Weniger Gäste auf Glühwein-Wiesn: Kein „Fremdeln“ nach Pause | FLZ.de

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Veröffentlicht am 25.09.2022 13:30

Weniger Gäste auf Glühwein-Wiesn: Kein „Fremdeln“ nach Pause

Die Wiesn findet vom 17. September bis 3. Oktober 2022 statt. (Foto: Felix Hörhager/dpa)
Die Wiesn findet vom 17. September bis 3. Oktober 2022 statt. (Foto: Felix Hörhager/dpa)
Die Wiesn findet vom 17. September bis 3. Oktober 2022 statt. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Weniger Gäste, weniger Bier, weniger Patienten auf der Sanitätsstation: Das Oktoberfest hat nach zwei Jahren Pandemie-Pause einen ruhigen Neustart hingelegt. Rund drei Millionen Gäste und damit 300.000 weniger als bei der letzten Wiesn vor der Pandemie besuchten bis zur Halbzeit das Fest. Grund war laut Festleiter Clemens Baumgärtner (CSU) vor allem das miese Wetter. Damit sich die Gäste innerlich wärmen können, darf nun Glühwein ausgeschenkt werden.

Als möglicher Wiesnhit kristallisiert sich schon jetzt das wegen Sexismus umstrittene Lied „Layla“ heraus - das die Wirte eigentlich gar nicht spielen wollten.

Wie immer feiert die Prominenz mit. Am Wochenende kam der Schauspieler Arnold Schwarzenegger mit Freundin und Söhnen, gesehen wurden auch Elyas M'Barek und seine Frau Jessica.

Es sei eine Wiesn wie früher, mit vielen vor allem englischsprachigen Touristen und auch mit vielen Familien, sagte Wiesnchef Baumgärtner. „Die Befürchtung, dass der eine oder andere ein bissel fremdeln könnte nach zwei Jahren, ist nicht eingetreten.“

Vor allem auf der traditionelleren Oidn Wiesn im Südteil des Geländes kamen allerdings mit 100.000 Gästen nicht einmal halb so viele Besucher wie 2019. „Ich bin nicht auf der Jagd nach Rekordzahlen“, sagte Baumgärtner, der auch Wirtschaftsreferent ist. Wichtig sei, dass das Fest nach zwei Jahren Corona-Pause wieder stattfinde.

Corona spielt für diejenigen, die zum Fest kommen, dem Anschein nach keine größere Rolle. In den Zelten klirren die Krüge, ein leicht verjüngtes Publikum feiert dicht an dicht, Masken sind absolute Ausnahme. In den Gassen zwischen Zelten und Fahrgeschäften drängen sich Zehntausende. Weder bei den Wirten noch bei Schaustellern oder Sicherheitsdiensten gibt es laut Festleitung größere Personalausfälle wegen Covid-19. Mediziner wie Politiker rechnen allerdings mit einer Corona-Welle nach der Wiesn. Bisher stiegen oft eineinhalb bis zwei Wochen nach dem Start von Volksfesten die Inzidenzen deutlich.

Die Wirte melden einen Rückgang des Bierkonsums um 15 Prozent gegenüber 2019, die Helfer der Wiesn-Sanitätsstation mussten 30 Prozent weniger Patienten behandeln. Anders als Wirte und Schausteller freue man sich hier über weniger Besucher, betonte Einsatzleiter Michel Belcijan. Trotz des gesunkenen Alkoholkonsums war aber etwa die Hälfte der 2600 medizinischen Behandlungen im Sanitätszentrum auch dieses Jahr alkoholbedingt.

Der Start des Festes vor einer Woche war ins Wasser gefallen, nur wenige Tage lockte sonniges Herbstwetter viele. Am Sonntag fröstelten wieder viele in kurzen Lederhosen und Dirndl. Regenschirm und Jacke waren angesagt. An den Fahrgeschäften versiegte der Zustrom erneut.

Weil die Wetterprognose auch für die nächste Woche mies ist, soll es nun Glühwein geben. Man habe sich entschlossen, den Ausschank an Eisständen zu erlauben, sagte Baumgärtner. Gerade Eisverkäufer machten derzeit kein gutes Geschäft. Der Glühwein bringe einen ersten Hauch von Weihnachten. Nun gleich „Merry Christmas“ zu spielen, finde er aber übertrieben. In der Kürze der Zeit gelang es am Sonntag den Marktkaufleuten nicht, mit dem Ausschank tatsächlich zu beginnen. Dafür griffen die Gäste zu Warmem wie Bratwurst und gebrante Mandeln.

Wegen der Kälte stieg der Stromverbrauch gegenüber 2019 um 1,46 Prozent. Die Schausteller müssen ihre Wohnwagen heizen, und das geschieht laut Wiesnchef oft mit Strom. Dafür sank der Gasverbrauch um 13 Prozent. Inwieweit der von den Wirten als Energiespar-Beitrag beschlossene Verzicht auf Heizpilze zu Buche schlägt und ob es diesen auch 2023 geben soll, werde noch geprüft.

Die Polizei meldete mit 923 etwas weniger Einsätze (2019: 1010). Allerdings gab es mehr Widerstand gegen Polizeibeamte, mehr Taschendiebstähle - einer vergriff sich ausgerechnet an einem Polizisten - und etwas mehr Sexualdelikte. In keinem der Fälle ging es aber um eine Vergewaltigung. Rund 120 Mal gab es Anzeigen wegen Körperverletzung - allein 17 Mal wurde der Maßkrug zur Waffe. Die Beamten halfen auch in ungewöhnlichen Fällen: Vor ein paar Tagen geleiteten sie einen Wellensittich ins Tierheim, der sich auf die Wiesn verirrt und bei einer Standlbesitzerin Zuflucht gesucht hatte. Am zweiten Wochenende mit traditionell vielen Italienern halfen italienische Kollegen bei Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienst.

© dpa-infocom, dpa:220925-99-891446/4

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