Mit überlegter Geldanlage lassen sich Sparrisiken kontern | FLZ.de

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Veröffentlicht am 24.05.2023 04:48

Mit überlegter Geldanlage lassen sich Sparrisiken kontern

Mit einer wohl überlegten Anlagestrategie lassen sich Sparrisiken minimieren. (Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa-tmn)
Mit einer wohl überlegten Anlagestrategie lassen sich Sparrisiken minimieren. (Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa-tmn)
Mit einer wohl überlegten Anlagestrategie lassen sich Sparrisiken minimieren. (Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa-tmn)

Am Guthaben auf dem Girokonto nagt die Inflation. Das Wertpapierdepot fährt wegen Krisen und Krieg Achterbahn. Der Wert des Eigenheims sinkt. Und ob die eigene Hausbank wirklich solide aufgestellt ist, dessen kann man sich angesichts der Pleiten gestandener Banken wie in der Schweiz und den USA scheinbar ebenfalls nicht gewiss sein.

Unsicherheiten wie diese können Verbraucherinnen und Verbraucher beunruhigen. Die Frage lautet also: Wohin mit dem Ersparten?

Zunächst: Eine allgemeingültige Antwort darauf zu finden, ist unmöglich. Denn jeder Sparer und jede Sparerin hat individuelle Ziele, Wünsche und Bedürfnisse, ist mehr oder weniger risikoaffin, hat unterschiedlich viel Geld zur Verfügung - und steht an einem anderen Punkt im Leben.

Steht etwa der Kauf eines Autos oder einer Immobilie an? Ist die Ausbildung gerade erst abgeschlossen? Steht die Familiengründung bevor oder schon die Rente? Wird in Kürze eine Erbschaft erwartet? All diese Fragestellungen verlangen unterschiedliche Lösungen. Es gibt aber durchaus allgemeingültige Leitplanken, an denen sich Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren können.

Grundsätzlich gilt laut dem Finanzexperten Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW: „Schuldentilgung hat Vorrang vor der Geldanlage.“ Denn ein eingesparter Kreditzins sei in der Regel der „höchste, sichere Zins“, den man erzielen könne. Ist also das Girokonto überzogen oder die Immobilie noch durch einen Restkredit belastet, sollte der Fokus auf der Tilgung der Schulden liegen.

Notgroschen sollte jederzeit verfügbar sein

Drei Nettomonatsgehälter sollten als Notgroschen jederzeit verfügbar sein, rät Scherfling. Geht das Handy, die Waschmaschine oder etwas am Auto zu Bruch, können ungeplante Ausgaben dann getätigt werden, ohne die Geldanlage vorher mit Verlust verkaufen zu müssen oder den teuren Dispokredit in Anspruch zu nehmen.

Dabei muss das Geld gar nicht auf dem meist unverzinsten Girokonto liegen. „Hier eignet sich beispielsweise ein Tagesgeldkonto“, sagt Scherfling. Auch dort kann jederzeit auf das Ersparte zugegriffen werden. Solange es nicht gebraucht wird, kann es aber einen Zinsertrag erwirtschaften.

Wer die Konditionen verschiedener Banken vergleicht, kann sich beim Tagesgeld derzeit bis zu drei Prozent Zinsen pro Jahr oder sogar noch etwas mehr sichern, hat die Zeitschrift „Finanztest“ (Ausgabe 6/2023) herausgefunden.

Zwar ist der Realzins damit noch immer negativ, weil die Preise im gleichen Zeitraum aktuell um rund sieben Prozent ansteigen. Aber immer noch besser, als gar keinen Zins zu bekommen.

Streuung ist der beste Schutz

Ist auch der Notgroschen zurückgelegt, kann man sich daran machen, das darüber hinausgehende Ersparte anzulegen. Das oberste Gebot dabei: Diversifikation. Denn die Streuung über verschiedene Produktklassen ist bei der Geldanlage laut Verbraucherschützer Scherfling der beste Schutz. Neben festverzinslichen Festgeld- oder Sparanlagen können dann auch Anleihen, Aktien und Fonds oder Sachwerte in Betracht kommen.

Auch innerhalb der Produktklasse, etwa bei Wertpapieren wie Aktien und Fonds, sollte so breit wie möglich gestreut werden, empfiehlt Uwe Eilers, Vorstand des Vermögensverwalters FV Frankfurter Vermögen AG. Ziel sollte hier ein guter Branchenmix und eine weltweite Streuung sein, um Wertschwankungen möglichst gering zu halten. Privatanlegerinnen und -anleger können das zum Beispiel erreichen, indem sie in Indexfonds, sogenannte ETFs, investieren.

