Die Staatliche Wirtschaftsschule ist in Dinkelsbühl für viele Menschen eine Herzensangelegenheit. Nicht nur, weil viele dort selbst ihre Mittlere Reife gemacht haben. Seit der Einführung der sechsstufigen Realschule hat die Bildungsstätte aber einen Nachteil: Kinder können nicht direkt nach der Grundschule übertreten.
Das will der Stadtrat ändern. Deshalb stimmte er einmütig für eine Resolution, in der die Einführung der fünften Klasse an der Wirtschaftsschule gefordert wird, und zwar im Rahmen eines Pilotversuchs. Bereits bei der Etablierung einer sechsten Jahrgangsstufe hatte die Kommune mit dieser Strategie Erfolg. Seit dem Schuljahr 2021/21 ist der Einstieg mit der sechsten Klasse die Regel. In der Resolution, die an den bayerischen Kultusminister Michael Piazolo gerichtet ist, heißt es, dass diese Möglichkeit gut angenommen werde.
Dinkelsbühl will aber noch einen Schritt weiter und beruft sich mit der Forderung auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, das Ende 2021 gefällt wurde. Geklagt hatte laut Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer eine private Wirtschaftsschule. Deren Leitung wollte eine sechsjährige Ausbildung, die mit der fünften Jahrgangsstufe beginnt. Und hatte damit Erfolg.
Darin sieht der Dinkelsbühler OB eine Ungleichbehandlung staatlicher Wirtschaftsschulen, die diese Möglichkeit derzeit nicht haben. Deshalb heißt es in der Resolution: „Es gibt aus unserer Sicht kein sachliches Argument dagegen, wenn die sechste Jahrgangsstufe als Vorklasse geführt wird, warum das nicht bereits aber der fünften Klasse möglich ist.“ Vor allem für die Kinder hätte das Vorteile, so die in der Resolution dargelegte Überzeugung: Ihnen bliebe nach der Grundschule ein weiterer Schulwechsel erspart. Denn die Wirtschaftsschule sei die einzige bayerische Schulart, die nicht direkt an die Elementarstufe anschließe.
In der Resolution, die in der kommenden Woche auch der Bad Windsheimer Stadtrat fassen soll, wird der Pilotversuch ab dem Schuljahr 2023/24 beantragt. Im Zeitraum des Probelaufs sollen Auswirkungen auf andere Schularten evaluiert werden.
In den Stellungnahmen der Fraktionen fürchtete CSU-Sprecher Klaus Huber keine Gefährdung der Mittelschule, die in Dinkelsbühl räumlich direkt gegenüber der Wirtschaftsschule liegt. Dort herrsche ohnehin Lehrermangel. Weniger Schülerinnen und Schüler dort wären eine Entlastung für das Kollegium, außerdem wäre es möglich, Kinder individueller zu betreuen.
Robert Tafferner, der Sprecher der Grünen-Fraktion, begrüßte das Pilotprojekt ebenfalls, gab jedoch zu Bedenken, dass der bisherige Vorteil des späteren Einstiegs in die Wirtschaftsschule damit aufgegeben werde: „Manche Kinder brauchen für die Entscheidung, welche Schulart sie wählen wollen, einfach mehr Zeit.“
Die SPD-Fraktion im Stadtrat sieht das ähnlich. Deshalb bat ihr Sprecher Paul Beitzer, im Pilotversuch zu betonen, dass der Start in der Wirtschaftsschule auch in späteren Jahrgangsstufen möglich sei.