Outing als Transgender: Sascha Gojko lebt im falschen Körper | FLZ.de

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Veröffentlicht am 06.12.2022 15:48

Outing als Transgender: Sascha Gojko lebt im falschen Körper

Eigentlich will Sascha Gojko eine Weiterbildung zum Busfahrer machen - doch dafür fehlt das Geld. (Foto: Thomas Schaller )
Eigentlich will Sascha Gojko eine Weiterbildung zum Busfahrer machen - doch dafür fehlt das Geld. (Foto: Thomas Schaller )
Eigentlich will Sascha Gojko eine Weiterbildung zum Busfahrer machen - doch dafür fehlt das Geld. (Foto: Thomas Schaller )

Sascha Gojko hat einen Traum: Er möchte als Mann leben, beruflich erfolgreich sein und in einer eigenen Unterkunft wohnen. Was sich nicht gerade wie hochfliegende Wünsche anhört, liegt für den 39-Jährigen aber noch in weiter Ferne.

Seinen Vornamen hat sich Sascha Gojko selbst ausgesucht. Er kam als Mädchen zur Welt und seine Eltern nannten ihn Nicole. Schon früh, im Alter von drei bis vier Jahren, merkte er, dass in ihm ein Junge steckt. Als Kind weinte er oft, wenn er ein Kleid anziehen sollte. Er wünschte sich, wie sein Zwillingsbruder Hosen anziehen zu dürfen. Seine Mutter habe zwar gemerkt, „dass da was nicht stimmt“, aber so richtig zur Sprache gekommen sei das nie, erzählt Sascha Gojko.

Scheidung der Eltern belastete die Kinder

Als er etwa fünf Jahre alt war, ließen sich die Eltern scheiden. Der Sorgerechtsstreit der Eltern stand im Mittelpunkt, vieles andere ging unter, gerade die Anliegen der Kinder. „Die Eltern waren mehr auf sich fokussiert. Es war eine schwierige Zeit“, erinnert sich Gojko. Manche Mitschüler kamen gut mit ihm klar und meinten: „Du bist halt wie ein Junge.“ Andere mobbten ihn und es fiel ihm schwer, sich zu integrieren.

Im frühen Teenageralter zwischen acht und zwölf Jahren spielte er gern Fußball und traf sich lieber mit Jungs. Klassische Mädchenthemen wie Schminken oder das Tragen von hohen Schuhen blieben ihm fremd. Zunächst wohnte Sascha Gojko, damals noch als Nicole, bei seiner Mutter. Doch die bekam selbst persönliche Probleme, so dass er im Alter von ungefähr zwölf Jahren mit seinem Bruder zum Vater kam. Dieser hatte mittlerweile eine neue Lebensgefährtin.

„Ich dachte, ich lebe für mich nicht richtig, ich kann nach außen nicht zeigen, wie ich wirklich bin“, sagte er im Rückblick.

Nach der Mittleren Reife begann er mit der Fachoberschule, brach diese Ausbildung aber wegen einer depressiven Phase ab. Dazu kam, dass sein Zwillingsbruder im Alter von 17 Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam.

„Ich konnte nicht rausgehen“

Nach einer Tätigkeit in einer Spritzerei wurde er arbeitslos. Auf Vorschlag des Arbeitsamts machte er den Lkw-Führerschein. Die Zeit als Trucker ging zu Ende, als er wegen einer Depression im Jahr 2018 ins Bezirksklinikum kam. Eineinhalb Jahre lang lebte er danach bei seiner Mutter. „Ich konnte nicht einkaufen gehen, konnte nicht rausgehen“, berichtet er: „Ich wusste nicht mehr, wie ich mich verhalten soll, wie ich mich anziehen soll.“ Sascha Gojko versuchte immer, sich anzugleichen, ein Mädchen zu sein, lange Haare zu haben.

Trotzdem blieb das Gefühl, den Leuten und sich selbst etwas vorzumachen. Das ging lange so, immer wieder bekam er deswegen Depressionen. Geoutet hat er sich erst sehr spät im „Domiziel“, einer Einrichtung in Ansbach, die Menschen mit einer psychischen Erkrankung auf ihrem Weg in die Gesellschaft begleitet. Dort lebt er seit April 2021. „Hier habe ich nach Jahrzehnten ein bisschen Glück gefunden. Nach 36 Jahren habe ich endlich gesagt, ich bin transgender. Ich fühle mich in meinem Körper nicht wohl, und ich will da endlich etwas machen.“

Sascha Gojko will Busfahrer werden

Dann ging es schnell. Sascha Gojko schnitt sich die Haare ab, änderte seinen Kleidungsstil und suchte sich seinen neuen Vornamen aus. Ein Jahr lang machte er eine Therapie in Erlangen. Ganz offiziell hat er jetzt die ärztliche Diagnose, dass er transgender ist. Beruflich würde er sich gern zum Busfahrer weiterqualifizieren, auch um wieder mehr Sozialkontakte zu haben. Allerdings würde der Führerschein rund 4000 Euro kosten – Geld, das er nicht hat.

Auf der körperlichen Seite hat er nun die Voraussetzungen erfüllt, um mit der Hormontherapie zu beginnen. Einen Teil der Kosten muss Sascha Gojko selbst zahlen – wie viel, ist noch unsicher und hängt nach seinen Worten vom Einzelfall ab.

In ein bis zwei Jahren könnten die Operationen folgen, die die körperlichen Merkmale eines Mannes schaffen – dann wäre Sascha Gojko dem richtigen Leben ganz nah.

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Thomas Schaller
Thomas Schaller

Redaktion Westmittelfranken/Landkreis Ansbach

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