Im Schatten des Gaza-Kriegs haben palästinensische Demonstranten am Mittwoch im Westjordanland an die Flucht und Vertreibung von mehr als 700.000 Palästinensern während des ersten Nahost-Kriegs 1948 erinnert. Die Palästinenser begehen den sogenannten Nakba-Tag (Tag der Katastrophe) jedes Jahr am 15. Mai und damit einen Tag nach dem Jahrestag der israelischen Staatsgründung vom 14. Mai 1948. Im Westjordanland fand die zentrale Veranstaltung in Ramallah statt. Mittags heulten dort für 76 Sekunden Sirenen - eine Sekunde für jedes Jahr seit der Nakba.
Vor allem Anhänger der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und der Fatah-Bewegung marschierten auf den Straßen. Bei der Hauptveranstaltung in Ramallah waren nach Berichten von Augenzeugen deutlich weniger Teilnehmer als in den Vorjahren.
Nördlich von Ramallah kam es in der Nähe einer jüdischen Siedlung zu Zusammenstößen von demonstrierenden Jugendlichen und israelischen Soldaten. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurde dabei ein junger Mann getötet und ein weiterer festgenommen. Damit seien seit Jahresbeginn 170 Palästinenser im Westjordanland getötet worden und 476 seit dem 7. Oktober. Von der israelischen Armee gab es zunächst keine Informationen über den Vorfall.
Die Zahl der palästinensischen Flüchtlinge und ihrer Nachfahren ist mittlerweile nach Angaben der UN auf rund sechs Millionen angewachsen. Das Flüchtlingsproblem gehört mit dem Streit über den künftigen Status Jerusalems zu einer der kompliziertesten Fragen im israelisch-palästinensischen Konflikt.
Weltweit gibt es nach Angaben des palästinensischen Statistikbüros mehr als 14 Millionen Palästinenser. Rund die Hälfte von ihnen lebt im Westjordanland, in Ost-Jerusalem, dem Gazastreifen und in Israel. Rund 20 Prozent der fast zehn Millionen Einwohner Israels sind Araber.
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