Wiederaufbau von Mariupol: Knauf als Gips-Lieferant für Putin? | FLZ.de

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Veröffentlicht am 04.04.2024 13:29, aktualisiert am 04.04.2024 16:37

Wiederaufbau von Mariupol: Knauf als Gips-Lieferant für Putin?

Ein beschädigtes Gebäude in Mariupol. (Foto: Victor/XinHua/dpa)
Ein beschädigtes Gebäude in Mariupol. (Foto: Victor/XinHua/dpa)
Ein beschädigtes Gebäude in Mariupol. (Foto: Victor/XinHua/dpa)

Erst legte Russland im Zuge des Angriffskriegs gegen die Ukraine die Großstadt Mariupol in Schutt und Asche - jetzt bauen die Besatzer die Metropole wieder auf. Und das angeblich mit Baustoffen des Gips-Giganten Knauf mit Sitz im fränkischen Iphofen. Diesen Vorwurf erhebt das ARD-Magazin „Monitor” in einer Recherche.

Demnach würden zahlreiche Aufnahmen vor Ort die Präsenz von Knauf-Produkten belegen. Zu sehen seien etwa Gipssäcke mit dem Logo des Unternehmens. Und das, obwohl deutsche Firmen im Handel mit Russland seit dem Krieg strengen Sanktionsregeln unterliegen.

Russland als wichtiger Markt für Knauf aus Iphofen

Die Knauf Gruppe unterhält weltweit nach eigenen Angaben 300 Werke und beschäftigt rund 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dabei war und ist Russland ein bedeutender Markt für den Konzern. Laut „Monitor” arbeitet weiterhin ein Zehntel der Belegschaft in Russland.

Auf eine Presseanfrage der ARD entgegnete Knauf, es werde in Russland „ausschließlich für den russischen Markt” produziert. Außerdem befolge der Konzern alle EU-Sanktionen.

Der Darstellung widerspricht der Sanktionsrechtsexperte Viktor Winkler für „Monitor”: Firmen müssten „effektiv ausschließen können, dass es einen militärischen Zusammenhang gibt, irgendeine militärische Beziehung von dem gibt, was sie liefern”. Da könne es schon reichen, wenn das Militär indirekt davon profitiert. Zudem liegt Mariupol auf ukrainischem Territorium.

Auf Anfrage der FLZ ging Knauf nicht konkret auf den Vorwurf ein. Stattdessen verweist das Unternehmen darauf, Neuinvestitionen in Russland gestoppt zu haben. „Wir haben uns bis auf Weiteres für den Verbleib im russischen Markt entschieden, denn wir möchten insbesondere in der gegenwärtigen Situation unserer Verantwortung als Familienunternehmen gerecht werden und unsere langjährigen Beschäftigten nicht in die berufliche Unsicherheit entlassen”, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme.

Knauf schildert dort zudem, dass zu Kriegsbeginn umgehend alle Mitarbeiter des Werks in Soledar im Donbass in Sicherheit gebracht worden seien. Für rund 200 Familien seien Umzüge von Bakhmut nach Kiew organisiert worden. „Das Werk Soledar, in das Knauf rund 200 Millionen Euro investiert hat, wurde im Laufe der Kriegshandlungen vollständig zerstört.”

In der Folge habe Knauf eine bereits stillgelegte Anlage in Kiew reaktiviert und beschäftige dort nun 450 Mitarbeiter, um den Menschen „eine Existenzgrundlage zu bieten und die lokale Versorgung mit Baustoffen zu sichern”.

Blutige Einnahme von Mariupol

Neben Knauf sollen laut Recherchen außerdem weitere deutsche Unternehmen für den Aufbau Mariupols Baustoffe liefern, etwa ein Hersteller von Porenbetonsteinen.

Die Belagerung von Mariupol gilt als eine der bislang blutigsten Aktionen im währenden Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch” starben alleine rund 8000 Zivilisten in der Stadt im Zuge der Kriegshandlungen.


Von Johannes Hirschlach und Robert Maurer
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