Zwischen Blusen und Hosen: So konsumieren Sie nachhaltig | FLZ.de

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Veröffentlicht am 14.06.2022 00:00

Zwischen Blusen und Hosen: So konsumieren Sie nachhaltig

Kleidungshändler, die gute Löhne zahlen, sollen am Finanzmarkt besser gestellt werden. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)
Kleidungshändler, die gute Löhne zahlen, sollen am Finanzmarkt besser gestellt werden. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)
Kleidungshändler, die gute Löhne zahlen, sollen am Finanzmarkt besser gestellt werden. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Hosen, Blusen, Hemden: Zig Kleidungsstücke liegen bei vielen im Schrank, ohne dass sie wirklich je getragen werden. Muss das sein? Nein, sagt Silke Städtler, Fachlehrerin für Haus- und Textilpflege an der Landwirtschaftsschule, Abteilung Hauswirtschaft, in Uffenheim. Die Expertin gibt Tipps zum nachhaltigen Kleidungskonsum.

Einige Zahlen haben dazu die Schülerinnen und Schüler des Kompetenzzentrums Hauswirtschaft in Triesdorf recherchiert und aufbereitet: Mindestens 20 Prozent in unserem Schrank werde so gut wie nie getragen, was etwa jedem fünften Kleidungsstück entspreche. 1,3 Millionen Tonnen Kleidungsstücke würden im Jahr in Deutschland entsorgt.

Im Durchschnitt würde jeder Deutsche jährlich 60 neue Stücke kaufen, „brutal viel“, findet die Expertin. Über 95 besitze jeder Bundesbürger im Mittel, 780 Euro gebe er pro Jahr durchschnittlich für Kleidung aus.

Verdoppelung von 2000 auf 2014

Lag die Zahl der weltweit neu produzierten Kleidungsstücke im Jahr 2000 noch bei 50 Milliarden, hat sie sich laut den Recherchen im Jahr 2014 bereits verdoppelt. 200 Milliarden werden für 2030 prognostiziert.

Wichtig ist laut Silke Städtler, Liste-Land-Stadträtin und wohnhaft in Külsheim, schon beim Einkauf aufzupassen. „Geiz ist nicht immer das Richtige“, verschiedene Siegel versprechen theoretisch beispielsweise bessere Lebensbedingungen und Bezahlung der Näherinnen. Fast 60 Prozent von dem, was ein T-Shirt kostet, bleibe im Einzelhandel, erklärt Städtler. Bezahlt der Kunde im Laden 30 Euro, liegt der Lohnanteil bei 18 Cent.

Der Grüne Knopf, ein staatliches Siegel für nachhaltige Textilien, soll beispielsweise umwelt- und sozialverträgliche Herstellungsbedingungen garantieren; Textil aus 95 Prozent biologisch erzeugten Naturfasern verspricht der Global Organic Textile Standard.

Polyester oder Baumwolle?

Und wie funktioniert nachhaltiger Kleidungskonsum? Schließlich verursache die Produktion CO2, brauche Chemie, Wasser und Erdöl. „Nachhaltig einkaufen, das ist eine Abwägungssache“, sagt Silke Städtler, die Polyester mit Baumwolle vergleicht. Für ein T-Shirt aus Polyester seien rund 15 Liter Wasser zum Einfärben nötig, eines aus Baumwolle brauche 2000 Liter allein für die Erzeugung, exklusive färben, so Städtler.

Chemikalien seien für beides nötig. Baumwolle werde rund 30-mal im Pflanzjahr behandelt, Polyester mit Chemie wasserabweisend gemacht. Bei jedem Waschen entstehen bei Polyester zehn Milligramm Mikroplastik, das das Flusensieb nicht aufhält. 280 Milliliter Erdöl würden zudem für die Produktion eines solchen T-Shirts benötigt. „Hochgerechnet bedeutet das 98 Millionen Tonnen weltweit.“

Nachhaltige Alternativen

Und nachhaltige Alternativen? Recyceltes Polyester sei eine Option, wenngleich dessen Verwendung nur begrenzt – meist zu einem Drittel – möglich sei, da sonst die Faser nicht mehr halte. Zudem: Bio-Baumwolle. Ist die Kleidung einmal gekauft, sei auch die Pflege wichtig. Kleine Löcher könnten gestopft, aufgegangene Nähte geschlossen, Knöpfe angenäht werden. „Vielen fehlt die Fähigkeit, kleine Mängel auszubessern, dass die Kleidung noch tragfähig ist“, gibt Silke Städtler zu bedenken.

Zum A und O zähle auch die richtige Wäsche. Ein Fleck müsse direkt mit einem nassen Taschentuch oder einer farblosen Serviette verdünnt werden. Vor dem Waschen empfiehlt Städtler Gallseife zur Vorbehandlung. Außerdem: Waschgänge grundsätzlich reduzieren. Mit jedem Mal werde die Kleidung dünner, da die Fasern aneinander reiben.

Upcyclen statt wegwerfen

Und geht ein Kleidungsstück doch einmal kaputt: „upcyclen“, so Silke Städtler. Aus einem Trägershirt habe sie beispielsweise eine Tasche gestaltet. Führt der Weg nicht um die Altkleidertonne herum, ist gut zu wissen, dass rund 20 Prozent davon zu Dämmmaterial wird, so die Expertin, 17 Prozent würden verbrannt, zwölf anderweitig verwendet, bloß die Hälfte werde weitergetragen. Davon gehe wiederum gut die Hälfte ins Ausland.

Deshalb: „Das eigene Verhalten hinterfragen. Muss ich das wirklich haben?“, empfiehlt Silke Städtler. Oder aber auf Second-Hand oder Kleidertausch mit Freunden setzen. „Viele trauen sich noch immer nicht, Gebrauchtes zu kaufen“, sagt die Expertin. Kleidung sei noch immer ein Statussymbol. Aber: „Jedes nicht neu gekaufte Kleidungsstück ist ein Beitrag zum Klimaschutz.“

Eine Aktion zur Nachhaltigkeit im Haushalt organisiert das Hauswirtschaftssemester am Montag, 3. Oktober, in seinem Amt in Uffenheim anlässlich des dann stattfindenden Handwerkermarktes.


Anna Franck
Anna Franck

Redakteurin in Bad Windsheim

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