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Veröffentlicht am 08.05.2023 10:01

Neue Schulprojekte: Wo Kinder naturnah lernen

Ein Grundschüler der Freien Bauernhof-Waldschule Südpfalz steht auf der Wiese eines Bauernhofs vor einer Kuh. (Foto: Uwe Anspach/dpa)
Ein Grundschüler der Freien Bauernhof-Waldschule Südpfalz steht auf der Wiese eines Bauernhofs vor einer Kuh. (Foto: Uwe Anspach/dpa)
Ein Grundschüler der Freien Bauernhof-Waldschule Südpfalz steht auf der Wiese eines Bauernhofs vor einer Kuh. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Katrin Adam und ihr Trägerverein aus der Südpfalz haben bereits geschafft, was eine Initiative aus dem Saarland gerne realisieren möchte.

Nach vier Jahren Vorbereitung eröffneten sie im September 2022 eine Alternativschule, die „Freie Bauernhof-Waldschule Südpfalz“ in Völkersweiler im Landkreis Südliche Weinstraße. Für 18 Kinder der ersten vier Lernstufen und fünf sogenannte Lernbegleiter - inklusive einer Grundschullehrerin - bietet der Josefshof mit Jurte und einem alten Bus seitdem ein „Klassenzimmer“. Für weitere Interessenten wird inzwischen eine Warteliste geführt.

Schule in Nachbarschaft zu Bio-Bauernhof

Auch im Saarland planen fünf Frauen eine freie Schule, in der ökologisches und naturnahes Lernen zentrale Bildungselemente sind. „Wir wollen die erste Hof- und Naturschule des Saarlandes sein“, sagen Gymnasiallehrerin Susanne Matheis und Grundschulpädagogin Nina di Marco. Derzeit befänden sie sich im Genehmigungsverfahren.

„Neben der finalen Ausarbeitung unseres pädagogischen Konzeptes arbeiten wir gerade an der Realisierung eines für unser Projekt geeigneten Standortes“, teilten sie auf Anfrage mit. Gerne würden sie die Schule in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem biologisch arbeitenden Landwirtschaftsbetrieb im Regionalverband Saarbrücken ansiedeln. Losgehen soll es mit Beginn des Schuljahres 2024/25 und zunächst 25 Kindern. Eltern sollen 200 Euro Schulgeld pro Monat zahlen.

Katrin Adam aus der Südpfalz freut sich über das Engagement im Nachbarland: „Im Moment erleben wir, dass ganz viele ähnliche Initiativen aus dem Boden sprießen, nicht nur bei uns, sondern deutschlandweit. Das ist super. Denn Bildung braucht neue Impulse, Bildung muss neu gedacht werden.“

Dies ist auch die Intention der Saarländischen Initiatorinnen: neben Matheis und Di Marco gehören auch die Grundschulpädagogin Irma Kuhn, Planungsingenieurin Viktoria Perschinskaja und Immobilienverwalterin Lilian Riewer dazu. „Wir teilen die Überzeugung, dass Schule auch anders funktionieren kann. Nämlich ohne Leistungsdruck, Noten und feste Stundenpläne, dafür aber mit viel Freiraum für Kreativität und zum Entfalten der eigenen Interessen und Fähigkeiten.“

Bislang noch keine freie Grundschule im Saarland

Gemeinsam wollen sie einen Ort schaffen, „an dem Kinder glücklich und mit Spaß lernen und wachsen können“: und zwar altersübergreifend, nicht im festen Klassenverband sondern in sich immer wieder neu findenden, kleinen Interessengruppen, im eigenen Tempo und ohne verbindliche Hausaufgaben.

Für die Genehmigung braucht es laut Saar-Bildungsministerium unter anderem ein pädagogisches Konzept, ein Raumkonzept sowie einen Finanzplan. Die dort eingesetzten Lehrer müssen so ausgebildet sein wie ihre Kolleginnen und Kollegen an öffentlichen Schulen.

Der Verein „Freie Schule Saar e. V.“ sei vor etwa einem Jahr mit dem Ministerium in Kontakt getreten. „Bislang liegt uns kein Antrag auf Genehmigung der Errichtung einer Freien Schule vor“, sagte Sprecher Fabian Bosse. Dieser müsse laut Gesetz „mindestens sechs Monate vor Schuljahresbeginn in bescheidungsfähiger Form“ bei der Schulaufsichtsbehörde eingegangen sein. Im Saarland gebe es zwar Montessori-Grundschulen und Waldorfschulen, aber bislang noch keine freie Grundschule.

Schule als Leuchtturmporjekt

Aktuell bemühen sich die Initiatorinnen der Freien Schule Saar nicht nur um eine Genehmigung für den Standort, sondern auch um die erforderliche Finanzierung in Höhe von 300.000 Euro für die ersten drei Jahre. Dazu seien sie bereits an mehrere Stiftungen herangetreten. Auch bei saarländischen Unternehmen werben sie um Unterstützung. „Unsere Schule soll ein Leuchtturmprojekt innerhalb der saarländischen Bildungslandschaft sein“, sagen Matheis und di Marco. „Wir hoffen auf großes Interesse saarländischer Unternehmen an der Weiterentwicklung von Bildungsfragen in der Region.“ Zudem ziehe man eine Kreditfinanzierung in Betracht.

Ohne die ging es auch bei der Freien Bauernhof-Waldschule Südpfalz nicht - auch, wenn diese laut Katrin Adam „relativ minimalistisch“ ausgestattet ist und für die ersten drei Jahre mit 150.000 Euro kalkuliert hat. Zwar habe man am Bauernhof ein Stück Land gepachtet. Da jedoch eine Jurte und ein Bus als Lernort genutzt würden, fielen keine Mietkosten für ein Gebäude an.

Schulgeld darf in Rheinland-Pfalz nicht erhoben werden. Daher sind die Eltern zu freiwilligen Spenden aufgerufen. „Wir wünschen uns 230 Euro, darauf sind wir angewiesen, ohne die funktioniert es nicht“, sagt Adam. Für diejenigen, die diese Summe nicht aufbringen könnten, suche man nach Lösungen.

Den Initiatorinnen im Saarland empfiehlt sie, enge Rücksprache mit den Behörden zu halten und bei jedem Schritt die Rückfrage zu stellen, ob es in Ordnung sei. Und sie will ihnen auch Mut machen: „Ich rate ihnen, einfach dranzubleiben: Habt eure Vision und geht dem nach. Das ist das, was Kinder und Eltern brauchen.“

Dem Bundesverband der Freien Alternativschulen (BFAS) gehören mit Stand Oktober 2022 insgesamt 121 freie Schulen und 48 Initiativen an. Die Mehrzahl arbeitet in freier, einige aber auch in kommunaler Trägerschaft.

© dpa-infocom, dpa:230508-99-603888/3


Von dpa
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