Das gilt bei der Aufnahme von Geflüchteten | FLZ.de

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Veröffentlicht am 08.03.2022 14:24

Das gilt bei der Aufnahme von Geflüchteten

Schilder am Berliner Hauptbahnhof weisen auf Übernachtungsmöglichkeiten in Privathaushalten hin. (Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa-tmn)
Schilder am Berliner Hauptbahnhof weisen auf Übernachtungsmöglichkeiten in Privathaushalten hin. (Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa-tmn)
Schilder am Berliner Hauptbahnhof weisen auf Übernachtungsmöglichkeiten in Privathaushalten hin. (Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa-tmn)

Angesichts des Kriegs in der Ukraine ist die Hilfsbereitschaft in Deutschland groß. Neben Geld- und Sachspenden stellen einige Menschen auch Wohnraum zur Verfügung. Doch was sollen Mieter und Eigentümer beachten, wenn sie Geflüchtete bei sich aufnehmen? Experten geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Ja, das geht. „Wer zur Miete wohnt, darf grundsätzlich auch Geflüchtete in seine Mietwohnung aufnehmen“, heißt es vom Deutschen Mieterbund. Mieterinnen und Mieter könnten alleine darüber entscheiden, ob und wann sie Besuch empfangen. Darum ist auch die besuchsweise Aufnahme von Geflüchteten gestattet.

Sechs bis acht Wochen. Diese Zeitspanne gelte in jedem Fall als erlaubnisfreier Besuch, teilt der Deutsche Mieterbund mit. Zwar hätten Richter auch schon Aufenthalte bis zu drei Monaten als Besuch gelten lassen, sagt Rolf Bosse vom Mieterverein zu Hamburg. „Da wird es dann aber langsam eng.“

Bosse empfiehlt, Vermieterin und Vermieter bereits vor Aufnahme der Flüchtenden zu informieren, um die Vertrauensbasis zu stärken. Auch ohne Einverständnis dürfen Geflüchtete aber bis zu acht Wochen bleiben.

Nicht immer. Ehepartner, Lebenspartner, Kinder oder Eltern dürften Mieterinnen und Mieter laut Deutschem Mieterbund in ihrer Wohnung aufnehmen, ohne die Vermieter um Erlaubnis zu fragen. Bei allen anderen Personen brauche es die Zustimmung.

Vermieterinnen und Vermieter dürften ihre Erlaubnis nur dann verweigern, wenn in der Person des Untermieters oder der Untermieterin ein wichtiger Grund dafür liegt, der Wohnraum dauerhaft überbelegt würde oder den Vermietern die Untervermietung ausnahmsweise nicht zugemutet werden kann. Ausländerinnen oder Ausländer als Untermieterinnen oder Untermieter alleine wegen ihrer Herkunft abzulehnen, ist nach Angaben des Deutschen Mieterbunds nicht zulässig.

In diesem Fall dürften Vermietende Mieterinnen und Mieter abmahnen und ihnen anschließend fristlos kündigen, wenn Mietende nicht alles tun, um das Untermietverhältnis zu beenden. Eine fristlose Kündigung ist laut Deutschem Mieterbund dann unberechtigt, wenn Mieterin und Mieter nur vergessen haben, die Erlaubnis einzuholen.

Haben Vermietende die erbetene Erlaubnis zur Untervermietung zu Unrecht verweigert, steht ihnen kein Kündigungsrecht zu.

Dann ist die Aufnahme von Geflüchteten wesentlich einfacher, weil keine Erlaubnis eingeholt werden muss, sagt Julia Wagner von Haus & Grund Deutschland. Dann sei ausschließlich darauf zu achten, dass die Wohnung nicht überbelegt wird. Wann eine Überbelegung vorliegt, müsse im Einzelfall geprüft werden, sagt Bosse.

Die Unterbringung sollte den eigenen Ansprüchen genügen und Geflüchtete menschenwürdig unterkommen lassen - ganz egal ob es sich bei dem Angebot um eine ganze Wohnung oder nur einen Teil der Wohnung handelt.

Vermieterinnen und Vermieter, deren Wohnungsstandard für normale Mieterinnen und Mieter nicht mehr gut genug ist, sollten auch keine hilfebedürftigen Menschen in ihrem vernachlässigten Wohneigentum aufnehmen, empfiehlt Pro Asyl.

Haus & Grund rät, sich mit seinem Angebot an die örtliche Kommunalverwaltung zu wenden. Das habe laut Julia Wagner den Vorteil, dass der Mietvertragspartner dann die öffentliche Hand ist, nicht die Flüchtenden.

Es gibt mittlerweile aber auch mehrere Portale zur Unterkunftsvermittlung, etwa Unterkunft-Ukraine. Dort kann man sein Angebot online einstellen, Geflüchtete können danach suchen. Dieses Portal tritt allein als Vermittler des Wohnraums auf, vertragliche Vereinbarungen müssen gegebenenfalls direkt mit den Geflüchteten getroffen werden.

Ja, das geht. Grundsätzlich kommt laut Pro Asyl die Kommune für die Kosten der Unterbringung von Geflüchteten auf. Wer seinen Wohnraum ohne Einbindung der Kommune zur Verfügung gestellt hat, muss im Zweifel mit den Geflüchteten eine Miete vereinbaren. Weil durch weitere Personen im Haushalt unter Umständen auch höhere Nebenkosten entstehen, rät Pro Asyl zudem geeignete Kostenübernahmeregelungen zu treffen.

Mieterinnen und Mieter haften für das vertragswidrige Verhalten aller Personen, die sie bei sich aufgenommen haben. Das gilt zum Beispiel für Beschädigungen an der Mietsache. Die Haftung hängt laut Deutschem Mieterbund nicht davon ab, wie lange die aufgenommenen Personen bleiben und ob sie für die Unterbringung zahlen oder nicht.

Aufnehmende sollten sich laut der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl außerdem darüber im Klaren sein, welche Einschnitte es für sie mit sich bringt, einen Teil der Wohnfläche abzugeben. „Nicht, dass man wenige Tage später merkt, dass es vielleicht doch zu anstrengend ist.“ In der ersten Welle der Solidarität sei häufig zu erleben, dass die Solidarität nur von kurzer Dauer ist.

Unterkunftsvermittlung Unterkunft-UkraineFAQs von Pro Asyl zur privaten Aufnahme von Geflüchteten

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