Veröffentlicht am 30.03.2023 06:30

Bürger halten in Flachslanden das Wasser im Ort

Aktive der Freiwilligen Feuerwehr packen kräftig mit an, um Platz für breitere Wassergräben zu schaffen. In ihnen wird Regenwasser auf natürliche Art gespeichert.  (Foto: Manfred Blendinger)
Aktive der Freiwilligen Feuerwehr packen kräftig mit an, um Platz für breitere Wassergräben zu schaffen. In ihnen wird Regenwasser auf natürliche Art gespeichert. (Foto: Manfred Blendinger)
Aktive der Freiwilligen Feuerwehr packen kräftig mit an, um Platz für breitere Wassergräben zu schaffen. In ihnen wird Regenwasser auf natürliche Art gespeichert. (Foto: Manfred Blendinger)
Aktive der Freiwilligen Feuerwehr packen kräftig mit an, um Platz für breitere Wassergräben zu schaffen. In ihnen wird Regenwasser auf natürliche Art gespeichert. (Foto: Manfred Blendinger)

Die Frage, wie man Regenwasser länger für die Natur nutzen kann, beschäftigt viele. In Flachslanden finden sie Antworten. Dort werden von der Gemeinde mit Unterstützung von Vereinen, Naturpark Frankenhöhe und Landschaftspflegeverband Mittelfranken gezielt Kleingewässer angelegt, die gleichzeitig zum Lebensraum bedrohter Arten werden.

Dr. Zeno Lamers steht am Ufer des Sonnensees und bereitet seine nächste Fahrt nach Frankreich vor. Mit der Motorsense. „Unsere Aufgabe ist es, die kleinen Gumpen für die Moorfrösche zu verbessern. Mit der Motorsense werden Gehölze weggemacht.” Damit die flachen Wasserlöcher nicht zuwachsen und möglichst guten Lebensraum für die Moorfrösche bieten.

Der Arzt ist Vorsitzender beim Verein für die Partnerschaft Flachslandens mit den beiden französischen Gemeinden Cornil und Sainte-Fortunade. „Es macht uns Spaß, Leute zusammenzubringen, um Gutes zu tun”, sagt Lamers. Deshalb sind Vereinsmitglieder regelmäßig bei Bürgeraktionen zum Naturschutz dabei.

Moorfrösche leben am Ufer des Sonnensees

Am Südufer des Sonnensees, der von Hangquellwasser gespeist wird, besteht der Untergrund aus reinem Sand. Dieser ist arm an Nährstoffen, aber reichlich mit Wasser versorgt. Hier hat sich ein für Westmittelfranken seltenes Moor mit Wollgras gebildet, in dem unter anderem Sumpfveilchen und Moorfrösche zu Hause sind. Für sie legen die Freunde von Cornil und Sainte-Fortunade heute Hand an. „Ich schicke ein paar Bilder nach Frankreich”, verspricht Dr. Zeno Lamers. „Da gibt es solche Aktionen eher nicht.”

In Flachslanden schon. Dort kümmern sich regelmäßig Mitglieder von Vereinen um den Naturschutz. Sie helfen damit nicht nur Pflanzen und Tieren, sondern auch der Vereinskasse. Der Freistaat gibt hohe Zuschüsse für Maßnahmen zur Rettung bedrohter Arten. Dann können Aufwandsentschädigungen an Bürger gezahlt werden, die Arbeiten übernehmen. Die Frankreich-Freunde fördern damit die nächste Begegnung. Die Feuerwehr spart auf notwendige Geräte.

Zuschüsse für die Vereinskasse

„Bei Feuerwehren gibt es immer etwas zu beschaffen. Wir haben für ein Mehrzweckfahrzeug 10.000 Euro zugezahlt. Das Geld muss irgendwo herkommen”, sagt ein paar Kilometer vom Sonnensee entfernt am Beckengraben Kommandant Stephan Kraheberger. Etliche Hundert Euro sind bei jedem Einsatz drin, wenn Dutzende Freiwillige anpacken.

„Das ist ein wichtiger Nebeneffekt”, so der Kommandant. Hauptmotiv ist die Überzeugung, wie wichtig der Naturschutz vor der Haustür ist. „Das ist aufwändig für die Gemeinde. Da ist es gut, wenn die Vereine mithelfen.” Deshalb sind bei der Frühjahrsaktion die Wehren aus dem Hauptort und den Ortsteilen Kettenhöfstetten, Virnsberg, Sondernohe und Neustetten dabei.

Spezialisten der Feuerwehr setzen die Sägen an

Ihre Spezialisten mit einer Ausbildung für die Motorsäge verbinden das mit dem praktischen Training. Sie fällen oder schneiden Bäume und Büsche zurück, um empfindlichen Pflanzen mehr Licht zu verschaffen. Die Stämme und Äste werden als Rückzugsorte für kleine Tierarten gestapelt. Der Fahrer eines Radladers hebt Erde ab, wo bestehende Gräben breiter und tiefer werden sollen.

Es sind Vorarbeiten, damit in den kommenden Wochen mit einem Bagger neue Becken in die Landschaft gezeichnet werden. Regie hat der Biologe Ulrich Meßlinger, der in seinem Heimatort schon etliche Projekte angeschoben hat. „Es ist nachgewiesen, dass dort, wo es viele kleine Rückhaltungen gibt, im Sommer mehr Wasser da ist”, sagt er. Das kostbare Nass läuft nicht mehr möglichst schnell weg, sondern bleibt lange stehen, bevor es versickert oder verdunstet. „In der Nähe ist der Untergrund feuchter, was auch der Bodenfruchtbarkeit nützt”, so Meßlinger. „Der wechselnde Wasserstand in den sanft geschwungenen und immer wieder aufgestauten Gräben bietet abwechslungsreiche Lebensräume für Pflanzen und Tiere.”

