„Ich weiß nicht, was Taxi auf Russisch heißt“, sagt der freundliche Bahn-Mitarbeiter zu der alten Frau, die ihn nicht versteht. Alle anderen schickt er vom Gleis 1 auf den Bahnhofsvorplatz. Auf den Schienen ging in Ansbach am Freitag stundenlang gar nichts mehr.
Nachdem es in den letzten Monaten immer wieder Behinderungen wegen Baustellen, Personalmangel und Fahrzeugschäden gegeben hatte, war es jetzt soweit: Der Zugverkehr am Ansbacher Bahnhof wurde komplett eingestellt.
Die letzten Triebwagen, die zuvor noch fuhren, waren die S-Bahnen nach Nürnberg. Um 8.50 Uhr kam dann die Meldung der DB Regio AG: „Aufgrund einer Beschädigung der Oberleitung bei Ansbach ist der Streckenabschnitt zwischen Ansbach und Wicklesgreuth gesperrt. Zur Zeit sind keine Zugfahrten im betroffenen Streckenabschnitt möglich.“ In Wicklesgreuth blieben viele Fahrgäste aus Nürnberg hängen. Ein Passagier berichtete, es habe sich um etwa 250 Leute gehandelt, die eine Stunde im Regen stehen mussten, bis der Ersatzverkehr anlief.
In Ansbach suchten die zahlreichen gestrandeten Fahrgäste Hilfe am Serviceschalter und im Reisezentrum, wo sich Schlangen bildeten. Auf dem Bahnhofsvorplatz warteten Reisende auf beiden Seiten des Gebäudes auf die sporadisch eintreffenden Taxis. Auch Busse im Schienenersatzverkehr standen bereit. Allerdings war auf den Fahrzeugen nicht zu lesen, in welche der vier gesperrten Himmelsrichtungen sie fuhren, so dass reichlich Klärungsbedarf beim Einsteigen bestand. Den Nummernschildern nach zu urteilen, hatte die Bahn die Taxis vor allem in Crailsheim und Nürnberg besorgt.
Die beschädigte S-Bahn wurde nach längerer Wartezeit in den Bahnhof gezogen. Dort kletterte ein Bahn-Mitarbeiter von einem Hubwagen auf dem Nachbargleis aus auf den Triebwagen und begutachtete den kaputten Stromabnehmer. An der nicht weit vom Bahnhof entfernten defekten Stelle der Oberleitung ging ein Reparaturtrupp mit einem Spezialfahrzeug ans Werk. Um 12.42 informierte die Bahn darüber, dass die Reparatur beendet und die Streckensperrung aufgehoben ist.
Am Vorabend war es auf der letzten an diesem Tag noch betriebenen Linie in Ansbach auch schon zu einer Störung gekommen. Aufgrund einer Reparatur an einem Signal zwischen Ansbach und Wicklesgreuth war der Streckenabschnitt nur eingleisig befahrbar und es kam zu Beeinträchtigungen und erheblichen Verspätungen auf der S-Bahnlinie S 4 zwischen Ansbach und dem Nürnberger Hauptbahnhof.
Auf den anderen Linien rund um Ansbach geht zur Zeit sowieso nichts. Die Strecken in Richtung Treuchtlingen und Würzburg sind voraussichtlich bis einschließlich Sonntag wegen Bauarbeiten an verschiedenen Stellen gesperrt.
Gesperrt bis einschließlich Samstag ist auch die Trasse zwischen Leutershausen und Ansbach. Daher fallen die Intercity-Züge der Bahn zwischen Nürnberg und Crailsheim, die Regionalexpress-Züge von Go Ahead zwischen Leutershausen und Wicklesgreuth sowie die S-Bahnen nach Dombühl aus. Überall gibt es Ersatzverkehre, die – wenn es sich um Busse handelt – nach einem speziellen Fahrplan fahren, länger brauchen und diverse Einschränkungen zum Beispiel bei der Barrierefreiheit und beim Fahrradtransport haben. Taxis pendeln ohne festen Zeitplan.
Zusätzlich behindert wurde der verbliebene Regionalexpress zwischen Crailsheim und Leutershausen-Wiedersbach am heutigen Freitag durch die Reparatur an einer Weiche. Es kam auch hier zu erheblichen Verspätungen.
Den nach jahrelangen Bemühungen im Dezember erreichten ICE-Halt in Ansbach gibt es wegen der Sanierung der Schnellfahrstrecke zwischen Fulda und Kassel im Bahnnetz schon seit April vorübergehend nicht mehr. Im Dezember sollen die ICEs wieder in Ansbach stoppen, hat die Bahn angekündigt.
Zur Lage bei Go Ahead Bayern meldete sich unterdessen der CSU-Landtagsabgeordnete Alfons Brandl. Das Unternehmen leide „unter der vom Bund zu verantwortenden schlechten Infrastrukturqualität“. Trotzdem hätten aber auch etliche Managementfehler dazu beigetragen, dass es vermehrt zu Zugausfällen, Verspätungen, Zugkürzungen und unzulänglicher Kundeninformation gekommen ist, meint Brandl.
Um den Zustand zu verbessern, habe Verkehrsminister Christian Bernreiter unter Einbindung des britischen Mutterkonzerns von Go Ahead erreicht, dass ein Maßnahmenplan erstellt wurde, dessen Einhaltung die Bayerische Eisenbahngesellschaft BEG kontrolliere. Dazu gehört, dass ein Subunternehmen, die Weber Franz Logistik WFL, Teile des Verkehrs zwischen Würzburg und Treuchtlingen übernimmt.
Außerdem intensiviere Go Ahead die Rekrutierung sowie die Ausbildung und setze das Personal flexibler ein. Mit dem Zughersteller Siemens habe man weitere Maßnahmen vereinbart, damit ausreichend Fahrzeuge betriebsbereit sind. In Muhr am See und weiteren Orten habe Go Ahead Dispositionsbusse für einen zuverlässigen Schülerverkehr stationiert. Schließlich soll die Fahrgastinformation in Zusammenarbeit mit DB Station & Service verbessert werden. Brandl geht davon aus, dass sich dadurch der Betrieb stabilisiert.