Veröffentlicht am 09.03.2023 18:53

Besonderes Projekt soll Menschen in den Arbeitsmarkt holen

Kiriakos Faulhaber ist mit einem Arbeitsschritt für das Abdeckteil beschäftigt. (Foto: Kurt Güner)
Kiriakos Faulhaber ist mit einem Arbeitsschritt für das Abdeckteil beschäftigt. (Foto: Kurt Güner)
Kiriakos Faulhaber ist mit einem Arbeitsschritt für das Abdeckteil beschäftigt. (Foto: Kurt Güner)
Kiriakos Faulhaber ist mit einem Arbeitsschritt für das Abdeckteil beschäftigt. (Foto: Kurt Güner)

Die Kooperation ist ungewöhnlich. Die Werkstatt für Behinderte Obernzenn und die Maschinenbauschule Ansbach arbeiten zusammen. Die Schule des Bezirks sichert so die praktische Ausbildung angehender Industriemechaniker, die Werkstatt bewältigt einen anspruchsvollen Auftrag.

Das Sozialunternehmen Diakoneo betreibt die Obernzenner Fertigung mit rund 80 Plätzen für Menschen mit geistigen, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen. Werkstattleiter Willi Ulm und Maximilian Rößl von der Maschinenbauschule (MBS) stellten am Donnerstagnachmittag in Obernzenn das Projekt der Presse vor. Rößl, der von Schulleiter Jürgen Efinger begleitet wurde, ist Fachbereichsleiter für die Produktion und Fertigung in der MBS.

Es war eine außergewöhnliche Chance für die Werkstatt, die sie mit der Schule zusammenbrachte. Das Angebot kam von der Schüller Möbelwerke KG in Herrieden. Es geht um die Herstellung von Teilen, mit denen etwa die Kanten von Einbauküchen abgedeckt werden.

Höchste Präzision und rechtzeitige Lieferung entsprechender Stückzahlen in optimaler Qualität sind unverzichtbar: Dafür, wie diese Ziele in der Produktion effektiv und schnell erreicht werden können, sind Industriemechaniker Spezialisten.

Gleich Interesse bekundet

„Die Maschinenbauschule hat gleich Interesse bekundet“, so Werkstattleiter Willi Ulm. Er bestätigte, dass derartige Abdeckungen mit computergesteuerten Maschinen auch vollautomatisch gefertigt werden könnten. Doch in Obernzenn werden Abläufe nur teilweise automatisiert, damit die Beschäftigten eine produktive und für die Gesellschaft nützliche Arbeit haben.

Um den Auftrag aus Herrieden zu bekommen, mussten Maschinen in Obernzenn aufgerüstet werden. Erforderlich war ein Teil aus robustem Material. Die Vorrichtung musste exakt so konstruiert werden, dass sie flexibel in die Maschinen eingespannt werden kann und gleichzeitig die speziellen Anforderungen für die Herstellung der Küchenteile erfüllt.

Derartige praktische Aufgaben müssen indes im dritten Ausbildungsjahr die angehenden Industriemechaniker in der Maschinenbauschule bewältigten. Sie überlegten sich die beste Lösung und fertigten die Teile „von der Konstruktion bis zum fertigen Produkt“, so Maximilian Rößl. Konkret: Die Schule arbeitete mit einer entsprechenden finanziellen Forderung einen Auftrag der Werkstatt ab, damit diese wiederum den Auftrag aus Herrieden bekam.

Dabei bestanden die Maschinenbauschüler den Praxistest mit Bravour. „Die Produktion läuft seit zwei bis drei Wochen problemlos“, berichtete Willi Ulm.

Fast 20 Beschäftigte in ersten Arbeitsmarkt vermittelt

Laut Maximilian Rößl ist dies für die Schule keineswegs der einzige Auftrag, den die Schüler in der praktischen Ausbildung umsetzen. „Wir haben viele Anfragen“, berichtete er. Insofern sei die Maschinenbauschule auch ein Wirtschaftsunternehmen. Acht der derzeit rund 70 Mitarbeiter in der Behindertenwerkstatt stellen die Teile für das Möbelunternehmen her, so etwa Kiriakos Faulhaber und Marco Hofmann. „Mir gefällt die Arbeit sehr gut, weil ich die Maschinen bedienen kann“, sagte Marco Hofmann. Der 27-Jährige hat das Ziel, in einer Einrichtung des Bezirks ein Praktikum zu absolvieren.

„Wir haben aus den Werkstätten Rothenburg und Obernzenn 2022 fast 20 Beschäftigte aus Praktika auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt“, so auf FLZ-Nachfrage Willi Ulm. So habe ein Mitarbeiter bei einem Friseur etwa Handmassagen gemacht, jemand anderes sei in einem Hotel im Service eingesetzt worden.

Im Idealfall mündet so ein Praktikum in eine Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt. „Unser gesetzlicher Auftrag ist, die Leute nach draußen zu vermitteln. Und das nehmen wir sehr ernst“, sagte er.

Keine Angaben zum Verdienst in den Werkstätten

Ein regulärer Arbeitsplatz würde einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro beinhalten. In den Behindertenwerkstätten von Diakoneo wird dieser nicht gezahlt. Dazu, was man dort in der Stunde verdient, machte Ulm auf FLZ-Nachfrage keine konkreten Angaben. Denn dies sei sehr unterschiedlich und kompliziert, weil verschiedene Leistungen mitberechnet würden. Ziel der Werkstätten seien schwarze Zahlen. „Wir müssen auf jeden Fall eine grüne Null schreiben“, so Ulm. Eine „grüne Null“ sei, auch im Interesse des Selbstbewusstseins der Beschäftigten, das Ziel.

„Jeder Mensch hat den Anspruch, auf eigenen Beinen zu stehen.“ Er sage ihnen manchmal, so Ulm: „Wir sind die Helden des Tages. Wir sind nicht von jemandem abhängig.“


Kurt Güner
Kurt Güner
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