„Ich will das wirklich“: Bad Windsheimerin startet in den USA durch | FLZ.de

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 04.10.2022 07:46

„Ich will das wirklich“: Bad Windsheimerin startet in den USA durch

Chiara Caputo verfolgt ihre Träume. (Foto: Jennifer Fischer)
Chiara Caputo verfolgt ihre Träume. (Foto: Jennifer Fischer)
Chiara Caputo verfolgt ihre Träume. (Foto: Jennifer Fischer)

Wenn Träume wahr werden, steckt da oft nicht nur ein bisschen Glück dahinter, sondern auch harte Arbeit. Das weiß Chiara Caputo aus eigener Erfahrung. Derzeit lebt die 29-jährige Bad Windsheimerin in Atlanta, USA, treibt dort ihre Karriere als Model, Tänzerin und Schauspielerin voran – mit Erfolg. Geplant war das nicht.

Ein Leben ohne den Tanz? Für Chiara Caputo unvorstellbar. Er gehört quasi zu ihrer DNA, begann sie doch schon mit fünf Jahren damit, durchtanzte beispielsweise sämtliche Garden der Karnevalsgesellschaft Windshemia.

„Wir waren jeden Tag woanders“

Nach ihrer Ausbildung zur Bankkauffrau im heimischen Bad Windsheim zog es Caputo 2013 an die Stage School nach Hamburg, wo sie sich zur staatlich anerkannten Bühnendarstellerin ausbilden ließ. Im Anschluss erarbeitete sie sich das Diplom der renommierten Schule Laine Theatre Arts in London, ehe sie ihre erste große Hauptrolle ergatterte. Mit dem Musical Saturday Night Fever tourte sie durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. „Wir waren jeden Tag woanders“, erzählt die 29-Jährige.

Dann der Zuschlag für eine Rolle in der Pferdeshow Cavalluna, doch kurz vor Start der Veranstaltungen sprangen zwei Hauptsponsoren ab. „Dann haben wir praktisch alle unseren Job verloren.“ Caputo wird als Tänzerin beim Kreuzfahrtschiff Aida angenommen. „Doch dann kam Covid.“ In Köln wohnend, gibt die 29-Jährige Tanz-Klassen für Schüler des Tanzhauses in Ansbach, in dem sie früher selbst Unterricht genommen hatte.

Neue Chancen in den USA

2021 dann fällte Caputo eine, wie sie erst später merken sollte, weitreichende Entscheidung. Ursprünglich wollte sie für drei Monate mit einem Touristenvisum nach Atlanta, USA, reisen, um ihren Partner, der dort als Stuntman arbeitet, zu besuchen und Urlaub zu machen. Waren die Jobaussichten zu dieser Zeit in Deutschland allerdings noch gleich Null, ging dort „alles wieder los“. Warum also nicht bleiben und arbeiten? Gemeinsam organisierten sie eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für die 29-Jährige.

Caputo nahm nun in den USA an sogenannte Auditions teil, sprach für Jobs vor und wollte auch das Modeln, das in Deutschland vor Corona gut angelaufen war, weiter vorantreiben. Im Juni dann der erste dicke Fisch: ein Werbe-Job für die Hautpflege-Marke Cerave in New York. Tausende würden sich da vorstellen wollen, Skepsis, ob sich eine Bewerbung überhaupt lohnen würde, machte sich breit.

„Diese Mentalität musste ich abstellen“, sagt Chiara Caputo, „mein Job ist es zu modeln und zu tanzen. Aber nicht zu entscheiden, ob ich es wert bin, den Job zu bekommen oder nicht.“ Die 29-Jährige kam unter die letzten Fünf, durfte zum Casting reisen und bekam schließlich die Zusage. „Ich war so überrascht“, macht sich heute noch ein breites Grinsen in ihrem Gesicht breit.

Technisch viel lernen in Los Angeles

Zurück in Atlanta durfte ihr Partner im Juli für 1,5 Monate nach Los Angeles für einen Auftrag. Caputo entschied sich mitzufliegen. „Einfach in LA sein ist schon cool. Dort hast du die Elite-Tanzschulen. Technisch konnte ich da so viel lernen und verfestigen.“ Einen Werbe-Spot gegen das in den USA geänderte Abtreibungsgesetz drehte sie dort unter anderem, „Aufträge mit Zweck“, die mag Caputo, „da muss mehr Fokus darauf gelenkt werden“.

Dass sie trotz der kurzen Zeit in Los Angeles „Fuß fassen“ konnte, gab ihr Hoffnung. „Es ist wirklich schwer auszuwandern. Man denkt sich: Klappt das alles? Bekomme ich permanent Jobs?“ Es sei schwierig, in einem neuen Land zu sein. Gerade in ihrem besonderen Fall.

Von niemandem richtig verabschiedet

Aktuell könnte sie ohnehin nicht nach Deutschland einreisen, müsse auf ihre Reiseerlaubnis warten, sonst würde sie im Anschluss nicht mehr in die USA zurück können. „Ich bin unter einer anderen Prämisse hergekommen“, erklärt Caputo, „hatte mein ganzes Leben in Köln und hab zu niemandem richtig Tschüss gesagt, weil ich nicht dachte, dass ich nicht mehr wiederkomme. Das ist die Schattenseite.“

Trotzdem würde sie sich jederzeit wieder so entscheiden. Und zurück nach Deutschland? Für einen Urlaub auf jeden Fall, sagt Chiara Caputo. „Aber ich lebe hier wirklich gerne. Es fängt hier gerade erst richtig an.“

Viel liegt an einem selbst

Denn seitdem sie ihre Arbeitserlaubnis hat, kommen die Jobs rein. „Viel liegt in der Branche an einem selber. Es ist hart, aber wenn man dran bleibt, läuft das auch.“

Im ersten Jahr an der Hamburger Stage School habe sie noch zu einer Freundin gesagt: Irgendwann gehe sie mal nach London und arbeite in New York. Gemacht habe sie beides. „Die ganze Arbeit über die vielen Jahre fängt jetzt an, sich auszuzahlen“, sagt Chiara Caputo, die sich sicher ist: Ein Teil von ihr habe schon immer gewusst, „dass ich etwas Großes machen will“.

Disziplin ist wichtig

Freilich gebe es so viele, die besser seien als sie, „aber ich hab definitiv einen Drive. Ich will das wirklich“. Nur wenn man den habe, überlebe man „die Zeiten, in denen es eben nicht läuft“. Disziplin sei wichtig, „man kann die Hoffnung nie aufgeben“. Deshalb rät Caputo auch jedem anderen, der unzufrieden ist: „Fang etwas Neues an.“ Alter und Zeit seien ein Konzept und man lebe schließlich nur einmal. „Es gibt eine Nachfrage für alles.“

Künftig würde die 29-Jährige gern in Vollzeit schauspielern und modeln. Derzeit habe sie etwa ein oder zwei Jobs pro Woche. Das Tanzen würde Caputo trotzdem „niemals aufhören“, trainiert aktuell fünf Mal pro Woche etwa drei, vier Stunden am Tag. Und ein weiteres großes Ziel: „Einmal am Broadway spielen.“

Anna Franck

north