Oktoberfest wird jünger - Gute Stimmung trotz der Umstände | FLZ.de

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Veröffentlicht am 30.09.2022 05:59

Oktoberfest wird jünger - Gute Stimmung trotz der Umstände

Das Riesenrad auf dem Oktoberfest ist bei Dunkelheit beleuchtet. (Foto: Felix Hörhager/dpa)
Das Riesenrad auf dem Oktoberfest ist bei Dunkelheit beleuchtet. (Foto: Felix Hörhager/dpa)
Das Riesenrad auf dem Oktoberfest ist bei Dunkelheit beleuchtet. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Das Münchner Oktoberfest ist zu seinem Neustart nach zwei Jahren Corona-Zwangspause großenteils ins Wasser gefallen. Er habe seit vielen Jahren kein so schlechtes Wetter während der Wiesn-Zeit erlebt, trotzdem hätten die Gäste mit großer Freude gefeiert, sagte Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU). Viele hätten in den Pandemie-Jahren das „Wiesn-Feeling“ vermisst, die bunt beleuchteten Fahrgeschäfte und die Lebendigkeit.

Mediziner hatten allerdings schon vor dem Start vor einer Corona-Welle gewarnt, die sich seit einigen Tagen mit drastisch steigenden Zahlen wohl bewahrheitet.

Wer dennoch auf die Wiesn ging, berichtete von einem entspannten und heiteren Fest mit Platz zum Flanieren. Dabei war die Wiesn 2022 deutlich jünger als zuletzt. Vor allem der Anteil der 18- bis 29-Jährigen auf dem Oktoberfest ist gestiegen. Sie machten in den ersten neun Tagen rund 21 Prozent der volljährigen Besucher aus, wie eine Auswertung von anonymisierten und aggregierten Daten des Mobilfunkanbieters O2 Telefonica durch Invenium ergab. 2019 hatte ihr Anteil im gleichen Zeitraum bei 14 Prozent gelegen.

Auch Baumgärtner sieht vermehrt ein jüngeres Publikum. Viele zwischen 16 bis Mitte 30 ziehe es auf das Fest. Er hat hierfür mehrere Erklärungsansätze: „Erstens, weil es bei den Jüngeren viele gibt, die noch nie auf der Wiesn waren. Und zweitens: Ich glaube, dass die jungen Menschen ausgehungert sind, einander zu sehen, Beziehungen zu knüpfen, zu tanzen und zu feiern. Da hat sich viel angestaut.“ Dennoch seien auch die Älteren nicht ausgeblieben. Bei ihnen zeigen die Daten leichte Rückgänge.

Von den Gästen her sei das Fest noch etwas münchnerischer als sonst, sagte Baumgärtner weiter. Viele seien aus dem Umland da. Auch das deckt sich mit den Daten des Mobilfunkanbieters O2: Danach kamen 63 Prozent der Besucher aus der Stadt und weitere 14 Prozent aus den angrenzenden Landkreisen München Land, Fürstenfeldbruck, Starnberg und Dachau.

Das Interesse aus dem Ausland sei etwas geringer als sonst, aber stärker als zunächst erwartet, sagte Baumgärtner. „Touristen sind eine starke Gruppe.“ Den O2-Daten zufolge waren kamen knapp 16 Prozent der Besucher aus dem Ausland - die meisten aus dem Großbritannien (3,1 Prozent) vor den USA mit 2,6 Prozent.

Schlechtes Wetter bremste immer wieder den Besucherzustrom. Deswegen durfte seit der Halbzeit an Eisständen Glühwein ausgeschenkt werden. Erwartet wird, dass die Besucherzahl zum Wiesn-Ende am Montag hinter der letzten Wiesn 2019 zurückbleibt. Damals kamen 6,3 Millionen Gäste. Auch der Bierfluss war gebremst, etwa 10 bis 15 Prozent weniger sei wohl ausgeschenkt worden, sagte der Wirtschaftsreferent. Die Schausteller hatten es schwer. Bei strömendem Regen war die Lust auf Karussellfahren eher gering. Der durchschnittliche Wiesn-Besuch verkürzte sich dennoch nicht. O2 meldete 4 Stunden 35 Minuten. Das ist sogar eine Minute mehr als 2019.

Die Wiesn-Zeit war dazu auch von anderen Bürden belegt, die manchem die Lust auf das Fest geraubt haben mögen. Vor diesem Hintergrund zeigte sich Baumgärtner zufrieden: „Wenn ich alles zusammennehme: Energiediskussion, Inflation, Geldsorgen und das Wetter - dann ist es eine Topwiesn.“

Nicht zu vergessen Corona. In der zweiten Wiesn-Woche schossen die Inzidenzen nach oben. Am Freitag lag sie in der Stadt München bei 792,8. Das ist im Vergleich zum Freitag vor zwei Wochen - also dem Tag vor Wiesn-Beginn - fast eine Vervierfachung.

Dennoch gebe es bisher keine überlaufenden Krankenhäuser, sagte Baumgärtner. „Das ist das Wichtigste.“ Allerdings steigen auch diese Zahlen deutlich. In München hat sich die Belegung der Normalstationen mit Corona-Patienten seit dem Freitag vor Wiesn-Beginn fast verdoppelt. Aktuell liegt sie bei 344. Auf den Intensivstationen ist zwar noch kein starker Aufwärtstrend zu sehen; bis Infektionswellen dort ankommen, dauert es aber regelmäßig einige Zeit.

Womöglich verschaffte das Wetter den Innenstadtwirten und ihrer „Wirtshauswiesn“ mehr Zustrom. „Das kalte Wetter spielt uns natürlich in die Hände - die warmen Wirtshäuser sind voll“, erklärte Georg Schneider vom Schneider Bräuhaus im Tal. Die Wirtshauswiesn mit Wiesn-Deko, Wiesn-Bier und Wiesn-Stimmung war in den Corona-Jahren 2020 und 2021 entstanden, als das Oktoberfest ausfallen musste. Erstmals fand sie parallel statt. Sie funktioniere „hervorragend in Koexistenz mit dem größten Volksfest der Welt“.

© dpa-infocom, dpa:220930-99-951935/5

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