Proteststurm für Bayreuther „Ring“: Buhrufe | FLZ.de

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 06.08.2022 08:56

Proteststurm für Bayreuther „Ring“: Buhrufe

Einen solchen Proteststurm haben die Bayreuther Festspiele zuletzt selten erlebt: Die Neuproduktion des „Ring des Nibelungen“ ist am Freitagabend nach der Premiere der „Götterdämmerung“ von weiten Teilen des Publikums wütend und gnadenlos niedergebuht worden. Als das Team um Regisseur Valentin Schwarz sich den Zuschauern zeigte, erhob sich lautstarker Protest. Diejenigen, die versuchten, mit Applaus und Bravos dagegen zu halten, gingen unter.

Tatsächlich wurde die „Götterdämmerung“ aber - im Gegensatz beispielsweise zu einem deutlich stärkeren „Siegfried“ vor zwei Tagen - zu einem weitgehend desaströsen Opernabend. Und das lag keineswegs am Weltenbrand, mit dem Richard Wagners „Ring“ zu Ende geht. Schwarz schien im letzten Teil selbst vor seinem überaus ambitionierten und ideenreichen Regiekonzept zu kapitulieren und zeigte eine erstaunlich konventionelle und streckenweise langatmige Interpretation vom Mord an Siegfried und der Rückkehr des Goldes zu den Rheinschwestern. Vielversprechende Erzählstränge aus den ersten drei Teilen gingen nicht auf - und auch die Musik ließ zu wünschen übrig.

Wenn sogar der Dirigent und die Hauptdarstellerin des Abends Buhs einstecken müssen in Bayreuth, wo das Publikum mit den Musikern immer deutlich gnädiger ist als mit der Regie, dann ist das bemerkenswert. So erging es Cornelius Meister, der kurz vor dem Start des „Rings“ für Pietari Inkinen am Pult eingesprungen und nach den ersten drei Teilen noch uneingeschränkt beklatscht worden war. Er musste sich nun mit durchwachsenen Reaktionen zufrieden geben für sein lautes und mitunter rücksichtsloses Dirigat, unter dem vor allem Iréne Theorin als Brünnhilde hörbar litt. Die Sopranistin schien sich ohnehin ungewöhnlich schwer zu tun mit der Partie, sang mit starkem Vibrato, extrem flatternder Stimme, und drohte immer wieder, vom Orchester übertönt zu werden. Dafür gab es ungewöhnlich deutliche Buhs.

Uneingeschränkt gefeiert wurde dagegen „Siegfried“-Einspringer Clay Hilley, der den kurzfristig erkrankten Stephen Gould ersetzte und am Vortag noch in Bari am Strand gelegen hatte, wie der Pressesprecher der Festspiele, Hubertus Herrmann, sagte, als er den Zuschauern vor Beginn der Premiere die Umbesetzung mitteilte. Die stärksten Leistungen zeigten aber die beiden Bösewichte: Hagen (Albert Dohmen) und Gunther (Michael Kupfer-Radecky) wurden für ihre überzeugende Leistung zu Recht gefeiert.

© dpa-infocom, dpa:220806-99-294258/2

north