Veröffentlicht am 28.03.2023 15:45

Neuer Biberberater am Landratsamt: Nager sind sein Job

Gerhard Rückel ist hauptamtlicher Biberberater am Landratsamt – hier an einem Weiher ohne sichtbare Schäden durch Biber. (Foto: Amelie Rückel)
Gerhard Rückel ist hauptamtlicher Biberberater am Landratsamt – hier an einem Weiher ohne sichtbare Schäden durch Biber. (Foto: Amelie Rückel)
Gerhard Rückel ist hauptamtlicher Biberberater am Landratsamt – hier an einem Weiher ohne sichtbare Schäden durch Biber. (Foto: Amelie Rückel)
Gerhard Rückel ist hauptamtlicher Biberberater am Landratsamt – hier an einem Weiher ohne sichtbare Schäden durch Biber. (Foto: Amelie Rückel)

Die Fragen zum Termin mit dem hauptamtlichen Biberberater Gerhard Rückel waren vorab schriftlich zu stellen, die Pressesprecherin des Landratsamtes rückt mit an und bietet an, vor dem Druck „gerne mal“ über den Artikel zu schauen: Das Pressegespräch machte deutlich, was für einen Spagat zwischen Tierschutz und Bibergeschädigten das neue Amt erfordert.

In Ratssitzungen und Bürgerversammlungen melden sich vor allem letztere zu Wort: Die Kläranlage funktioniert wegen einer Biberfamilie nicht richtig, der Löschweiher ist nicht zu nutzen, Wege werden unterspült oder Felder vernässt. Es gibt viele Klagen.

Der hauptamtliche Biberberater soll im Verein mit seinen ehrenamtlichen Kollegen dafür sorgen, dass auf diese Kritik schneller reagiert werden kann. Rückel, gelernter Landwirt, war selbst vorher ehrenamtlich tätig. Ein Vorteil der neuen Stelle: Er hat keinen anderen Hauptjob, der im Zweifel vorgeht, und kann schneller reagieren.

42 Abschüsse im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim genehmigt

Damit soll er helfen, die Konflikte im Zusammenleben mit dem fleißigen Nager zu entschärfen. Letztes Mittel dafür ist die „Entnahme“ – auch so ein Ausdruck, der die Emotionen deckeln soll. Gemeint ist ein Abschuss.

Was in der ganzen Diskussion dagegen weniger deutlich wird: Die Tötung ist die absolute Ausnahme. „In 99 Prozent der Fälle“, so schätzt Rückel, „kommt es nicht dazu.“ An Orten, von denen man die Biber vertreiben will, kommt eher ein Elektrozaun zum Einsatz. Selbst wenn die „Entnahme“ erlaubt wird, ist nicht so leicht festzustellen, ob sie erfolgreich war. Ist im nächsten Jahr wieder eins der Nagetiere mit dem Paddel-Schwanz vor Ort, weiß man nicht, ob es ein Neuzuwanderer ist oder ein weiteres Familienmitglied.

Seit September wurde in 42 Fällen diese Ausnahmegenehmigung erteilt, zum Teil für mehrere Tiere einer Familie. Für die Jäger – Rückel ist selbst einer – stellen die Biber allerdings keine leichte Beute dar. Landrat Helmut Weiß dachte in der letzten Bürgermeisterdienstversammlung sogar laut über eine Aufwandsentschädigung als Anreiz nach. Jetzt aber stehen die Biber wegen der Aufzucht ihrer Jungen bis Ende August wieder ausnahmslos unter Schutz.

Klar ist: Biber sind inzwischen flächendeckend im ganzen Landkreis anzutreffen. Rückel schätzt, dass ihre Zahl zuletzt nicht mehr wesentlich zunahm. Der häufigere Fund von toten Tieren, die bei Revierkämpfen von Rivalen getötet oder auf der Suche nach einem neuen Territorium überfahren wurden, ist ein Indiz dafür, dass sie ihre Lebensräume weitgehend besiedelt haben. Ob der strenge Schutz noch gerechtfertigt ist, ist keine Frage an den Biberberater, sondern an die Politik. Rückel muss das Gesetz, so wie es jetzt ist, nur umsetzen.

Nicht alle Biber-Schäden übernimmt der Fonds

Zur Akzeptanz der Biber würde beitragen, wenn die Gesellschaft die Schäden übernähme, die er verursacht. Dafür gibt es auch einen Fonds. Dessen Mittel reichen allerdings nicht für einen 100-prozentigen Ausgleich aus. „Im vergangenen Jahr wurden die Schäden zu etwa 75 Prozent beglichen“, so Rückel. Und auch das gilt nur für Land- und Forstwirte: Kommunen, Privatleute oder Vereine bleiben ganz auf ihnen sitzen.

Bei all den Problemen, mit denen die Tiere mit den großen Schneidezähnen inzwischen nahezu ausschließlich in Zusammenhang gebracht werden, vergisst man leicht das Positive: „In Bereichen, in denen er ungestört leben und gestalten kann, nutzt er in vielerlei Hinsicht“, so Rückert. „Durch die Umgestaltung und den oftmals veränderten Wasserhaushalt entwickelt sich ein Biotop, das vielen Tier- und Pflanzenarten einen neuen Lebensraum bietet.“ Auch der Wasserrückhalt durch Dämme gewinne in trockenen Sommern an Bedeutung. Bei niedrigem Wasserstand sei das für viele Tierarten lebensnotwendig.


Ulli Ganter
Ulli Ganter
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