So friedlich, fröhlich und entspannt wie selten geht das Münchner Oktoberfest zu Ende. 6,7 Millionen Gäste kamen nach einer ersten Schätzung der Festleitung. Das teils nasse und kühle Wetter in der zweiten Festhälfte trübte die Stimmung kaum. Die Menschen flanierten gemütlich, verteilten sich auf Zelte, Biergärten und Straßen. Oft bildeten sich Schlangen an den Fahrgeschäften - auch am letzten Tag.
Dabei gab es deutlich weniger Straftaten, die Wiesn-Sanitätswache behandelte erheblich weniger Patienten. Und dann kam sogar noch Lob von der Kirche. Besser geht es nicht.
„Das Oktoberfest war in diesem Jahr besonders entspannt“, fasste Festleiter Clemens Baumgärtner (CSU) zusammen. Er hoffe, dass sich der Trend zum „qualitätsbewussten Volksfest“ fortsetze.
2023 kamen rekordverdächtige 7,2 Millionen Besucher, damals dauerte die Wiesn zwei Tage länger. Baumgärtner betonte immer, man sei nicht auf Rekordjagd. Es gehe um glückliche und zufriedene Besucher.
„Es war eine friedliche Wiesn. Und es war eine sichere Wiesn“, bilanzierte die Polizei. Appelle und Aufklärung hätten gefruchtet. Die Gäste hätten schnell verdächtige Beobachtungen gemeldet und gegenseitig aufeinander achtgegeben, lobte der Pressesprecher der Polizei, Andreas Franken. Deshalb rückten die Beamten öfter aus - oft blieb es aber bei Kontrollen.
Öfter als im Vorjahr wurden Maßkrüge als Tatwaffe genutzt. Aus Wut für den Verweis aus dem Festzelt warf etwa ein Besucher einen Maßkrug in die Menge. Zwei Gäste wurden am Kopf verletzt.
Dennoch lautete die Bilanz insgesamt: weniger Körperverletzungen, weniger Taschendiebstähle, weniger Sexualdelikte - die Zahl der Straftaten sank gegenüber 2023 um rund 25 Prozent auf etwa 700. Bei Verkehrskontrollen rund um das Fest stellte die Polizei gut 200 Führerscheine sicher. Dennoch nahm die Zahl der Trunkenheitsfahrten ab, vielleicht eine Folge des Trends zu alkoholfreien Getränken.
Die verstärkten Sicherheitsvorkehrungen, die im Vorfeld des Festes nach dem Terroranschlag von Solingen und den Schüssen in München breit diskutiert wurden, liefen reibungslos. Die Gäste akzeptierten die Kontrollen an den Eingängen auch mit Hand-Metalldetektoren.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sprach von einem erfolgreichen Einsatzkonzept. „Der Spagat zwischen hohem Sicherheitsniveau und ausgelassenem Feiern ist hervorragend gelungen.“
Eine friedliche Wiesn sei eine „Feier des Lebens“, lobte der Münchner Kardinal Reinhard Marx im Bayerischen Rundfunk, und hob das Verbindende und den Gemeinsinn Fördernde von Festen gerade in Krisenzeiten, trotz Kriegen, Terrorismus und Unglücken hervor.
Zwar bedeute die Wiesn auch Kommerz und Konsum, sagte der Erzbischof von München und Freising. Aber auch, wenn nach seiner Einschätzung wohl nicht alles im rechten Maß sei, fasziniere ihn, dass das Fest „eine solche Vielfalt an Menschen zusammenbringt“. Gemeinsam feiern gehöre zum Menschsein und zum Christsein dazu.
Zahlreiche Gäste kamen aus dem Ausland, vor allem aus den USA und Italien, aber auch aus Großbritannien, Österreich, Polen, Frankreich, Schweiz, Spanien, den Niederlanden - und erstmals vermehrt aus Indien. Die Mehrzahl warf sich in Lederhose und Dirndl. Die Gäste griffen zunehmend zu höherwertigen Varianten, um komplett in das „Universum Oktoberfest“ einzutauchen, wie die Festleitung bemerkte.
Viele Prominente feierten mit. Mit den Spielern des FC Bayern stieß nach dem 5:0 beim SV Werder Bremen Ehrenpräsident Uli Hoeneß an. Unter den Gästen waren Schauspieler Arnold Schwarzenegger, Franz Herzog von Bayern, Moderator Thomas Gottschalk, Volksmusikstar Florian Silbereisen und die US-Popsängerin und Schwester von Michael Jackson, La Toya Jackson. Bill Kaulitz, Sänger der Band Tokio Hotel, war mit Model Marc Eggers unterwegs.
Zum „Almauftrieb“ im Käfer-Zelt kamen unter anderem Skirennläufern Maria Höfl-Riesch und der Comedian Oliver Pocher. Cathy Hummels lud zu ihrem Wiesn-Bummel, die Mietwagen-Unternehmerin Regine Sixt zu ihrer „Damenwiesn“.
Die Wirte meldeten ein Plus von rund neun Prozent bei den Speisen. Renner blieb das Hendl, zugleich waren Öko-Produkte sowie vegetarische und vegane Schmankerln zunehmend gefragt. Rund sieben Millionen Maß Bier rannen durch durstige Kehlen.
Die Wiesn-Sanitätsstation der Aicher Ambulanz kümmerte sich um gut 5.300 Patientinnen und Patienten, fast 30 Prozent weniger als im Vorjahr, wie Michel Belcijan, Betriebsleiter der Aicher Ambulanz und Einsatzleiter der Sanitätswache, berichtete. Die Zahl der stark betrunkenen Jugendlichen ging schon im zweiten Jahr zurück. Einem 16-Jährigen, der bewusstlos am Boden zusammengesackt war, leistete kürzlich Wiesnchef Baumgärtner Erste Hilfe.
Ein Todesfall überschattete die vergangenen Tage. Ein 50 Jahre alter Gast erlitt vermutlich eine Lungenembolie und konnte trotz sofortiger Hilfe nicht gerettet werden.
Bei einem Drittel der Patienten lautete die Diagnose wie jedes Jahr Alkohol-Intoxikation. Die Sanitätsstation war deshalb über Nacht in Betrieb. Rund 190 alkoholgeschädigte Gäste hätten im „Hotel Aicher“ übernachtet. So würden die Kliniken entlastet, sagte Belcijan. Früher mussten Betrunkene, die nicht nach Hause geschickt werden konnten, in Kliniken verlegt werden. Nun war es umgekehrt: Wenn noch Platz war, nahm die Station unter anderem Betrunkene aus dem Stadtgebiet auf - da ist man schließlich spezialisiert.
Oft mussten Schnitt- und Platzwunden versorgt werden. Der dafür vorgesehene Faden kam samt Nadel auch in einem textilen Notfall zum Einsatz: Die Sanitäter nähten ein am Dekolleté aufgerissenes Dirndl wieder zu.
Auch ein „Kopfschuss“ wurde versorgt. Die Betreiberin einer Schießbude war in die Schussbahn geraten. Ein Unfallchirurg entfernte das Projektil, nähte die Wunde und die Frau verließ die Sanitätswache selbstständig.
An den letzten Tagen machten die Helfer immer öfter Bedienungen wieder fit. Rückenschmerzen, Blasen an den Füßen oder Husten und Halsweh - die sogenannte Wiesn-Grippe machte auch vor ihren nicht halt.
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