Der Audi Concept C wirft den Blick zurück - und nach vorn | FLZ.de

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Veröffentlicht am 30.12.2025 00:08

Der Audi Concept C wirft den Blick zurück - und nach vorn

Schöne neue Welt: Noch kein Serienauto - doch wie ein sehr sportliches aussehen könnte, zeigt Audi mit dem Concept C. (Foto: Audi AG/dpa-tmn)
Schöne neue Welt: Noch kein Serienauto - doch wie ein sehr sportliches aussehen könnte, zeigt Audi mit dem Concept C. (Foto: Audi AG/dpa-tmn)
Schöne neue Welt: Noch kein Serienauto - doch wie ein sehr sportliches aussehen könnte, zeigt Audi mit dem Concept C. (Foto: Audi AG/dpa-tmn)

Audi steht unter Druck. Beispiele gefällig? Der Start des elektrischen Q6 wurde verstolpert, die aktuelle Designsprache wirkt erstarrt und die Modellbezeichnungen sind zuweilen chaotisch. Selbst die umfangreiche Produktoffensive mit zahlreichen Neuheiten kann diese Herausforderungen nur teilweise kompensieren. Nun plant Audi einen Neuanfang - zurück zum Vorsprung durch Technik. 

Concept C heißt der Bote dieser neuen Zeit, der viel mehr ist als der Ausblick auf einen elektrischen Nachfolger für die Sportwagen TT und R8. Dummerweise hat Audi in den letzten Jahren schon zu viele Studien gezeigt und zu viele Versprechen gebrochen, als dass man ihnen ihre ernsthaften Ambitionen diesmal abnehmen würde.

Um Glaubwürdigkeit bemüht, haben sie deshalb diesmal nicht einfach nur ein Schaustück gebaut. Sondern damit man ihnen doch bitteschön glaubt, dass der Zweisitzer mit versenkbarem Hardtop tatsächlich in zwei Jahren an den Start geht, fährt die Studie schon jetzt fast wie ein richtiges Auto.

Sie hat ein richtiges Kennzeichen, und zumindest unter Aufsicht gibt Audi ausgewählten Gästen auch den Schlüssel. Nicht im Rampenlicht auf der IAA in München, sondern nun ganz „in echt“ steht der erfreulich kurze Zweisitzer jetzt auf einer einsamen Bergstraße in den Dolomiten und bittet zur ersten Ausfahrt.

Frische Formen und alte Inspirationen

So groß Vorfreude und Verlockung sind, muss man sich erst aber noch mal ein paar Minuten zur Ruhe zwingen und das Auto auf sich wirken lassen. Denn das Concept C sieht tatsächlich ganz anders aus als alle Audis vor ihm - gut, zumindest als die jüngeren. Der ewig variierte Singleframe-Grill ist diesmal wirklich Geschichte. Genauso wie die überzeichneten Flächen an der Flanke und dem Heck.

Stattdessen gibt es eine schlichte, klare Linienführung, knackige Proportionen und vor allem ein neues Gesicht. Oder besser ein wieder entdecktes. Denn auf der Suche nach dem richtigen Stil für die Zukunft haben die Bayern ganz weit in die Vergangenheit geschaut und sich an die Grand-Prix-Wagen der 1930er-Jahre erinnert. Dort haben sie sich zum neuen Vertical Frame inspirieren lassen, der schmal und senkrecht am Bug steht.

Und von den Rennwagen stammen auch die Kühlrippen, die das Heck zieren. Selbst wenn hier nicht bis zu 16 Zylinder toben, sondern ein Akku installiert ist, der zugunsten der ausgewogenen Balance diesmal nicht flach im Boden steckt, sondern als großer Block aufrecht hinter den zwei Sitzen hockt.

Wie die Leica unter den Handy-Kameras

Klarheit erkennt man auch, wenn man sich in einen dieser Sitze fallen lässt, nur eine Handbreit über dem Asphalt kauert und auf eine neue Cockpit-Landschaft schaut, die wunderbar analog aussieht. Klar sind die Instrumente digital, aber schon der Touchscreen in der Mitte verschwindet die meiste Zeit im Querträger, und statt Sensorfeldern gibt es wieder richtige Tasten, die sich gut anfühlen und fein klicken, wenn man sie bedient. So wirkt dieser Sportwagen wie ein Hightech-Chronometer unter Smartwatches oder wie eine Leica unter Handycams.

