Pandemie und Krieg: Telefonseelsorge ist mehr gefragt | FLZ.de

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Veröffentlicht am 06.04.2023 11:57

Pandemie und Krieg: Telefonseelsorge ist mehr gefragt

Eine Mitarbeiterin des Diakonischen Werks Hamburg führt ein Telefonseelsorge-Gespräch. Die Zahl der Anrufe ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. (Foto: Markus Scholz/dpa)
Eine Mitarbeiterin des Diakonischen Werks Hamburg führt ein Telefonseelsorge-Gespräch. Die Zahl der Anrufe ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. (Foto: Markus Scholz/dpa)
Eine Mitarbeiterin des Diakonischen Werks Hamburg führt ein Telefonseelsorge-Gespräch. Die Zahl der Anrufe ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. (Foto: Markus Scholz/dpa)

Immer mehr Hamburgerinnen und Hamburger rufen bei der Telefonseelsorge an. Im Vergleich zu 2019 seien die Anrufversuche um etwa 20 Prozent angestiegen, sagte Babette Glöckner, Leiterin der Telefonseelsorge der Diakonie Hamburg der Deutschen Presse-Agentur.

„Der Bedarf ist maximal. Die Telefone klingeln bei uns ununterbrochen. Die Leute müssen zehn bis zwölf mal anrufen, bevor sie durchkommen“, berichtete die hauptamtliche Leiterin.

„Durch die großen gesellschaftlichen Krisen, wie die Pandemie und Kriegssituationen, geraten die Menschen individuell unter spürbar größeren Druck“, erklärte Glöckner das gestiegene Anrufaufkommen. Einer der häufigsten Gründe sei finanzielle Belastung. Viele Anrufer wüssten unter anderem wegen der Energiekrise nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Auch das Thema Einsamkeit sei enorm gewachsen. „Damit gehen vielfach auch psychische Beeinträchtigungen einher, wie Depressionen, Panikattacken, oder Angstzustände“, erläuterte Glöckner.

Hälfte aller Anrufer sind männlich

Ein Gespräch sei ihr besonders in Erinnerung geblieben: „Während der Pandemiezeit habe ich mit einer alten Dame gesprochen, die im Seniorenheim lebte und dort keinen Besuch bekommen durfte. Sie hat also nicht mitbekommen, wie ihr Enkel geboren wurde. Das war ganz furchtbar.“ Helfen könne die Telefonseelsorge den Menschen, indem sich die Ehrenamtlichen aufrichtig für die Sorgen der Anrufer interessierten: „Es beruhigt und baut auf, zu hören, dass es jemand wichtig findet, was man sagt.“

Die meisten der Anrufer in Hamburg seien zwischen 45 und 65 Jahre alt, aber auch eine große Anzahl 20- bis 30-Jähriger würde das Gesprächsangebot der Telefonseelsorge in Anspruch nehmen. Über die letzten zwanzig Jahre habe insbesondere der Anteil der männlichen Anrufer stark zugenommen: Seien es vor zwanzig Jahren noch 5 bis 10 Prozent der Anrufer gewesen, so seien heute etwa die Hälfte aller Anrufer Männer. Die 95 ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nehmen die Anrufe unter strenger Wahrung der Anonymität sieben Tage die Woche und rund um die Uhr entgegen.

© dpa-infocom, dpa:230406-99-231179/4


Von dpa
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