Im Namen des Volkes: Die Stimme von Marco Rank hat Gewicht, wenn über das Schicksal junger Menschen entschieden wird, die zu Straftätern geworden sind. Der 47-Jährige aus Schnelldorf ist ehrenamtlicher Richter. Als Jugendschöffe am Amtsgericht Ansbach trägt er eine hohe Verantwortung bei der Mitwirkung von Urteilen.
Wie fühlt es sich an, am Richtertisch zu sitzen?
Die ersten Male ist es natürlich ein etwas befremdliches Gefühl. In einem Gerichtssaal zu sitzen, kannte ich zuvor nur als Zuschauer. Als Schöffe neben einem Richter oder einer Richterin zu sitzen und über das Schicksal eines Angeklagten mitzuentscheiden und ihn womöglich in Strafhaft zu schicken, geht mit einer großer Verantwortung einher.
Worum geht es da beispielsweise?
Wir müssen uns mit einer ganzen Bandbreite von Vergehen oder Straftaten auseinandersetzen. Dies betrifft Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Körperverletzung, schwere Körperverletzung, Nötigung, Erpressung, Sachbeschädigung und Diebstahl bis hin zu Sexualdelikten.
Wie kam es, dass Sie sich als Schöffe beworben haben und sich wieder bewerben?
In der Jugendhilfe habe ich in einem Kinder- und Jugendheim in Ellwangen gearbeitet. Der ein oder andere verhaltensauffällige Jugendliche musste sich vor Gericht verantworten. Ich bin als Begleitperson zur „seelischen Unterstützung“ zu den Gerichtsverhandlungen mitgegangen. Manchmal konnte ich die Urteilsgründe nicht ganz nachvollziehen. In dieser Zeit habe ich mich immer mehr mit dem Schöffenamt beschäftigt. Ich sah in der Tätigkeit eine Chance, eventuell positiv auf das Strafmaß von Jugendlichen Einfluss nehmen zu können, was erzieherisch von meiner Seite aus sinnvoll wäre.
Hat es gleich geklappt mit der Bewerbung?
In meiner ersten Periode war ich Hilfsschöffe am Landgericht und hatte auch Verhandlungen mit Erwachsenen. Das Jugendgericht hat mich aber mehr interessiert. Deshalb habe ich mich dann erneut beworben und um einen Platz als Jugendschöffe gebeten.
Lernen Sie in Ihrem Ehrenamt ein anderes Leben abseits der eigenen Realität kennen?
Man hört Dinge von Zeugen oder Angeklagten, die man so nie vermutet hätte. Dass Menschen im Stande sind, so etwas zu tun und wie sie sich für ihre Taten rechtfertigen. Nicht jedes befremdliche Verhalten ist auch strafbar. Es gibt Fälle, die ich bereits bei der Heimfahrt „abhaken“ kann und wiederum andere, die mich noch ein paar Tage beschäftigen.
Was ist Ihnen wichtig bei Ihrer Tätigkeit?
Fehlverhalten, Verstöße und Straftaten sind angemessen zu bestrafen. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen müssen begreifen, dass es Regeln und Gesetze gibt, an die sich jeder Mensch zu halten hat. Wenn man dies nicht macht, drohen Sanktionen im Jugendstrafrecht. Das Gericht hat im Jugendstrafrecht einen größeren Spielraum als im Erwachsenenstrafrecht. Eine altersbedingte Strafe soll die Zukunft der Täter nicht verbauen. Die Maßnahmen sollen darauf abzielen, dass die Jugendlichen nicht rückfällig werden, in dem sie Unterstützung bekommen, beispielsweise durch einen Bewährungshelfer, Drogenberatung, ein Antiaggressionstraining beziehungsweise durch eine ambulante oder stationäre Therapie.
Wie sieht Ihr Mitspracherecht im Hinterzimmer aus, wenn über das Urteil gesprochen wird?
Jede Stimme ist gleichwertig, jede Anmerkung wird ernst genommen. Man diskutiert auf Augenhöhe. Die Jugendrichterin nennt den Strafrahmen, Minimum und Maximum, und wir äußern unsere Einschätzung.
Wie häufig sind Sie als Schöffe tätig?
Im Durchschnitt hat man als Jugendschöffe zehn bis zwölf Verhandlungstage im Jahr. Diese bekommt man im Vorfeld zugeteilt, so dass man einen Jahresplan hat, um die Einsätze zeitlich einrichten zu können. Hin und wieder kommt es auch vor, dass Verhandlungen an einem anderen Tag fortgesetzt werden müssen, wenn weitere Zeugen zur Beweisfindung geladen werden.
Tragen Sie als ehrenamtlicher Richter eine Robe?
Nein. Im Landgericht wurde Wert auf ein Sakko gelegt. Beim Jugendschöffengericht trage ich ein passendes Hemd. Eine dem Anlass angemessene Kleidung versteht sich von selbst.
Was sagt Ihr Arbeitgeber dazu, dass Sie im Job fehlen, wenn Sie als Schöffe tätig sind?
Im öffentlichen Dienst muss der Arbeitgeber Mitarbeiter für die Tätigkeit freistellen. Mein Arbeitgeber, die Stadt Ilshofen und ich haben uns darauf verständigt, dass wir uns die Arbeitszeit teilen. Ein halber Tag wird mir bezahlt und der andere halbe Tag ist meine Freizeit und ich gleiche ihn mit Überstunden aus.
Erhält ein Schöffe eine Entschädigung?
Als Schöffe erhält man entweder eine Entschädigung oder auch Verdienstausfall. Wenn der Arbeitgeber für die Zeit am Gericht keinen Lohn bezahlt, kann man diesen Lohnausfall wieder geltend machen. In meinem Fall ist es so, dass ich mein Gehalt weiter beziehe und für meine „Freizeit“ eine kleine Aufwandsentschädigung erhalte. Wie hoch diese ist, wird immer wieder neu bestimmt. Außerdem werden Fahrtkosten erstattet. Wegen des Geldes mache ich das Ehrenamt nicht.