Veröffentlicht am 13.03.2023 16:28

Die Ansbacher Woche der Brüderlichkeit fand Resonanz

Am Abschlusstag der Woche der Brüderlichkeit führte Historiker Alexander Biernoth (rechts) etwa 25 Besucher über den jüdischen Friedhof und skizzierte dessen Geschichte. (Foto: Florian Pöhlmann)
Am Abschlusstag der Woche der Brüderlichkeit führte Historiker Alexander Biernoth (rechts) etwa 25 Besucher über den jüdischen Friedhof und skizzierte dessen Geschichte. (Foto: Florian Pöhlmann)
Am Abschlusstag der Woche der Brüderlichkeit führte Historiker Alexander Biernoth (rechts) etwa 25 Besucher über den jüdischen Friedhof und skizzierte dessen Geschichte. (Foto: Florian Pöhlmann)
Am Abschlusstag der Woche der Brüderlichkeit führte Historiker Alexander Biernoth (rechts) etwa 25 Besucher über den jüdischen Friedhof und skizzierte dessen Geschichte. (Foto: Florian Pöhlmann)

Die Veranstalter der Woche der Brüderlichkeit ziehen ein positives Resümee: Die verschiedenen Veranstaltungen waren gut besucht, zudem konnten wichtige Impulse für den christlich-jüdischen Dialog, gegen den Antisemitismus und für eine friedliche Welt gesetzt werden.

Schon die gut frequentierte Auftaktveranstaltung mit den Reden von OB Thomas Deffner zur Freiheit und des Landtags-Vizepräsidenten Karl Freller wusste zu beeindrucken. Mit der Mahnung „Das Leid war sehr wohl sichtbar!“ wurde der zeitgenössisch engagierten Erinnerungskultur Rechnung getragen.

Der Vorsitzende des Initiativkreises, Pfarrer Dr. Johannes Wachowski, legte im Rahmen der Auftaktveranstaltung das Motto der Woche „Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit, Macht und Verantwortung“ tagespolitisch aus und kritisierte die umstrittene Schwarzer-Wagenknecht-Kundgebung in Berlin vor dem Brandenburger Tor. „Leider blieb das große Tor der Verantwortungsethik geschlossen. Dafür lehnte man sich aus einem gesinnungsethischen Fensterlein weit raus.“

Sieben Klassen in der Synagoge

Franka Plößner (Klarinette) und Ulrike Koch (Klavier) sorgten für die musikalische Untermalung. Beim Empfang gab es erstmals israelischen Wein und israelische Speisen.

Am Internationalen Frauentag legte die Historikerin und Judaistin Maria Coors die biblische Jahreslosung „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ in der sehr gut besuchten Gotischen Halle des Stadthauses aus. In einem lebendigen Vortrag stellte sie die Besonderheiten der Jahreslosung heraus und verortete sie im Zusammenhang des christlich-jüdischen Dialogs. Wie Wachowski berichtet, folgte eine lebhafte Diskussion zu patriarchalen Zusammenhängen der Bibel, starken biblischen Frauengestalten und der Rezeptionsgeschichte der Gestalt der Hagar in nachbiblischer und jüdischer Zeit.

Bei der Aktion „Tag der offenen Synagoge“ besuchten sieben Schulklassen aus Ansbach das jüdische Gotteshaus. Eine Führung durch das Gebäude mit dem Blick auf seine Geschichte und die der Gläubigen ließ die Schüler vergangene Zeiten erleben. Am Samstag nutzten dann rund 40 Menschen die Gelegenheit, die Synagoge kennenzulernen.

„Mehr Begegnungen ermöglichen“

Den Abschluss der Woche der Brüderlichkeit bildete am Sonntagabend ein Filmabend mit dem Titel „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ im Pfarrzentrum St. Ludwig. Der Film hat die Entstehung des Staates Israel zum Thema – in einer Zeit, in der Israel laut Wachowski „am Scheideweg steht und die einzige Demokratie des Nahen Ostens von innen her gefährdet“ sei.

Die durchaus laut gewordene Kritik, dass es in der Woche keine Auseinandersetzung mit dem lebendigen Judentum gegeben habe, kann Wachowski nicht nachvollziehen. „Es gibt in Ansbach keine jüdische Gemeinde. Da muss noch etwas wachsen“, findet der Pfarrer.

Auch die Frage, warum der Islam nicht in die Veranstaltungsreihe eingebunden wurde, weiß Wachowski zu entkräften. „Christen und Juden teilen ein gemeinsames religiöses Paradigma“, sieht der Pfarrer viele Gemeinsamkeiten, die es allerdings mit dem Islam nicht gebe. „Das ist ein Unterschied.“

Führung über den jüdischen Friedhof

Den Abschlusstag hatte Stadtführer und Historiker Alexander Biernoth mit einer Führung über den jüdischen Friedhof in Ansbach eingeleitet und den 25 Besuchern dessen Historie kenntnisreich und detailliert beschrieben. Von der ersten Erwähnung einer jüdischen Gemeinde in Ansbach um 1400, deren Rückkehr aus den umliegenden Gemeinden nach Ansbach 1631 bis hin zur Einebnung des Friedhofs durch die Stadt im vorletzten Kriegsjahr 1944.

„Die Woche der Brüderlichkeit hatte in diesem Jahr eine starke erinnerungspolitische Dimension und stand im Zeichen der Gestaltung des kulturellen Gedächtnisses von Christen und Juden“, bilanzierte Wachowski zufrieden.

Einen innovativen Ansatz verfolgt der Vorsitzende des Initiativkreises für das kommende Jahr dennoch. Da der Dienstag als Veranstaltungstag in der Woche nicht selten unbesetzt bleibe, überlegt der Pfarrer, zu diesem Termin einen „Jewish Youthday“ ins Leben zu rufen. Es geht um direkten Dialog. „Wir wollen jüngere Menschen und Schulen noch mehr in unsere Arbeit einbeziehen und Begegnungen mit Jüdinnen und Juden ermöglichen.“


Florian Pöhlmann
Florian Pöhlmann

Nach der journalistischen Grundausbildung beim Fernsehen rief 1999 die große weite Welt des Sports, die ich in Nürnberg in nahezu allen Facetten kennenlernen und in verantwortlicher Position gestalten durfte. Erst der verlockende Ruf aus Ansbach und die Aussicht, im fortgeschrittenen Alter Neues zu wagen, sorgten ab 2021 für einen Neustart in der Lokalredaktion.

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