Mordanschlag: „Eil-Bedürftigkeit nicht zu erkennen“ | FLZ.de

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Veröffentlicht am 19.03.2024 16:25

Mordanschlag: „Eil-Bedürftigkeit nicht zu erkennen“

Markierungen der Spurensicherung auf dem Boden am Tatort des Angriffs auf zwei Kinder, einige Meter von einer Schule entfernt. Auf einem kleinen Parkplatz hat die Polizei Flatterband gespannt und alles abgesperrt. (Foto: Christoph Reichwein/dpa)
Markierungen der Spurensicherung auf dem Boden am Tatort des Angriffs auf zwei Kinder, einige Meter von einer Schule entfernt. Auf einem kleinen Parkplatz hat die Polizei Flatterband gespannt und alles abgesperrt. (Foto: Christoph Reichwein/dpa)
Markierungen der Spurensicherung auf dem Boden am Tatort des Angriffs auf zwei Kinder, einige Meter von einer Schule entfernt. Auf einem kleinen Parkplatz hat die Polizei Flatterband gespannt und alles abgesperrt. (Foto: Christoph Reichwein/dpa)

Nach dem Mordanschlag auf zwei Kinder in Duisburg hat sich der Rechtsausschuss des NRW-Landtags in einer Sondersitzung mit der Frage beschäftigt, ob die Bluttat zu verhindern gewesen wäre. Ein 21-Jähriger steht im Verdacht, zwei neun und zehn Jahre alte Grundschulkinder Ende Februar in Duisburg mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt zu haben, obwohl es Hinweise gab, dass der Mann Mordabsichten hegte.

Für das NRW-Justizministerium erläuterte Nils Bußeé am Dienstag, dass es einen Unterschied mache, ob ein Eil-Hinweis auf dem Deckblatt einer Ermittlungsakte stehe oder in der darin enthaltenen Abgabeverfügung. Nur bei einem entsprechenden Hinweis auf dem Deckblatt werde die Eil-Bedürftigkeit in den Poststellen erkannt und die Akte beschleunigt zugestellt.

„Der gehört auf das Deckblatt, in die Akte guckt die Wachtmeisterei nicht rein“, sagte Bußeé. In der aus Bayern übersandten Akte habe der Eil-Hinweis aber nur im Inneren auf der Abgabeverfügung gestanden.

Bereits am 8. Januar hatte sich ein Zeuge im bayerischen Straubing an die Polizei gewandt und mitgeteilt, der 21-Jährige habe ihm in einem Chat einen Mord für September 2024 angekündigt. Die bayerische Polizei hatte den Chat-Teilnehmer als den 21-Jährigen in Duisburg ermitteln können. Der Fall war dann auf dem Postweg an die Duisburger Staatsanwaltschaft abgegeben worden, wo die Akte am 15. Februar eingegangen war.

Eine telefonische Rückfrage einer Duisburger Staatsanwältin habe dann ergeben, dass die bayerische Polizei für eilige Maßnahmen der Gefahrenabwehr keinen Anlass gesehen habe. Dennoch hätten sowohl die Staatsanwältin als auch ein Ermittlungsrichter beim Blick in die Akte und nach der Sichtung der weiteren gegen den Beschuldigten laufenden Ermittlungsverfahren eine besondere Eil-Bedürftigkeit erkannt und Maßnahmen eingeleitet.

Der Ermittlungsrichter habe in der Akte einen Screenshot mit einem Instagram-Post des Verdächtigen entdeckt, der bereits zweimal seine Mutter angegriffen haben soll: „Tag 15 in der Freiheit, demnächst plane ich weitere Tödliche Verletzungen an irgendwelchen Dummen Randoms, diesmal lasse ich mich nicht erwischen.“

Letztlich hatte die Staatsanwaltschaft zwar einen Durchsuchungsbeschluss gegen den 21 Jahre alten Deutsch-Bulgaren erwirkt, der aber vor dem Angriff am 28. Februar nicht mehr umgesetzt worden war. Warum dies nicht geschehen sei, werde noch weiter untersucht. „Wir nehmen den Vorfall zum Anlass, besser werden zu wollen“, sagte Bußeé.

Zweifellos werde die geplante elektronische Akte künftig solche Vorgänge beschleunigen. „Die Postlaufzeiten zwischen den Behörden würden entfallen“, sagte ein für IT zuständiger Vertreter des Justizministeriums.

Gegen den mutmaßlichen Angreifer war Haftbefehl wegen zweifachen versuchten Mordes erlassen worden. Der Haftbefehl ist inzwischen in einen sogenannten Unterbringungsbefehl umgewandelt worden. Der Verdächtige befindet sich in einer Psychiatrie. Im Laufe der Ermittlungen hatten sich Zweifel an seiner Schuldfähigkeit ergeben. Die beiden Kinder, auf deren Köpfe der Mann eingestochen habe, hätten das Krankenhaus inzwischen verlassen können.

© dpa-infocom, dpa:240319-99-393453/4


Von dpa
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