Groß angelegt und inhaltsmächtig war das Programm der Thüringer Philharmonie Gotha-Eisenach, unter der Leitung von Russel Harris. Werke von Jean Sibelius, Pēteris Vasks sowie Dmitri Schostakowitsch hatte sich das Orchester für die Konzertreihe des Theaters Ansbach am Montag im Onoldiasaal auf die Notenpulte gelegt.
Hinweise auf erlebte gesellschaftliche Umbrüche, Unterdrückung und Gewalt, aber auch Hoffnung und der Wille zum Aufbegehren, fanden sich in allen drei Werken. Bedrohlich, düster, in sich gekehrt, sehnend, aber durchaus auch mit strahlenden Momenten oder einer Vorahnung auf eine bessere Zukunft, zeigte sich die Tonsprache der Komponisten.
Nur etwa neun Minuten dauert Jean Sibelius’ Tondichtung „Finlandia (Suomi)“, op. 26, strotzt aber nur so von intensiven und ausdrucksstarken Bildern, verbunden durch einen ruhigen Mittelteil.
Das Werk hat einen ernsten Hintergrund. Der finnische Komponist hatte die Musik für eine Protestveranstaltung gegen die Schikanen der russischen Führung geschrieben. Die Tondichtung, 1899 uraufgeführt, avancierte zur heimlichen Nationalhymne Finnlands. Russel Harris formte mit dem Orchester daraus ein spannungsgeladenes Poem über den finnischen Freiheitskampf.
Stille. Die Streicher kaum zu hören. Nur die Geige des Solisten Alexej Barchevitch schien von fern in der Dunkelheit zu leuchten. Spitze, elektrisierende Töne durchdrangen diese Stille. So beginnt „Tālā Gaisma“ (Fernes Licht), ein Werk des lettischen Komponisten Pēteris Vasks für Solovioline und Streichorchester, das 1999 uraufgeführt wurde.
Vasks führt die Zuhörerinnen und Zuhörer mit seinem Werk in die Geschichte seines Landes, spielt auf die Befreiung der baltischen Staaten an, verarbeitet Kindheitserinnerungen und Erfahrungen der Vergangenheit. Die Musik spiegelt das kontrastreich und von expressiven Ausbrüchen begleitet. Große Klasse, wie die Streicherinnen und Streicher diese vielfältigen Passagen ausdeuteten.
Alexej Barchevitch, der auch Konzertmeister des Orchesters ist, gestaltete seine drei Solokadenzen virtuos und voller Hingabe, lotete die Möglichkeiten der Violine aus. Es entstand ein höchst intim anmutender, expressiver Dialog zwischen Musiker und Instrument, ebenso mit dem Streichorchester, der am Ende sanft in der Ferne verklang.
Dmitri Schostakowitschs Widersacher war Stalin. Der in St. Petersburg geborene Komponist musste mit harten Kontrollen des Regimes leben – und um sein Leben fürchten. Seine zehnte Symphonie in e-Moll, op. 93, war während dieser Zeit entstanden, aber erst kurz nach Stalins Tod uraufgeführt worden. Das Orchester brachte das Werk in seiner ganzen Wucht zum Ausdruck, vom düster bedrohlichen Anfang der Bläser, einer angedeuteten Fröhlichkeit, die jäh einbricht, bis hin zum triumphalen Sieg über die Unterdrückung.
Keine leichte Kost, die an diesem Abend serviert wurde, aber ein klares Statement gegen Gewalt und Unterdrückung. Das beherzt aufspielende Symphonieorchester interpretierte diese großartigen Werke derart intensiv und hochkarätig, dass der Applaus am Ende kaum enden wollte.