Es steht ein langjähriger Aufenthalt hinter Gittern im Raum: Im Prozess vor der Strafkammer des Landgerichts Ansbach wegen mehrfacher Vergewaltigung in der Ehe ist die Beweisaufnahme mit der Befragung der Hauptbelastungszeugin fortgesetzt worden. Vieles, wenn nicht alles, dreht sich um die Glaubwürdigkeit der Ehefrau.
Es steht in diesem Fall Aussage gegen Aussage. Der Angeklagte bestreitet die ihm zur Last gelegten Vorwürfe vom ersten Prozesstag an vehement. Seine Noch-Ehefrau dagegen belastet ihn schwer. Faktische Beweise, die ihre Behauptung stützen könnten, gibt es allerdings nicht. Ein Frauenarzt, der sie untersuchte, konnte keinerlei Beweise für eine Vergewaltigung finden. Insgesamt 30-mal will die Frau aber gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden sein.
Über mehrere Monate soll sich ihr Martyrium gezogen haben. Es begann ihrer Darstellung gemäß nur wenige Tage, nachdem sie im August 2021 aus dem Iran nach Deutschland gekommen war. Probleme bestanden jedoch schon lange vorher. 2018 hatte sich das Paar erstmals scheiden lassen. Der Mann lebte da bereits anerkannt in Deutschland und hatte eine Arbeit gefunden, die Frau wartete in Teheran mit dem gemeinsamen Kind auf die Ausreise.
Gegenseitige Verdächtigungen prägten schon damals die Ehe. Er soll in Ansbach eine Freundin gehabt haben, aber auch die Frau hatte wohl Anschluss gesucht. „Ich möchte darauf nicht antworten“, entgegnet sie im Gerichtssaal der Frage des Verteidigers des Angeklagten, ob sie damals nicht selbst eine außereheliche Beziehung geführt hatte.
Dennoch heiratete das Paar nur ein Jahr nach der Scheidung ein zweites Mal. Doch wirklich besser wurde das Verhältnis auch nach der Zusammenführung der Familie im Jahr 2021 in Deutschland nicht. Im Gegenteil. Einen Monat vorher hatte die Frau herausgefunden, dass er wieder eine Freundin hat. „Deswegen habe ich ihn nicht mehr geliebt“, sagt die Frau. Nach ihrer Aussage kam sie nur wegen des Versprechens an ihren Sohn nach Deutschland, die Familie wieder zusammenzuführen.
Er versprach ihr im Anschluss, aus der Wohnung in Ansbach auszuziehen, unternahm aber keine konkreten Bemühungen. Und nur vier Tage nach ihrer Ankunft soll der 42-Jährige seine Frau in der Wohnung dann erstmals vergewaltigt haben.
„Seine Knie waren auf meinem Körper, ich konnte mich nicht bewegen“, schildert die Frau die Szenerie, die sich auf einer Couch im Wohnzimmer zugetragen haben soll. Wie der Mann in der verschlungenen Position ihre Hose heruntergezogen haben soll, konnte sie auf Nachfrage nicht erklären.
Ohnehin ergaben sich im Lauf der mehrstündigen Befragung der Frau durch Staatsanwältin Christine Hönsch und Verteidiger Shervin Ameri einige Ungereimtheiten. Im fraglichen Zeitraum der angeklagten Taten zwischen August 2021 und Februar 2022 unternahm die Familie gemeinsam eine Reise in die Türkei, um die dort lebende Mutter der Frau zu besuchen. Ein Videoclip zeugt von einer entspannten Atmosphäre während der langen Autofahrt. Einige Tage später feierte das Paar zusammen den Jahreswechsel und landet nicht nur bei dieser Gelegenheit im Bett.
Es kam in der Türkei mehrfach zu einvernehmlichem Sex, wie die Zeugin einräumt. Warum hatte sie das nicht schon vorher bei der Polizei oder dem Ermittlungsrichter ausgesagt, fragt der Verteidiger. „Niemand hat mich danach gefragt“, lautet die lapidare Antwort.
Wut, Frust und Enttäuschung hatten sich offensichtlich bei der Frau aufgestaut. Der Mann übernahm viele Kosten, beschenkte sie, finanzierte ihre Reise zur Beerdigung ihrer Schwester in die Türkei und überließ ihr eine Kreditkarte nebst Geheimzahl. Andererseits soll er mit Handyfotos vor einem Freund mit seinen Sexabenteuern geprahlt haben, wurde von ihr erwischt und mitten in der Nacht durch eine Ohrfeige aus dem Schlaf gerissen.
Doch weder der bei Bremen lebenden Familie ihres Schwagers, ihrer Mutter oder Beratungsstellen in Deutschland, von denen sie nach eigenem Bekunden Kenntnis hatte, vertraute sie sich an. „Aus Angst, dass er mir das Kind wegnimmt“, sagt sie. Erst im Februar 2022 rief sie die Polizei. „Wegen der schrecklichen Situation und dem Leben, das ich hatte.“ Fortgesetzt wird der Prozess am 22. März.