„Die im Einzelfall passende Streuung sollte abhängig von den individuellen Zielen und Präferenzen gewählt werden“, rät Ralf Scherfling. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Ausgangssituation für Menschen im Ruhestand eine völlig andere ist als für Berufsanfänger oder Arbeitnehmer, die mitten im Erwerbsleben stehen, führt er aus.

Wer mit zunehmendem Alter weniger risikofreudig ist und Wertschwankungen seines Ersparten weniger gut aushält, sollte zum Beispiel die Aktienquote im Portfolio senken und mehr auf festverzinsliche Produkte setzen.

Dabei sollte einem aber bewusst sein: In der aktuellen Situation ist mit sicheren Geldanlagen wie Festgeld oder Sparbrief, wie auch beim Tagesgeld, nur ein Habenzins zu bekommen, der unterhalb der Inflationsrate liegt, so Scherfling. „Wer auf der Suche nach Produkten ist, mit denen im langfristigen Durchschnitt eine höhere Rendite zu erzielen ist, muss entsprechende Risiken eingehen.“

Weiter Anlagehorizont schlägt Spekulation

Deshalb könne es aktuell ratsam sein, „eine Aktien- und Anleihequote von je 50 Prozent aufzubauen, um das optimale Chance-Risiko-Verhältnis zu erreichen“, sagt Uwe Eilers. Besonders risikoscheue Anleger könnten die Aktienquote auf zehn bis 20 Prozent absenken, risikofreudigere Menschen könnten sie auf 70 bis 100 Prozent erhöhen.

Wichtig dabei: „Kapitalanlagen sollten in der Regel fünf Jahre und länger nicht angefasst werden“, sagt Riklef von Schüssler, Vorstandsvorsitzender der Bad Homburger Allington Investors Group. Wer das nicht kann oder fürchtet, zwischenzeitlich an sein Vermögen ran zu müssen, sollte nicht in Produkte investieren, die Schwankungen unterliegen. „Die Taktik, kurzfristig mal mit Geld zu spekulieren, geht für Privatanleger so gut wie nie auf“, sagt von Schüssler.

Krisen mit kühlem Kopf begegnen

Muss man all die aktuellen Herausforderungen am Ende also gar nicht fürchten, wenn man bei seinen Anlagen gut aufgestellt ist?

Riklef von Schüssler hält jedenfalls die Aufregung um die Inflation für überbewertet. „Die Inflation ist erschreckend schnell hochgegangen, wird sich aber wieder auf einem deutlich niedrigeren Niveau einpendeln“, sagt er. Auch die Schwankungen im Wertpapierdepot sind zu verkraften, wenn das Geld noch lange Zeit nicht benötigt wird und die Titel Zeit haben, sich zu erholen. Dann sind zwischenzeitliche Kurseinbrüche sogar eine Chance, weil Anteile günstiger eingekauft werden können.

Und die Pleite der Hausbank brauchen Verbraucherinnen und Verbraucher auch nicht zu fürchten. Mit der staatlichen Einlagensicherung sind Guthaben von Giro-, Tages- und Festgeldkonten sowie auf den Namen lautende Sparbriefe von bis zu 100.000 Euro je Einleger geschützt.

In Ausnahmefällen sind sogar bis zu 500.000 Euro geschützt, wenn die Einzahlung mit einem bestimmten Lebensereignis - wie dem Wohnungsverkauf oder der Scheidung - zusammenhing und nicht mehr als sechs Monate zurückliegt. Einlagen, die darüber hinausgehen, werden zudem durch freiwillige Einlagensicherungsfonds privater oder öffentlicher Banken geschützt.

Ängste schützen bestenfalls vor Fehlern

Und dennoch seien Ängste erst einmal nichts Schlechtes, sagt Ralf Scherfling. „Zumindest solange sie uns vor Fehlern schützen und nicht lähmen.“

So gäben die vielen Krisen der vergangenen Jahre immer wieder Anlass, über die eigene Geldanlage nachzudenken. Sind etwa Umschichtungen im eigenen Portfolio sinnvoll oder gar notwendig? Gibt es dafür gute Gründe, sollte man nicht zögern zu handeln, sagt Scherfling. Aber: Langfristig weiterhin richtige Anlagestrategien sollten nicht wegen temporärer Ereignisse infrage gestellt werden.

© dpa-infocom, dpa:230523-99-798964/2


Von dpa
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