Das Comeback des Hochbegabten - Evenepoel wieder obenauf | FLZ.de

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Veröffentlicht am 25.04.2022 07:07

Das Comeback des Hochbegabten - Evenepoel wieder obenauf

Remco Evenepoel aus Belgien vom Team Quick-Step Alpha Vinyl feiert seinen Sieg auf dem Podium. (Foto: Eric Lalmand/BELGA/dpa)
Remco Evenepoel aus Belgien vom Team Quick-Step Alpha Vinyl feiert seinen Sieg auf dem Podium. (Foto: Eric Lalmand/BELGA/dpa)
Remco Evenepoel aus Belgien vom Team Quick-Step Alpha Vinyl feiert seinen Sieg auf dem Podium. (Foto: Eric Lalmand/BELGA/dpa)

Die schwerste Zeit seiner Karriere hatte das belgische Radsport-Supertalent Remco Evenepoel auch nach seiner furiosen Triumphfahrt von Lüttich nicht vergessen.

„Es war hart. Jeder in meinem Team, in meiner Familie weiß das. Es gab viele Momente, in denen ich grundlos geweint habe, weil ich nicht zu mir gefunden habe. In so vielen Rennen“, berichtete der 22-Jährige über seinen beschwerlichen Weg zurück, der ihm ein Happy End mit dem Sieg beim schweren Frühjahrsklassiker Lüttich-Bastogne- Lüttich beschert hat.

20 Monate ist es her, als Evenepoel reglos zwischen Ästen und Gesteinsbrocken in Italien lag. Der Hochbegabte auf dem Rennrad war nach einer Abfahrt bei der Lombardei-Rundfahrt über die Brüstung einer Brücke gestürzt und mehrere Meter tief gestürzt. Es musste Schlimmstes befürchtet werden. Dass im Krankenhaus Sant'Anna von Como ein Beckenbruch und eine Lungenquetschung diagnostiziert wurden, war fast schon ein glücklicher Umstand. Ein paar Meter weiter hätte ein Sturz womöglich fatale Folgen gehabt.

Und doch folgte für Evenepoel eine Leidenszeit, die ihm „mental und körperlich“ schwer zu schaffen machte. Die Genesung verlief nicht so, wie er sich das vorstellte. Für einen Wunderjungen, dessen Karriere in nur eine Richtung verlief und der Vergleiche mit der belgischen Rad-Legende Eddy Merckx aushalten musste, war dies schwer zu akzeptieren. Dazu musste er sich Kritik gefallen lassen, sogar von Merckx, der dem Youngster Egoismus vorwarf.

Geduld war gefragt, das kannte Evenepoel nicht. Schließlich lief doch alles von allein. Denn der Junge aus Aalst ist ein Alleskönner. Mit 16 Jahren spielte er in der belgischen Fußball-Juniorenauswahl, den Halbmarathon lief er in beachtlichen 1:13 Stunden. Der Weg in den Fußball war eigentlich vorgezeichnet, unter anderem spielte er für die PSV Eindhoven und den RSC Anderlecht. Sogar einen Profivertrag hatte er schon unterzeichnet. Doch seine Liebe gehörte dem Radsport - wie bei seinem Vater Patrick, der in den 90er Jahren selbst Profi bei Collstrop war.

Dass die Entscheidung goldrichtig war, zeigte sich bereits zu Beginn seiner Karriere. Schon in seinem Premierenjahr gewann er die Clasica San Sebastian und wurde Vize-Weltmeister im Zeitfahren. Plötzlich ließ ein 19-Jähriger gestandene Radprofis wie Anfänger stehen. Bis zu jenem Tag in der Lombardei, der vieles veränderte. „Du kannst talentiert sein wie du willst, aber du brauchst den Kopf und den Willen, weiter hart zu arbeiten und sich zu verbessern“, erklärte Evenepoel.

In Lüttich habe „der beste Remco auf dem Rad“ gesessen, meinte Evenepoel. Und auch Teamchef Patrick Lefevere, der schon vielen Radprofis wie Marcel Kittel oder Mark Cavendish zurück in die Erfolgsspur verholfen hat, sah sich bestätigt. „Wir haben uns nicht geirrt, weiter in ihn zu investieren“, sagte Lefevere. Noch vor seinem Comeback erhielt Evenepoel im April 2021 eine Vertragsverlängerung bei Quick Step um fünf Jahre.

© dpa-infocom, dpa:220424-99-29258/3

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