Liebe und Science-Fiction: „Aus meiner Haut“ | FLZ.de

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Veröffentlicht am 30.01.2023 13:39

Liebe und Science-Fiction: „Aus meiner Haut“

Einmal die Welt mit anderen Augen sehen: „Aus meiner Haut“ von Alex Schaad. (Foto: Walker/Worm/X Verleih/dpa)
Einmal die Welt mit anderen Augen sehen: „Aus meiner Haut“ von Alex Schaad. (Foto: Walker/Worm/X Verleih/dpa)
Einmal die Welt mit anderen Augen sehen: „Aus meiner Haut“ von Alex Schaad. (Foto: Walker/Worm/X Verleih/dpa)

Zugegeben, auf den ersten Blick hört es sich seltsam an. Nahezu abgedreht. Oder, wie auch Tristan (Jonas Dassler) zu seiner Freundin Leyla (Mala Emde) gleich zu Beginn des Geschehens sagt: „Ich meine, wir sind uns schon einig, dass das alles total strange ist!?!“

Das ist es. Denn die beiden reisen zu Leylas Jugendfreundin Stella (Edgar Selge) auf eine Insel, auf der Menschen ihre Körper tauschen können. Und die Zuschauer, die dies im Film „Aus meiner Haut“ miterleben, können das sogar nachvollziehen.

Wie das gelingen kann? Durch grandiose schauspielerische Leistung. Und durch eine ganz besondere Stimmung, die Regisseur Alex Schaad in seinem ersten Langfilm zaubert: an einem mysteriösen Ort, wo Paare in den letzten Sommertagen zusammenkommen, um die Welt aus den Augen eines anderen Menschen zu sehen.

Die Identität des Menschen

Doch hinter dem, was zunächst wie ein spannendes, lustiges Experiment klingt, das man mal ausprobiert und wieder vergisst, verbirgt sich viel mehr. Es geht um die Frage: Was macht eigentlich die Identität eines Menschen aus? Ist es so, wie Stella sagt: „Du bist der Mensch, der du bist, weil du den Körper hast, den du hast“? Aber was ist, wenn die Harmonie zwischen Körper und Geist kippt? Und wenn ich wirklich einmal in die Haut meines geliebten Gegenübers schlüpfen könnte: Was macht das dann mit mir - und mit unserer Beziehung?

Zweifellos eine ganze Menge. Das erfahren Leyla und Tristan, als sie Fabienne (Maryam Zaree) und Mo (Dimitrij Schaad) kennenlernen und mit ihnen das erste Tauschritual wagen. Wer meint, es bleibe bei der alten Vertrautheit, irrt gewaltig. Denn durch die Wahrnehmung im fremden Körper ändert sich nicht nur das äußere Verhalten, sondern auch das Lebensgefühl. Aussehen, Geschlecht, Alter - all das spielt keine Rolle mehr.

Kein Wunder, dass Leyla nicht wieder in ihr altes „Ich“ zurückkehren möchte. Die Sehnsucht nach einem anderen Körper wird übermächtig, die Situation spitzt sich zu, ein dramatisches Ende scheint unausweichlich. Und doch gibt es eine Lösung - die im Nachhinein nahezu folgerichtig erscheint, wenn sich zwei Menschen lieben und ohne Grenzen aufeinander einlassen.

Von Venedig bis Saarbrücken

Seine Weltpremiere feierte „Aus meiner Haut“ beim Filmfestival Venedig 2022, die deutsche Uraufführung gab es gerade als Eröffnungsfilm beim Filmfestival Max Ophüls Preis (MOP) in Saarbrücken. „Das ist wie Nachhausekommen“, sagte Regisseur Alex Schaad, der schon zweimal beim MOP geehrt worden war, und dessen Mittellanger Film „Invention of Trust“ 2016 den Studenten-Oscar gewonnen hatte. Auch das Drehbuch zu „Aus meiner Haut“ hatte er wieder zusammen mit seinem Bruder Dimitrij geschrieben.

Ob er sich wünscht, dass es tatsächlich möglich wäre, in den Körper eines anderen Menschen zu wechseln? Bei dieser Frage zögerte Alex Schaad zunächst: „Ehrlich, da bin ich mir nicht ganz sicher“, sagte er der dpa. „Aber ich glaube, das Schlimme an Menschen ist, wenn das ginge, würde es eine Woche dauern, bis es missbraucht würde - für irgendwelche sehr sehr bösartigen Zwecke.“

Aus meiner Haut, Deutschland 2022, 103 Minuten, FSK ab 12, von Alex Schaad, mit Mala Emde, Jonas Dassler, Maryam Zaree, Dimitrij Schaad, Edgar Selge

© dpa-infocom, dpa:230126-99-364720/5


Von dpa
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