Ansbach: Die lange Geschichte des Amts für Ländliche Entwicklung | FLZ.de

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Veröffentlicht am 19.12.2022 09:17

Ansbach: Die lange Geschichte des Amts für Ländliche Entwicklung

1928 bekam das heutige Amt für Ländliche Entwicklung in Ansbach sein erstes Dienstfahrzeug. Doch der formschöne Adler Standard rutschte schon nach wenigen Fahrten die Böschung hinab.  (Foto:  Amt für Ländliche Entwicklung)
1928 bekam das heutige Amt für Ländliche Entwicklung in Ansbach sein erstes Dienstfahrzeug. Doch der formschöne Adler Standard rutschte schon nach wenigen Fahrten die Böschung hinab. (Foto: Amt für Ländliche Entwicklung)
1928 bekam das heutige Amt für Ländliche Entwicklung in Ansbach sein erstes Dienstfahrzeug. Doch der formschöne Adler Standard rutschte schon nach wenigen Fahrten die Böschung hinab. (Foto: Amt für Ländliche Entwicklung)

Die Großeltern waren Münchner und die Eltern Würzburger. Ihr Ansbacher Nachkomme kann demnächst seinen hundertsten Geburtstag feiern. Das Kind ist das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken in Ansbach.

Diane Mayer ist bei der Behörde für Medien zuständig. Sie blickte auf FLZ-Anfrage weit zurück in die Geschichte der Flurbereinigung. Deren bayerische Wiege stand, wenig überraschend, an der Isar: „1886 rief König Ludwig II. die könglich-bayerische Flurbereinigungskommission ins Leben“, erläuterte Diane Mayer.

Doch die Zuständigkeit für ganz Bayern wuchs den Münchner Beamten über den Kopf. „Ab 1915 gab es eine Unterabteilung in Würzburg“, so die Mitarbeiterin in der Stabstelle Kommunikation und Medien des Ansbacher Amts.

Dessen Geburtswehen zogen sich einige Jahre hin in der Würzburger Periode. Bereits kurz nachdem König Ludwig II. im Mai 1886 das erste Flurbereinigungsgesetz in Bayern unterschrieben hatte, hatten die Franken den Münchnern Arbeit beschert.

Denn noch im gleichen Jahr, also 1886, so die Sprecherin, „kamen neun Anträge für kleinere Verfahren aus dem Altlandkreis Uffenheim“. Hauptziel war die Schaffung von Wegen, damit die Landwirte leichter zu ihren Feldern kamen.

Raum Uffenheim spielte Vorreiterrolle

Bis zum Ersten Weltkrieg blieb der Raum Uffenheim ein Vorreiter bei der Flurbereinigung. Denn für eine Neuordnung landwirtschaftlicher Areale wurden weitere 26 Anträge gestellt. Aber es war Sand im Getriebe: „München war weit weg – die Arbeit ging nur schleppend voran.“

Deshalb schlug schließlich die Stunde des Ansbacher Amts. Die Geburtsurkunde war ein neues Flurbereinigungsgesetz. Es trat am 1. März 1923 in Kraft. Danach konnten Mitte Mai 1923 erstmals Flurbereiniger von Ansbach aus aktiv werden. Die Pioniere waren nur zu zehnt. Sie nahmen in der Brauhausstraße, dem ersten Dienstsitz, ihre Arbeit auf. Parallel kam es zur Gründung der Flurbereinigungsämter in München, Würzburg, Neustadt/Pfalz und Bamberg.

1923 lag der Erste Weltkrieg noch nicht lange zurück. Auch nach dessen Ende blieb der Hunger ein Problem in Deutschland – ebenso wie in der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Deshalb ging es in der Landwirtschaft in den jeweiligen Nachkriegsjahren vor allem darum, die Erträge zu steigern, um die Bevölkerung ernähren zu können. Dies gelang durch moderne Technik. Doch diese konnte auf den meist zu kleinen und zudem oft weit auseinanderliegenden Feldern nicht sinnvoll eingesetzt werden.

Nicht alle Flurbereiniger waren Profis am Steuer

Somit war seinerzeit der Schwerpunkt der Arbeit des Amts, eine Neuaufteilung zersplitterter Flächen – mit möglichst kurzen Anfahrtswegen.

Indes setzten auch die Mitarbeiter selber auf Technik, etwa bei ihrer Mobilität. Als Autos noch rar waren, wurde für die Behörde 1928 der erste Dienstwagen angeschafft. Der Adler-Standard war durchaus eine imposante Erscheinung. Doch offenbar waren damals nicht alle Flurbereiniger Profis am Steuer.

Denn schon nach wenigen Fahrten rutschte der Wagen eine Böschung hinunter. Es wurde zwar niemand verletzt, doch das formschöne Auto hatte nach dem Unfall ein stark zerknautschtes Design. Dies ist auf einem historischen Foto zu sehen, das Diane Mayer der FLZ zur Verfügung gestellt hat.

Ebenso wie der Fuhrpark wuchs die Zahl der Mitarbeiter. Entsprechend zog die Behörde innerhalb Ansbachs 1936 in die Kronacher Straße um, und 1960 wurde das heutige Domizil, ein Gebäude in der Philipp-Zorn-Straße 37, bezogen.

Auch das Zuständigkeitsgebiet blieb nicht immer gleich. „Heute kümmern sich die rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um ganz Mittelfranken“, so Diane Mayer.

Weil sich die Arbeitsschwerpunkte völlig verändert haben, ist auch schon längst nicht mehr von Flurbereinigungsämtern die Rede. Der Name „Amt für Ländliche Entwicklung“ ist sozusagen Programm. Die Förderung des ländlichen Raums, insbesondere mit als Wohnorte attraktiven Dörfern, ist der Schwerpunkt der Arbeit des Amtes.

„Ein Projekt der Superlative war beispielsweise ,Mittlere Rezat‘ mit 30 Flurneuordnungen und 57 Dorferneuerungen“, berichtet Wolfgang Neukirchner, der Leiter des Amts für Ländliche Entwicklung. Von Ansbach-Eyb bis Sachsen bei Ansbach und Lichtenau über Petersaurach bis Weißenbronn und Windsbach starteten nach seinen Worten ab Mitte der 1990er-Jahre Dorferneuerungen.

Kirchturmdenken überwinden

Gemeinsam mit dem Wasserwirtschaftsamt sei insbesondere der Hochwasserschutz ein wichtiges Anliegen. Neukirchner erläuterte das beispielhaft herausgegriffene Projekt: „Es entstanden zahlreiche große und kleine Rückhaltebecken, ein Biotop-Verbund mit einer Fläche von 320 Hektar und ein gut beschildertes Freizeitwegenetz zum Thema ,Wasser und Natur‘ mit 13 Stationen entlang der fränkischen Rezat.“

Seine aktuelle Bilanz lautet: Es laufen quer durch Mittelfranken 170 Dorferneuerungen und 100 Flurneuordnungen. „Damit schafft die Behörde attraktive Lebens- und Arbeitsverhältnisse für 80 000 Bürgerinnen und Bürger“, betonte er.

Eine Voraussetzung für Fortschritte ist indes, das Kirchturmdenken zu überwinden. Das Stichwort für dieses Ziel lautet Integrierte Ländliche Entwicklung. In 17 entsprechenden Kommunalen Allianzen haben sich, von dem Amt unterstützt, mittelfrankenweit rund 140 Städte und Gemeinden zusammengeschlossen. Mithilfe der Kooperationen versuchen Kommunalpolitiker und Bürger gemeinsam, ihre Regionen fit für die Zukunft zu machen.

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