Intuitiv auf der Ideallinie

Aber genug geschaut, hier geht es schließlich ums Fahren. Und das kann der Zweisitzer für ein Showcar ausgesprochen gut. Wo sonst oft kaum mehr als Schritttempo erlaubt ist, schießt das Concept C vehement nach vorn und fühlt sich dabei schon erstaunlich solide und ausgereift an.

Nicht nur, dass hier nichts klappert oder der Wind durch die Ritzen pfeift. Auch Lenkung und Fahrwerk machen bereits Lust auf mehr, weil der TT von morgen fast intuitiv dem Kurs folgt. Da helfen die knappen 4,50 Meter Länge und die für ein Elektroauto mageren 1.700 Kilo. Und selbst wenn es nicht so recht zur Tradition der Quattro-Marke passen will, ist auch der Heckantrieb kein Schaden. Während der Fahrer noch nach der Ideallinie sucht, hat das Auto sie deshalb schon gefunden und ist längst ums Eck.

Schneller als die Polizei erlaubt

Vom Antrieb ganz zu schweigen: Klar, Vollgas geht noch nicht, warnen die Entwickler, und lassen sich beim besten Willen nicht entlocken, wie viel denn später mal drin sein wird. Im ansonsten voll funktionsfähigen Display sucht man vergebens nach einer Anzeige für Reichweite oder Batteriekapazität.

Und selbst die knapp 367 kW/500 PS, die wir dem Zweisitzer vorsichtig unterstellen, weil der TT als RS-Modell zuletzt auf 294 kW/400 PS kam und E-Autos ja immer ein bisschen stärker sind, bleiben eisern unkommentiert. Aber egal, welche Zahlen am Ende ins Datenblatt kommen, fährt das Einzelstück schon jetzt schneller als die Polizei erlaubt.

Ruhe beim Rausch des Rasens

Kurz bevor diese rätselhafte Raserei ihren Reiz doch noch verlieren könnte, unterbrechen wir die Testfahrt für ein paar Sekunden und lassen – ganz so stabil ist das Showcar dann doch noch nicht – im Stand das feste Targa-Dach unter den gerippten Rücken rutschen, das später natürlich auch während der Fahrt funktionieren wird. Dann erleben wir den TT von morgen auf dem Rückweg von seiner zweiten Seite als Roadster und lernen einmal mehr um.

Denn natürlich fehlt einem der unverkennbare Sound des Fünfzylinders aus dem TT RS da noch schmerzlicher und schon ein ganz gewöhnlicher TFSI-Motor klingt leidenschaftlicher als der Magnetläufer an der Hinterachse. Doch wenn stattdessen das Zwitschern der Vögel zu hören ist und das Rauschen des Herbstlaubs im Fahrtwind, dann hat das auch was – und die Frage nach den finalen Daten rückt ein wenig in den Hintergrund.

Das Rätselraten geht weiter

Macht nichts. Denn wie schnell er am Ende tatsächlich fahren wird, wie weit er mit einer Akkuladung kommt und wie viel PS er hat – das will der Ingenieur auf dem Beifahrersitz partout noch nicht verraten. Und auch der Preis am oberen Ende der Fünfstelligkeit ist eine reine Schätzung. Ein bisschen Geduld fordern die Bayern noch ein, die Zukunft für Audi beginnt erst 2027, dann gibt’s auf alle Fragen eine Antwort.

Fazit: Mit der Klarheit könnte es klappen

Wohl niemand hat in den letzten Jahren so viel versprochen und wieder gebrochen wie die Bayern. Doch der elektrische TT-Nachfolger sieht klasse aus und fährt noch besser. Und er wirft vor allen Dingen viel, viel Ballast der letzten Jahre ab. Wenn sie diesmal Wort halten und den Wagen tatsächlich in Serie bringen, dann ist Audi wieder im Spiel.

Und wenn sie diesen Esprit dann auch noch aus der Nische in die Volumensegmente tragen, dann ist Audi nicht nur für den Wettbewerb mit Mercedes und BMW gewappnet, sondern hat auch gegen die Chinesen und gegen Tesla endlich wieder gute Karten.

© dpa-infocom, dpa:251229-930-478201/1


Von dpa
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