Weniger Angriffe auf Polizei - Weiter hohes Gewaltpotenzial | FLZ.de

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Veröffentlicht am 29.06.2022 03:32

Weniger Angriffe auf Polizei - Weiter hohes Gewaltpotenzial

Ein Demonstrant zeigt einem Polizisten die Fäuste. (Foto: Fabian Sommer/dpa/Symbolbild)
Ein Demonstrant zeigt einem Polizisten die Fäuste. (Foto: Fabian Sommer/dpa/Symbolbild)
Ein Demonstrant zeigt einem Polizisten die Fäuste. (Foto: Fabian Sommer/dpa/Symbolbild)

Schläge, Beleidigungen, Angriffe, versuchter Mord: Im Arbeitsalltag von Bayerns Polizisten gibt es nach Aussage von Innenminister Joachim Herrmann weiterhin ein „besorgniserregendes Gewaltpotenzial“. Daran ändere auch nicht, dass sich die am Mittwoch in München vorgestellte Statistik für das Jahr 2021 erstmals seit Jahren einen Rückgang bei Gewaltdelikten gegen Polizistinnen und Polizisten ausweise, betonte der CSU-Politiker. So finden sich im Lagebild sogar fünf Angriffe, die als versuchte Tötungsdelikte eingestuft wurden (2020: 6).

Wie aus der Statistik weiter hervorgeht, wurden 2021 bayernweit 7826 Fälle von verbaler und körperlicher Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten registriert (-8,9 Prozent im Vergleich zu 2020). Mehr als die Hälfte der Fälle waren Angriffe mit körperlicher Gewalt (4379). Der Schwerpunkt der Taten liegt demnach an den Wochenenden. Das höchste Aufkommen gebe es an Freitagen mit 1191 Fällen, an Samstagen mit 1571 Fällen und an Sonntagen mit 1278 Fällen.

Schwerpunkte der Straftaten waren Beleidigungen (3080 Fälle), Tätliche Angriffe (2169 Fälle) und Widerstände gegen Polizeivollzugsbeamte (1498 Fälle). In zwölf Fällen hatte der Angreifer eine scharfe Schusswaffe bei sich (2020: 9).

Ferner wurden 2021 19.069 bayerische Polizistinnen und Polizisten Opfer von physischer und psychischer Gewalt (-7,7 Prozent). Die Anzahl der Verletzten sank um 180 auf 2629. Darunter waren aber immer noch 19 Schwerverletzte, die stationär behandelt werden mussten.

„Der Schutz unserer Polizistinnen und Polizisten hat besondere Priorität“, betonte Herrmann. „Wir haben in den vergangenen Jahren mit mehr als 120 Millionen Euro erheblich in die Ausstattung der bayerischen Polizeikräfte und damit auch in deren Schutz investiert.“

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft sieht keine Trendumkehr: „Es ist ein Lichtblick, leider noch nicht mehr“, sagte Jürgen Köhnlein, bayerischer Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Trotz der Gesamtabnahme seien die Zahlen bei den schweren Angriffen nicht wirklich spürbar zurückgegangen. „Gerade die Anzahl der Angriffe mit Waffen ist entweder gleich geblieben oder sogar gestiegen. Eine Kehrtwende bei der Intensität gibt es daher leider nicht.“ Weiterhin bereiten jene Angriffe Sorge, bei denen es nur vom Zufall abhänge, ob schwerste Verletzungen entstünden.

Neben der neuen Uniform wurden laut Innenministerium etwa für alle Einsatzkräfte neue Einsatzstöcke und neue Dienstpistolen SFP9 beschafft. Außerdem habe Bayerns Polizei mehr als 1700 Body-Cams sowie Distanz-Elektroimpulsgeräte bei allen geschlossenen Einsatzeinheiten der Landespolizei und allen Spezialkräften in Bayern im Einsatz. Seit März 2020 würden ferner besonders schwerwiegende oder öffentlichkeitswirksame Taten zu Lasten von Polizisten und anderen Einsatzkräften von besonderen Ansprechpartnern bei Polizei und Staatsanwaltschaften identifiziert und beschleunigt bearbeitet.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze forderte ferner mehr Augenmerk für Ursachenforschung und höhere Investitionen in Gewaltprävention. Zudem zeige die Statistik, dass Alkoholmissbrauch immer wieder Auslöser für Aggression und Gewalt sei. „Es braucht hier also gute und landesweite Aufklärungskampagnen, die sich ganz gezielt an jeweilige Zielgruppen richten“, sagte sie.

Wie wichtig und erfolgreich die Polizeiarbeit ist, zeigt laut Herrmann die erneute Verbesserung der Sicherheitslage in Bayern: „Wir haben die niedrigste Kriminalitätsbelastung seit 44 Jahren und die höchste Aufklärungsquote seit 27 Jahren. Im deutschlandweiten Vergleich ist München erneut sicherste Großstadt mit über 200.000 Einwohnern, Augsburg liegt an zweiter, Nürnberg an vierter Stelle.“

© dpa-infocom, dpa:220628-99-835388/4

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