„Luis war immer neugierig auf die Musik, damit hat die ganze Geschichte angefangen,“ sagt Luis’ Mutter, He Un Hanke. Das war vor drei Jahren. Jetzt hat der Neunjährige bei „Jugend musiziert” teilgenommen. Und mit seinem Klavierspiel die Juroren überzeugt.
Sie haben Luis mit der Höchstpunktzahl bewertet: 25 Punkte. Wäre er schon älter, hätte er damit die nächste Etappe des Wettbewerbs erreicht: die Landesebene. „Aber das gibt es in dieser Altersstufe noch nicht“, erklärt sein Lehrer Stephan Eitel von der städtischen Musikschule. Seit zwei Jahren hat Luis bei ihm Unterricht.
Bei „Jugend musiziert” hat der Grundschüler drei Stücke vorgespielt: eine Invention von Johann Sebastian Bach, eine Sonate von Ludwig van Beethoven und „Clashing Sounds“ aus dem Mikrokosmos von Béla Bartók. Sechs bis zehn Minuten war die Vorgabe, wenn möglich aus verschiedenen Epochen.
„Die Auswahl der Stücke hat der Jury gut gefallen“, meint sein Lehrer Stephan Eitel – auch wenn Luis am Ende etwas genervt war: „Den Beethoven habe ich so oft gespielt, der wurde irgendwann langweilig“, meint er. Sein Favorit: der Bach. Luis sitzt fast täglich am Klavier, meist übt er etwa eine Stunde lang. „Dann lässt seine Konzentration irgendwann nach“, erzählt seine Mutter. Außerdem gibt es ja noch andere spannende Dinge, findet Luis: Fußball spielen zum Beispiel.
Am Tag des Wettbewerbs, kurz vor den Faschingsferien, war er „zwar schon nervös, aber nicht komplett aufgeregt“, erinnert er sich. Immerhin saß er erst kurz zuvor das erste Mal am Wettbewerbsinstrument: einem Steinway-Flügel. „Das ist ein kleiner Nachteil bei uns Pianisten“, sagt Eitel, „wir können nicht einfach unser eigenes Instrument mitbringen“.
Doch Luis hat schon seine eigene Taktik entwickelt, Lampenfieber zu bekämpfen: „Ich sag’ zu mir: Ich kann das‘“, lautet sein Rezept. Eigentlich ganz einfach. Und wenn die Leute es dann gut finden, „dann macht es richtig Spaß“.
Die ein oder andere Note sei beim Vorspiel zwar danebengegangen, aber „ich habe einfach weitergespielt“. Die Jury hat er auf jeden Fall beeindruckt, sie lobte besonders die gute Variation zwischen lauten und leisen Passagen sowie die gleichmäßige Kraft, mit der er die Tasten drückt.
„Er hat eine besondere Bewegungsbegabung auf der Tastatur“, findet auch sein Lehrer Stephan Eitel. Dass Schüler in dem Alter schon so gut spielen, komme sehr selten vor.
Dabei ist die Musikschule bei „Jugend musiziert” regelmäßig erfolgreich vertreten, erzählt Thomas Meyer aus dem Leitungsteam. Im Vorjahr zum Beispiel hat ein Gitarrenduo ebenfalls die Höchstpunktzahl geholt: Aaron Abraham Bashu (sieben Jahre) und Max Müller (neun Jahre). Von Luis ist er begeistert: „In den 33 Jahren, seit die Musikschule besteht, hatten wir noch keinen jungen Klavierspieler mit so einem herausragenden Talent.“ Für eine Musikschule im ländlichen Bereich sei das „etwas Außergewöhnliches“.
Er hat eine besondere Bewegungsbegabung auf der Tastatur.
Es hat jedoch auch seine Tücken, in jungen Jahren schon hochklassige Literatur spielen zu können: „Die Hände sind noch sehr klein“, so Stephan Eitel. Eine Oktave, also den Umfang von acht Tönen, könne Luis noch gar nicht greifen. „Das muss man dann bei der Stückauswahl berücksichtigen, alles geht einfach noch nicht.“
Luis Mutter hat jetzt ein Stück von Franz Schubert ausgesucht, außerdem steht eines Edvard Grieg auf der Übeliste. He Un Hanke kommt aus Korea. Seit 2009 lebt die Familie in Deutschland, 2013 ist Luis dann in Rothenburg geboren. Koreanisch spricht der Neunjährige, dessen zweiter Name Onyu ist, fast so gut wie deutsch. „Vor allem wenn meine Oma aus Korea zu Besuch ist, ist das praktisch“, meint er.
Ob er sich vorstellen kann, später einmal Berufsmusiker zu werden? „Weiß ich noch nicht. Fußballspielen macht ja auch Spaß.“