So viele Menschen vor Ertrinken gerettet wie lange nicht | FLZ.de

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Veröffentlicht am 11.05.2023 01:31

So viele Menschen vor Ertrinken gerettet wie lange nicht

Ein Mitglied der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) steht in einem Strandbad am Ufer. (Foto: Jonas Walzberg/dpa/Symbolbild)
Ein Mitglied der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) steht in einem Strandbad am Ufer. (Foto: Jonas Walzberg/dpa/Symbolbild)
Ein Mitglied der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) steht in einem Strandbad am Ufer. (Foto: Jonas Walzberg/dpa/Symbolbild)

Lebensretter in Hochform dürfte sich wohl jeder im Ernstfall an seiner Seite wünschen: So viele Menschen wie seit fast 40 Jahren nicht mehr haben Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im vergangenen Jahr vor dem Ertrinken gerettet.

836 Menschen seien aus dem Wasser gerettet worden - ein Jahr zuvor seien es 775 gewesen, teilte die DLRG mit Sitz im niedersächsischen Bad Nenndorf am Donnerstag in Augsburg mit. Mehr Ertrinkende wurden zuletzt 1983 gerettet, damals waren es 1100. Insgesamt retteten die Helfer im vergangenen Jahr sogar 1307 Menschen das Leben - wenn man Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Herzinfarkte am Strand einbezieht. 2021 waren es sogar insgesamt 1655 gerettete Menschen, auch wegen der verheerenden Flut- und Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.

Im vergangenen Jahr ertranken 355 Menschen in Deutschland, 56 mehr als im Jahr zuvor - zu 80 Prozent waren es Männer. Die meisten Todesfälle durch Ertrinken gebe es aber nicht am Meer, sondern an Binnengewässern, warnte DLRG-Präsidiumsmitglied Achim Wiese. In Berlin und Nordrhein-Westfalen ertranken demnach im vergangenen Jahr doppelt so viele Menschen wie 2021. Das Bundesland mit den meisten Badetoten, nämlich 65, sei Bayern, sagte der bayerische DLRG-Landesverbandspräsident Manuel Friedrich. „Bayern ist das Land der Badeseen - leider hat das eine Kehrseite.“

Den Rettungsschwimmern habe der Hitzesommer 2022 „an den Gewässern viel abverlangt“, sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Im Einsatz waren die Wasserretter in fast 1300 Schwimmbädern sowie an knapp 1400 Gewässern, darunter viele Strände an Nord- und Ostsee. Die DLRG ist nach eigenen Angaben die größte Wasserrettungsorganisation der Welt - 2022 stieg die Mitgliederzahl auf den Rekordstand von 579 813, fast die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Die bisherige Bestmarke lag 2019 bei 575 130 Mitgliedern.

Auffällig nach Einschätzung der Präsidentin: „Nach Einsätzen im Wasser zeigt sich immer wieder, dass die in Not geratenen Personen keine guten Schwimmerinnen und Schwimmer sind oder gar nicht schwimmen können.“ Sie sei froh, dass „wir im vergangenen Jahr wieder deutlich mehr ausbilden konnten“. Denn geschlossene Bäder in der Corona-Pandemie, in der Folge kaum Schwimmunterricht und dann noch kaltes Wasser in der Energiekrise hätten dies massiv erschwert. Aber seither habe sich die Ausbildung im Schwimmen und Rettungsschwimmen „deutlich positiv entwickelt“.

Denn mit dem langsamen Abflauen der Pandemie hätten wieder mehr Kinder schwimmen gelernt. Im vergangenen Jahr wurden 78 716 Schwimmabzeichen abgenommen - mehr als doppelt so viele wie ein Jahr zuvor, damals waren es 38 112. Stark bergauf ging es bei den Grundfertigkeiten für das Schwimmen, für die es das Seepferdchen-Abzeichen gibt: 56 248 Seepferdchen wurden vergeben, rund 20 000 mehr als 2021 und immerhin 6000 mehr als 2019, also im Jahr vor der Pandemie. „Diese Zahlen zeigen uns, dass ein Aufholprozess stattfindet“, betonte Vogt. Dennoch seien die Wartelisten für Anfängerkurse lang.

Doch es gebe nicht nur mehr kleine Schwimmer, es seien auch mehr Rettungsschwimmer ausgebildet worden: 67 336 Rettungsschwimmabzeichen nahmen die Ausbilder demnach 2022 ab - fast 23 000 mehr als ein Jahr zuvor. „Und unsere Jugendeinsatzteams zählen mit fast 7500 Mitgliedern so viele wie noch nie“, sagte Vogt. „Das stimmt mich sehr positiv, was die Zukunft unserer lebensrettenden Arbeit an den Badegewässern anbelangt.“ 2022 setzte allein die DLRG den Angaben zufolge mehr als 42 000 Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer ein.

Die Lebensretter verwiesen aber auch auf eine im Januar veröffentlichte Forsa-Umfrage - demnach kann jedes fünfte Grundschulkind nicht schwimmen. Vogt warnte vor Übermut und Selbstüberschätzung, besonders gefährlich sei das Baden in Flüssen. Sie mahnte, Eltern sollten ihre Kinder auch in der neuen Badesaison im Auge behalten und möglichst bewachte Badestellen besuchen: „Das Ertrinken ist ein leiser Tod.“

© dpa-infocom, dpa:230510-99-638610/5


Von dpa
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