71-Milliarden-Etat beschlossen - Kritik am abwesenden Söder | FLZ.de

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Veröffentlicht am 30.03.2023 01:17

71-Milliarden-Etat beschlossen - Kritik am abwesenden Söder

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) spricht bei der Plenarsitzung im Landtag. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) spricht bei der Plenarsitzung im Landtag. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) spricht bei der Plenarsitzung im Landtag. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Nach dreitägigen Marathonberatungen hat der bayerische Landtag den Haushalt für das laufende Jahr beschlossen. CSU und Freie Wähler stimmten mit ihrer Koalitionsmehrheit am Donnerstag für den 71,2-Milliarden-Euro-Etat. Während Finanzminister Albert Füracker (CSU) und mehrere Koalitionsredner den Haushalt verteidigten, warf die Opposition der Staatsregierung unter anderem falsche Schwerpunktsetzungen vor.

Für viel Kritik sorgte, dass Ministerpräsident Markus Söder (CSU) während der dreitägigen Etatberatungen nicht ein Mal im Plenum anwesend war. „Seine Hoheit“, so spottete etwa der SPD-Politiker Harald Güller, fehlte am Ende sogar bei der Schlussabstimmung. In der CSU hieß es als Reaktion unter anderem, Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) sei an allen drei Tagen im Plenum anwesend gewesen.

71,2 Milliarden Euro umfasst der gesamte Haushalt. Die Investitionsausgaben belaufen sich auf 10,3 Milliarden Euro. Neue Schulden sind - anders als in den Corona-Jahren zuvor - nicht vorgesehen. Die Staatsregierung will heuer aber rund drei Milliarden Euro aus der Rücklage entnehmen. Unter anderem soll damit der vom Kabinett beschlossene bayerische Energie-Härtefallfonds finanziert werden: Mit bis zu 1,5 Milliarden Euro will die Staatsregierung die Auswirkungen der Energiekrise etwa für Firmen, Bürger und soziale Einrichtungen abmildern. Offen ist aber, ob am Ende überhaupt viel davon gebraucht wird, da nunmehr klar ist, dass die meisten Bereiche über Bundes-Hilfen abgedeckt werden. Für die Tilgung der wegen Corona drastisch gestiegenen Schulden sind nur 50 Millionen Euro eingeplant.

Die Opposition kritisierte in der Schlussdebatte erneut falsche Schwerpunktsetzungen - beispielsweise, dass zu wenig für den Nahverkehr, die Jugendarbeit oder die Energiewende ausgegeben und getan werde. „Bayern macht den meisten Wind um die wenigsten Windräder“, sagte Claudia Köhler (Grüne). Sie warf der Staatsregierung fehlende Ideen und unzureichende Weichenstellungen für die Zukunft vor: „Große Überschriften, nix dahinter.“ Harald Güller (SPD) nannte den Haushalt uninspiriert und ohne größere Ambitionen: „Bayern kann mehr - Bayern hat mehr verdient.“ Franz Josef Pschierer (FDP) hielt der Staatsregierung unter anderem vor, zu wenig Wirtschaftspolitik zu betreiben. AfD-Fraktionschef Ulrich Singer warf CSU und Freien Wählern dagegen Verschwendungssucht vor.

Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) hatte in dieser Woche eine weitergehende Reduzierung der gestiegenen Staatsschulden gefordert - und den bayerischen Energie-Härtefallfonds in Frage gestellt: Es müsse sorgfältig geprüft werden, inwieweit Bayern neben den Bundes-Hilfen überhaupt noch selbst eigene Maßnahmen treffen und finanzieren dürfe, heißt es im neuen ORH-Jahresbericht.

Füracker wies erneut jede grundsätzliche Kritik am Etat zurück, sprach von einem stabilen, soliden Haushalt. Man investiere in der Krise und denke an die Zukunft - und das, obwohl noch längst nicht alle aktuellen Probleme gelöst seien, etwa der Ukraine-Krieg. „Dass wir stabil durch diese Krise kommen, das ist der Schwerpunkt.“ Zudem wies Füracker darauf hin, dass der Gesamtkreditbedarf im Sonderfonds Corona-Pandemie für die Jahre 2020 bis 2022 deutlich unter dem ursprünglich vorgesehenen Rahmen bleibe. Und auch weiterhin sei Bayern im Ländervergleich das Land mit der niedrigsten Verschuldung pro Kopf. Zudem verweist Füracker allzu gerne auf die konstanten Top-Bewertungen internationaler Rating-Agenturen.

Noch weiß niemand, wie der Ukraine-Krieg weitergeht und welche finanziellen Auswirkungen deshalb noch drohen. Zudem blickt das Finanzministerium gespannt auf die kommenden Tarifverhandlungen. Denn zusätzliches Geld für die Beamten und Angestellten des Freistaats bedeutet hohe zusätzliche Ausgaben.

© dpa-infocom, dpa:230329-99-137496/4


Von dpa
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