2


Von dpa
north