Laubfrösche ziehen andere Arten mit

Ihr bekanntester Vertreter ist der Laubfrosch. Er ist in Bayern vom Aussterben bedroht, weil ihm Klimawandel und intensive Landnutzung zu schaffen machen. Um ihn und ähnlich stark bedrohte Arten zu retten, fördert die Landesregierung Schutzmaßnahmen mit bis zu 90 Prozent. Flachslanden ist von Anfang an dabei - mit Erfolg. „Wir haben inzwischen eine sehr große Laubfroschpopulation”, sagt Ulrich Meßlinger. „Sie rufen an rund 50 Gewässern wieder.”

Der Laubfrosch zieht über die Förderprogramme andere mit. „Er steht stellvertretend für weitere Arten, die auch von kleinen Rückhaltungen profitieren”, verweist der Flachsländer Biologe auf die breite Wirkung. „Es wird dabei immer wichtiger, Verbundkorridore zu schaffen, in denen sich Tiere in Gräben aufhalten können auf der Reise von ihrem Landlebensraum zu den Laichgewässern.”

Naturpark Frankenhöhe unterstützt Gemeinden

Ein wichtiger Anwalt des Laubfroschs ist der Naturpark Frankenhöhe, bei dem Ranger Joshua Blank die Projekte betreut. „Unser Ziel ist es, im Naturpark die Laubfroschpopulation wieder auszubauen.”

Vorreiter ist die Gemeinde an der Grenze der Landkreise Ansbach und Neustadt/Aisch-Bad Windsheim. „Von Flachslanden will man nach außen rücken”, gibt Joshua Blank die Richtung vor. „In den Nachbargemeinden Lehrberg und Rügland werden die ersten Maßnahmen geplant. Dort ist schon kartiert. Heuer soll in Colmberg und Oberdachstetten kartiert werden.” Dann steht fest, wo genau in diesen Gemeinden Laubfrösche leben – und wo sie zusätzlich leben wieder könnten, wenn ihnen mit Bagger und Motorsäge etwas geholfen würde.

Ranger übernimmt die Organisation

„In anderen Gemeinden sind wir auf der Suche, ob es überhaupt noch Laubfrösche gibt”, berichtet der Ranger des Naturparks. Er unterstützt die Gemeinden beim Kampf um Fördergelder. „Die Zuschüsse gehen bis zu 90 Prozent der Kosten. Die Anträge laufen alle über uns”, betont Blank. „Das setzt die Hürde für Gemeinden deutlich niedriger.”

Der Naturpark übernimmt anschließend auch die Organisation, schreibt die Baggerarbeiten aus und rechnet mit Landwirten ab, die das Material abfahren, und den Vereinen, die ihre Arbeitsleistung einbringen. Joshua Blank war bei der jüngsten Aktion in Flachslanden dabei. „Ich will sehen, wie das gemacht wird.”

Viele Kinder aus Vereinen bei Aktionen dabei

Zum Vorreiter ist die Marktgemeinde geworden, weil sich eine ungewöhnlich hohe Zahl der rund 2400 Einwohner regelmäßig engagiert. „Wir haben es geschafft, Vereine für solche Aktionen zu gewinnen. Dazu gehören viele Kinder, die dabei aktiv sind”, sagte Bürgermeister Hans Henninger. Kurz nach dem Naturschutzeinsatz packten vor kurzem bei der alljährlichen Aktion „Ramadama” über 140 Menschen an, um die Natur von Unrat zu säubern. „So eine Beteiligung ist wirklich gigantisch”, freut sich der Bürgermeister.

Neben den Feuerwehren aus verschiedenen Ortsteilen mit der Jugendfeuerwehr waren auch Schule, Kindergarten und weitere Vereine dabei. Sie sammelten auf vorher ausgewählten Wegen und Waldrändern Abfall aller Art bis hin zu weggeworfenen Ölfässern und Rollen von Stacheldrahtzäunen.

Naturschutz macht Flachslanden schöner

Es war ein langer Weg, um die Akzeptanz für den Naturschutz zu erhöhen. „Das war früher ganz anders”, erinnert sich Hans Henninger. „Da waren die meisten Bürger extrem kritisch.” Jahr für Jahr wurde jedoch deutlicher, wie der Ort durch Renaturierungen, Pflanzaktionen und das Schaffen blühender Flächen schöner wird. „Man sieht, dass es der Natur etwas bringt.”

Neben den wachsenden Sorgen wegen des Klimawandels verweist der Bürgermeister auf ein Hochwasser aus dem Jahr 2016. Dessen verheerende Folgen hätten alle für das Thema sensibilisiert, dem Regenwasser Platz zurückzugeben, um es in der Natur zu halten.

Die Zeit von Dränagen und schnurgeraden Gräben ist für den Biologen Ulrich Meßlinger endgültig vorbei. „Alle müssen anders mit Gewässern umgehen. Der Schutz vor Hochwasser, das Zurückhalten des wertvollen Niederschlagswassers und der Schutz der Natur lassen sich dabei mit geringen Kosten und zum Wohle aller sehr gut kombinieren.”


Manfred Blendinger
Manfred Blendinger
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