Ehemalige Landtagspräsidentin Stamm gestorben | FLZ.de

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Veröffentlicht am 05.10.2022 08:14

Ehemalige Landtagspräsidentin Stamm gestorben

Barbara Stamm bei einem Staatsempfang. (Foto: Nicolas Armer/dpa/Archivbild)
Barbara Stamm bei einem Staatsempfang. (Foto: Nicolas Armer/dpa/Archivbild)
Barbara Stamm bei einem Staatsempfang. (Foto: Nicolas Armer/dpa/Archivbild)

Die ehemalige bayerische Landtagspräsidentin und stellvertretende CSU-Vorsitzende Barbara Stamm ist tot. Sie starb am Mittwoch im Alter von 77 Jahren in ihrer Heimatstadt Würzburg, wie der bayerische Landtag unter Berufung auf den Familienkreis Stamms mitteilte. Sie erlag demnach ihrer Brustkrebserkrankung, die sie 2009 erstmals öffentlich gemacht hatte.

Spitzenpolitiker aller Parteien, aus Bayern und dem Bund, würdigten Stamms Lebenswerk, ebenso Vertreter von Kirchen und Verbänden. In Bayern sollen die Flaggen an diesem Donnerstag auf Halbmast wehen.

„Sie war Bayerns soziales Gewissen, Maßstab und Vorbild im Einsatz für die Mitmenschen“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Ihr großes Herz gehörte den Familien und ganz besonders den Schwächsten in unserer Gesellschaft. Mit ihrer Hilfsbereitschaft und Wärme war sie ein Vorbild für viele Menschen.“ Er verneige sich vor ihrem Lebenswerk. Stamm sei „die bedeutendste Politikerin im Freistaat und Mutter Bayerns“ gewesen, betonte der CSU-Vorsitzende. Für Donnerstag und den Tag der Beisetzung ordnete Söder zu Ehren Stamms Trauerbeflaggung an allen staatlichen Dienstgebäuden an.

Stamm stand von 2008 bis 2018 an der Spitze des bayerischen Landtags. Sie war die erste Frau in diesem Amt. Insgesamt gehörte sie 42 Jahre lang dem Landtag an, zudem war sie mehr als 13 Jahre lang Mitglied der Staatsregierung, unter anderem als Staatssekretärin und Ministerin sowie von 1998 bis 2001 als Vize-Ministerpräsidentin.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) schrieb auf Twitter, Stamm sei mit ihrem beeindruckenden Lebensweg ein echtes Vorbild gewesen: als erste Parlamentspräsidentin im bayerischen Landtag, als überzeugte und überzeugende Demokratin und vor allem auch als engagierte Stimme für die Schwachen. Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) würdigte Stamm als engagierte Sozialpolitikerin und herzlichen Menschen.

Stamms Nachfolgerin, die amtierende Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), erklärte: „Wir verlieren mit Barbara Stamm eine über alle Parteigrenzen beliebte und hochgeschätzte Politikerin, die sich jahrzehntelang vor allem für die Ärmeren und Schwächeren in unserer Gesellschaft einsetzte und ihnen eine Stimme gab.“ Als erste Frau an der Spitze des bayerischen Landtags habe sie sich großen Respekt und hohes Ansehen erworben. „Wir verlieren mit ihr ein großes Vorbild für Frauen in der Politik, eine leidenschaftliche Kämpferin für die Schwachen in der Gesellschaft und eine überzeugte Demokratin.“

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer nannte Stamm eine „große Politikerin“. „Ich habe in all den Jahrzehnten nicht viele von einem solchen Format kennengelernt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Sie hinterlässt in Bayern und in der CSU eine große Lücke, die nur schwer zu schließen sein wird.“

Auch Politiker anderer Parteien zollten Stamm Respekt: „Barbara Stamm war für Bayern die Mutter der Nation“, sagte Freie-Wähler-Chef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. „Es schmerzt sehr, sie zu verlieren. Ihre sozialen Verdienste sind nicht hoch genug einzuschätzen.“ Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze betonte, Stamm bleibe ein Vorbild für viele Frauen in der Politik. Und Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann lobte: „Barbara Stamm war das soziale Gewissen ihrer Partei. Sie hat Bayern geprägt mit ihrer Menschlichkeit und ihrem Einsatz für die Schwächsten unter uns.“ Stamm habe ihre Werte und Überzeugungen immer standhaft vertreten.

Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Florian von Brunn, sagte, Stamms Tod mache ihn traurig. „Sie hatte Rückgrat, einen klaren sozialen Kompass und war doch immer für Kompromisse offen. Ihre menschliche fränkische Art und ihr Humor werden mir in Erinnerung bleiben.“ FDP-Fraktionschef Martin Hagen lobte, Stamms Engagement für sozial benachteiligte Menschen habe ihr über Parteigrenzen hinweg große Anerkennung eingebracht. Von der AfD hieß es, auch wenn Stamm etwa in der Flüchtlingspolitik andere Positionen vertreten habe als die AfD, habe man sie als engagierte und geradlinige Politikerin geschätzt.

Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm erklärte, er trauere um eine überzeugende Politikerin. „Sie hat ihre christlichen Werte in der Politik tatsächlich gelebt.“ Auch gegen Widerstände in ihren eigenen Reihen sei „die biblische Option für die Schwachen“ immer wieder Leitkriterium für Stamms politisches Handeln gewesen. Als Beispiele nannte er Stamms Einsatz für eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen, für die Inklusion von Menschen mit Behinderung oder ihre Sensibilität für von Armut betroffene Menschen.

Der Erzbischof von München und Freising und Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, würdigte Stamm mit den Worten, sie habe „über viele Jahrzehnte Bewundernswertes für unser Land geleistet“. Stamm sei „stets eine Verkörperung des C, des Christlichen, und des S, des Sozialen, in der CSU“ gewesen.

Die Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes, Angelika Schorer, sagte: „Barbara Stamm war die soziale Stimme im Freistaat Bayern.“ Die Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, betonte: „Mit Barbara Stamm verliert Bayern eine wichtige politische Stimme für soziale Gerechtigkeit und Inklusion.“ Und die Vize-Vorsitzenden der Lebenshilfe, Hildegard Metzger und Gerhard John, erklärten: „Mit Barbara Stamm haben wir, hat die bayerische Lebenshilfe, einen wunderbaren Menschen verloren, der sich unermüdlich für die eingesetzt hat, die Hilfe brauchten.“ Bis zuletzt war Stamm Vorsitzende des Lebenshilfe-Landesverbandes gewesen.

© dpa-infocom, dpa:221005-99-10723/10

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